JPMorgan: Übernahmewelle könnte die Schweiz in 2021 überrollen
Im Jahr 2020 ging die Zahl der Firmenübernahmen deutlich zurück - bedingt durch die weltweit grassierende Pandemie. JPMorgan glaubt nun, dass im aktuellen Jahr eine Übernahmewelle in der Schweiz erfolgen könnte.
• Bossart: "Zum Jahresende war selten so viel los"
• M&A-Volumen dürfte 2021 steigen
• Stagnierende Geschäfte kaufen zu
Das Coronavirus sorgte dafür, dass der Übernahmemarkt einen Einbruch erlitt. Doch bereits Ende des durch Corona gebeutelten Jahres 2020 zeichnete sich eine Trendwende ab. "Zum Jahresende war selten so viel los wie jetzt", sagte JPMorgan Schweiz-Chef Nick Bossart in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters Ende Dezember 2020. JPMorgan erwartet deshalb eine starke Zunahme der M&A-Volumen (Mergers & Acquisitions, also Transaktionen im Unternehmensbereich wie Fusionen) in der Schweiz. Im Blick stünden Deals, die die Geschäfte vorantreiben und eine neue Grundlage schaffen sollen. "Kleinere, aber auch ganz große Firmen treiben zur Zeit solche transformativen Transaktionen voran. Es gibt kaum Sektoren, wo nichts läuft."
Corona zwingt Fusionen und Übernahmen in die Knie
Von März bis Mai 2020, als die Pandemie in ihren Anfängen wütete, wurden zahlreiche Fusions- und Übernahmeprojekte gestoppt, erklärte Bossart. Laut dem Datenanbieter Dealogic sei die Zahl an Übernahmen mit Schweizer Beteiligung bis Ende November auf etwa 401 gesunken - ein Jahr vorher stand an dieser Stelle noch eine Zahl von 522 zu Buche. Das Volumen sackte dabei jedoch um mehr als 60 Prozent ab, weil große Transaktionen ausblieben.
Die größte Fusion im ersten Halbjahr 2020 war mit einem Transaktionsvolumen von fünf Milliarden US-Dollar der Verkauf der Veeam Software AG an Insight Partners. Auf dem selben Platz rangiert die Übernahme von BP Plc an die INEOS Group AG, wie Daten von Statista Research zeigen.
Ende 2020 zeichnete sich immerhin bereits eine Wende ab: "Inzwischen hat die Aktivität wieder kräftig angezogen", gibt Reuters Bossart wieder. Das komme daher, dass Unsicherheitsfaktoren wieder in den Hintergrund rückten, dank der weltweit beginnenden Corona-Impfungen. Doch die Lungenerkrankung hinterlässt ein nicht beiseite zu schiebendes Erbe: Die Bedeutung der Digitalisierung hat sich rasant beschleunigt. "Viele Firmen werden sich hier verstärken müssen", konkludiert der JPMorgan Schweiz-Chef.
Bewertungsunterschiede beflügeln den M&A-Markt
Bossart erklärte gegenüber Reuters weiter, dass es zu großen Bewertungsunterschieden gekommen sei - dieser Umstand beflügle den M&A-Markt: "Wer mit dem bestehenden Geschäft zu wenig wächst, kauft zu." Potenzielle Käufer wie Private Equity-Unternehmen säßen darüber hinaus auf Geldbergen, die auf ihre Verwendung warten.
SPACs orientieren sich in die Schweiz
Ein besonders in den USA kursierender Trend sind die sogenannten Special Purpose Acquisition Vehicles (SPACs). Dabei handelt es sich um leere Firmenmäntel: Über einen Börsengang sammeln diese Firmen Geld ein, um sich dann mit dem Erlös auf die Suche nach einem Unternehmen zu machen.
In den USA sei der Markt schon stark von SPACs abgegrast worden, berichtet Reuters. "Solche SPACs schauen sich auch in der Schweiz nach Zielen um," meint der JPMorgan-Schweiz-Chef. Parallel zeichne sich die Tendenz ab, dass einige Banken gemeinsam mit Geschäftsleuten die Möglichkeit eruieren, ein SPAC an die Börse in der Schweiz direkt zu bringen. Das stehe bei vielen auf der Agenda, so Bossart. Die technischen Hürden für SPACs seien zwar groß, etwa müssen für eine Kotierung an der SIX die Finanzzahlen von drei Jahren vorweisbar sein, aber der Börsenexperte geht davon aus, dass "da Lösungen gefunden werden."
Redaktion finanzen.net
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