VW verliert nach Abgas-Skandal 16 Milliarden Euro an Wert - Aktie -22%
Kurssturz bei VW: Scharenweise haben sich die Anleger von ihren Volkswagen-Aktien nach Bekanntwerden der Affäre um Abgas-Manipulationen und einer drohenden Milliardenstrafe getrennt. Personelle Konsequenzen drohen.
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Das Papier brach am Montag in der Spitze um mehr als 22 Prozent ein. Mit dem größten Kurssturz seit sechs Jahren verlor der Wolfsburger Autokonzern fast 16 Milliarden Euro an Börsenwert. Das entspricht mehr als der gesamten Marktkapitalisierung der Commerzbank.
Der Ausverkauf bei VW zog auch den deutschen Leitindex DAX in die Tiefe. Auch die Papiere der anderen deutschen Autobauer gerieten unter Druck. Daimler und BMW rutschten um jeweils etwa vier Prozent ab.
Der Wolfsburger Konzern hatte am Wochenende massive Abgas-Manipulationen in den USA zugegeben, die dem Autobauer eine Milliarden-Strafe einbringen könnte. VW-Chef Martin Winterkorn hatte sich für den Verstoß entschuldigt und eine externe Untersuchung angekündigt. Er persönlich bedauere zutiefst, dass VW das Vertrauen von Kunden und der Öffentlichkeit enttäuscht habe.
Die US-Umweltschutzbehörde EPA verdächtigt VW, bei zahlreichen Diesel-Fahrzeugen die Abgasvorschriften vorsätzlich umgangen zu haben. Es geht um fast eine halbe Million Autos. Für Volkswagen könnte dies nach Angaben der Behörde eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar nach sich ziehen.
"DAS WIRD TEUER"
"Das wird teuer", sagte Heino Ruland, Marktanalyst vom Brokerhaus ICF. Da VW die Manipulation zugegen habe, müsse mit der Höchststrafe von etwa 18 Milliarden Dollar gerechnet werden. "Das ist aber sicher nicht das Ende der Fahnenstange." Er rechne mit Sammelklagen von US-Autohaltern. Außerdem sei offen, ob die Prüfergebnisse auch in anderen Staaten falsch seien.
Autoexperte Stefan Bratzel rechnet mit einer niedrigeren Strafe, da VW mit den US-Behörden kooperiere. Der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach verwies auf den Fall von General Motors. Die Opel-Mutter muss im Skandal um defekte Zündschlösser, mit dem zahlreiche Todesfälle in den USA in Verbindung gebracht werden, ein Strafe von 900 Millionen Dollar bezahlen.
Viel größer sei der Imageschaden, den VW und damit auch die gesamte deutsche Automobilindustrie in den USA erlitten habe, sagte Bratzel. "Das ist ein deutsches Thema. Da sind alle in der Sippenhaftung", ist der Wissenschaftler überzeugt. Volkswagen mit seiner Tochter Audi sei das Aushängeschild der deutschen Automobilindustrie. Die stärkere Einführung des Dieselantriebs in den USA könne die Branche vorerst vergessen. Geklärt werden müsse nun, ob auch andere Hersteller die Abgaswerte manipuliert hätten. VW müsse zudem beweisen, dass nicht auch in Europa und Asien getrickst wurde. Personelle Konsequenzen stünden vorerst nicht im Vordergrund. "Ich würde Winterkorn an seinen Worten messen, das Ganze vollumfänglich aufzuklären", sagte Bratzel. Klar sei jedoch, dass die Entscheidung über den Einsatz der verbotenen Software nicht im kleinen Kreis getroffen worden sei. Eine Person mit Kenntnis der Vorgänge sagte, die Entscheidungen über die Einhaltung von Emissionskontrollen auch in den USA würden von VW in Wolfsburg gefällt. Eine weitere Person sagte, das Thema werde auch den Aufsichtsrat auf seiner Sitzung am Freitag beschäftigen.
Die EPA wirft dem Wolfsburger Konzern vor, in Volkswagen- und Audi-Modellen eine Software eingesetzt zu haben, mit der die Verringerung bestimmter Abgasemissionen im normalen Fahrbetrieb ausgeschaltet werden könne. Folge solcher Manipulationen sei, dass die Autos für den Umweltschutz festgesetzte Emissionslimits um das bis zu 40-Fache übertreffen könnten. Im Fokus der Ermittlungen stehen laut EPA Vier-Zylinder-Modelle der Jahre 2009 bis 2015. Es geht um die VW-Modelle Jetta, Beetle und Golf und den Audi A3 aus den Jahren 2009 bis 2015 sowie den VW Passat aus diesem und dem vergangenen Jahr. Die Fahrzeuge müssten vorerst nicht in die Werkstätten zurückgerufen werden, betonte die EPA.
Betriebsratschef fordert Konsequenzen
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh fordert unterdessen ein entschiedenes Durchgreifen auch innerhalb des Konzerns. "Das muss jetzt mit aller Konsequenz und Offenheit aufgeklärt werden; und wir müssen Konsequenzen daraus ziehen", sagte er dem Magazin "Stern". Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.Osterloh, der als einer der mächtigsten Männer bei Volkswagen auch Mitglied des Aufsichtsrats ist, äußerte sich am Montag geschockt über die Vorwürfe und forderte: "Wir müssen verloren gegangenes Vertrauen bei unseren Kunden zurückgewinnen." Vor allem Konzernchef Martin Winterkorn stehe dabei nun in der Pflicht.
Dudenhöfer bringt Winterkorn-Rücktritt ins Gespräch
Ähnlich argumentiert auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer und bringt sogar einen Rücktritt von Martin Winterkorn ins Gespräch: "Jeder Politiker könnte bei einer solchen Angelegenheit nicht in seinem Amt bleiben", sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".Der Vorstandsvorsitzende sei auch Chef der Entwicklungsabteilung von Volkswagen. "Dieser Bereich ist für die Software der Motorsteuerung zuständig", sagte Dudenhöffer. "Entweder Winterkorn wusste, was passiert ist. Das wäre schlecht für ihn. Oder er wusste nicht, was passiert ist. Das wäre noch schlechter. Denn dann hätte er seinen Laden nicht im Griff."
Krisentreffen am Mittwoch
Angesichts des Abgas-Skandals in den USA kommt das mächtige Präsidium des VW-Aufsichtsrats nach dpa-Informationen am Mittwoch zu einer Krisensitzung zusammen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Konzernkreisen. Demnach wird der Führungszirkel über die Folgen der manipulierten Abgastests bei VW-Dieselwagen in den USA beraten. Zu dem Gremium gehören unter anderem der amtierende VW-Aufsichtsratschef Berthold Huber, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und VW-Aufsichtsrat Wolfgang Porsche. Der VW-Aufsichtsrat kommt am Freitag anschließend zu einer regulären Sitzung zusammen./hoe/DP/jha
Redaktion finanzen.net mit Material von dpa und Reuters
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