MARKT-AUSBLICK/Zölle, Ukraine, Wahl, Berichtssaison (...) und Trump
Von Steffen Gosenheimer
DOW JONES--Den Finanzmärkten steht eine Woche voller Unwägbarkeiten bevor. Dabei geht es übergeordnet ausnahmsweise nicht um Notenbanken, Zinsen und Inflation, sondern um Zölle, Ukraine und Wahlen. Sich in diesem Umfeld richtig und rechtzeitig zu positionieren, scheint fast schon Glücksache, denn in allen Fällen sind Prognosen schwierig, wie sich die Dinge entwickeln werden. Und Unsicherheit ist bekanntermaßen das, was die Börsen am wenigstens mögen. Dazu kommt die Unberechenbarkeit des neuen US-Präsidenten Donald Trump, der jederzeit für Überraschungen gut ist, die auch die Börsen bewegen.
In Sachen US-Zollpolitik scheint der Markt inzwischen zwar begriffen zu haben, dass man hier jederzeit mit fast allem rechnen muss, seit Donald Trump wieder Präsident der USA ist. Dennoch sind die Reaktionen am Aktienmarkt im Fall des Falles unterschiedlich. Mal reagiert er mit starken Ausschlägen, ein andermal scheint er das Zollthema nicht mehr hören zu wollen und reagiert kaum; oder er durchschaut, dass es sich bei neuen Zolldrohungen letztlich nur um Verhandlungsmasse zur Durchsetzung bestimmter Ziele geht und somit Verhandlungen das Schlimmste noch verhindern könnten.
Dazu passt die jüngste, terminlich noch nicht fixierte Drohung mit Vergeltungszöllen, worauf die EU ihrerseits Gegenmaßnahmen in Aussicht stellte. Zumindest am Freitag sorgte das an den europäischen Börsen kaum für eine Reaktion.
Das Thema, das die Märkte aktuell stärker in den Bann zu ziehen scheint, ist der Krieg in der Ukraine bzw. der von US-Präsident Trump auf den Weg gebrachte Versuch, einen Frieden herbeizuführen. Inwieweit es hier zu echten Fortschritten kommt und wie schnell, ist ebenfalls schwer vorhersehbar, zumal sich die Positionen der USA unter anderem mit Blick auf eine spätere Ukraine-Nato-Mitgliedschaft oder dauerhafte Gebietsabtretungen nicht mit denen der EU zu decken scheinen und Trump offenbar bislang an der EU vorbei verhandelt. Fest steht aber, dass es immerhin Bewegung gibt, zumal der ukrainische Präsident Selenskyj den Trumpschen Vorstoß grundsätzlich begrüßt hat.
An den Börsen sorgte die Spekulation auf einen baldigen Frieden und den daran anschließenden notwendigen Wiederaufbau der Ukraine bereits zu Käufen von Aktien von Unternehmen, die davon profitieren dürften. Dazu gehören Baustoffhersteller, beispielsweise aus der Zementbranche, Stahlhersteller und die Produzenten von Baumschienen. "Kriegsgewinnler" wie die Aktien aus der Rüstungsbranche könnten dagegen zumindest kurzfristig eher gemieden werden, auch wenn langfristig die staatlichen Ausgaben für Rüstung steigen dürften.
Im Blick haben müssen Börsianer daneben aber auch die Bundestagswahl in Deutschland am 23. Februar. Im Vorfeld zeichnen sich schwierige Mehrheitsverhältnisse ab und Koalitionen, die notgedrungen mehr den Mehrheitsverhältnissen folgen als politischer Nähe der Parteien. Ziemlich sicher scheint, dass die CDU mit Friedrich Merz den neuen Kanzler stellen wird, also eine Partei, die in der Wahrnehmung der Märkte der Wirtschaft nähersteht als die SPD unter dem noch aktuellen Kanzler Olaf Scholz.
Ob dies am Aktienmarkt einen positiven Impuls auslöst, ist die Frage. Einerseits zeichnet sich dies schon eine ganze Weile ab, dürfte also schon mit dazu beigetragen haben, dass der DAX praktisch auf Rekordhoch notiert. Andererseits könnten die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse noch einmal für Verwerfungen sorgen, sollten sie eine Regierungsbildung noch schwieriger machen als ohnehin erwartet.
Davon dürfte dann auch abhängen, mit welchen Schwerpunkten die neue Regierung an den Start gehen wird. Ein großes Thema wird dann die Schuldenbremse werden. Sollte es hier zu einer Lockerung kommen und damit zu potenziellen Stimuli für die lahmende deutsche Konjunktur, dürfte das gut ankommen.
Marktteilnehmer, denen das alles noch nicht genug Argumente für Käufe, Verkäufe oder einfach Abwarten sind, denen liefert die auf Hochtouren laufende Quartalsberichtssaison der Unternehmen Futter. In der Breite läuft diese bislang gut, was ebenfalls zum Höhenflug des DAX beigetragen hat. In der kommenden Woche stehen aus Deutschlands erster Reihe Geschäftszahlen von Mercedes-Benz und Airbus am Donnerstag auf dem Terminkalender und des Tiebwerksherstellers MTU Aero am Mittwoch. Dazu kommt eine Flut weiterer Zahlen aus dem In- und Ausland.
Konjunkturseitig tut sich eher wenig. Aus Deutschland werden am Dienstag die ZEW-Konjunkturerwartungen veröffentlicht, am Donnerstag dürften die deutschen Erzeugerpreise für Januar genauer in Augenschein genommen werden im Hinblick auf Implikationen für die allgemeine Teuerung und damit den geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB). Am Freitag stehen mit den Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone, einzelne Eurozone-Länder, Großbritannien und die USA die mutmaßlich wichtigsten Daten auf dem Programm.
In den USA startet der Börsenhandel übrigens erst am Dienstag. Dort wird am Montag der Tag des Präsidenten gefeiert. Wer weiß, was der seit einem Monat im Amt befindliche neue Präsident daraus macht.
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February 14, 2025 07:20 ET (12:20 GMT)