MARKT-AUSBLICK/DAX trotzt allen Herausforderungen - Bislang
Von Manuel Priego Thimmel
DOW JONES--Dass der DAX seit Jahresbeginn zum Outperformer an den globalen Börsen wird, dürfte nach dem Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen so gut wie niemand erwartet haben. Neben dem Prinzip Hoffnung, die US-Zollpolitik unter Trump werde in der Praxis nicht so radikal ausfallen, wie verbal angekündigt, stützt genauso wie eine besser als erwartet verlaufende Berichtssaison. Auch sind europäische Aktien Profiteur des Deepseek-Schocks.
"Der DAX hat im Moment Flügel", so der Vermögensverwalter QC Partners. Betrachte man die Schlusskurse, habe der DAX am Donnerstag bereits zum 12. Mal in diesem Jahr auf einem neuen Rekordhoch geschlossen. Zum Vergleich: Im gesamten zweiten Halbjahr 2024 habe der DAX 15 Rekordschlussstände erreicht. "Mit den Kursen steigen allerdings auch die Bewertungen. So teuer wie aktuell war der DAX nach dem Kurs-Gewinn-Verhältnis zuletzt vor 3,5 Jahren", heißt es weiter.
Und dafür gibt es gute Gründe: zum einen verläuft die Berichtssaison für das vierte Quartal bislang klar besser als im Vorfeld erwartet. Zum anderen, und dies ist ein wesentlich wichtiger Treiber, glauben Anleger einfach nicht, dass Trump seine Zolldrohungen in der angekündigten Form umsetzen wird. Hoffnung macht, dass die Zölle auf mexikanische und kanadische Importe nach Zugeständnissen beider Länder, die Grenzkontrollen zu verstärken, zunächst für einen Monat ausgesetzt worden sind.
Börsen glauben "Trumpsches Playbook" durchschaut zu haben
XTB glaubt, dass die Börse das "Trumpsche Playbook" durchschaut habe. Trump werde mit Europa das gleiche Spiel treiben wie mit Mexiko oder Kanada: Zölle androhen, Umsetzung verzögern oder aussetzen, von Europa bekommen, was man eigentlich wolle, so höhere Rüstungsausgaben oder eine bessere Handelsposition für die USA. Ob diese Einschätzung stimmt, werden die Börsen im Verlauf der kommenden Wochen herausfinden.
Unterstützung für die europäischen Börsen kommt zudem von ganz unerwarteter Seite: Deepseek R1 ist vor allem für die US-KI-Industrie ein Schock. Denn offenbar ist es dem chinesischem Startup gelungen, zu einem Bruchteil der Kosten und bei wesentlich geringerem Prozessoreneinsatz vergleichbare Resultate wie die US-Platzhirsche zu erzielen. Hinzu kommt, dass Deepseek R1 Open Source ist - damit gerät das Geschäftsmodell der KI-Riesen aus den USA in Gefahr.
Der Kursabsturz der Nvidia-Aktie hat die hohe Abhängigkeit der US-Börsen von einigen Technologietiteln vor Augen geführt. Plötzlich werden die relativ betrachtet viel günstigeren europäischen Aktien auch für US-Anleger wieder interessant. Während der DAX seit Jahresbeginn auf eine glänzende Performance von 10 Prozent zurückblicken kann, kommt der S&P-500 gerade einmal auf knapp 3,5 Prozent. Kein Wunder, dass US-Investoren nach Europa umschichten.
Dass die Welt nicht in Ordnung ist, zeigt Gold
Dass die Welt nicht in Ordnung ist, zeigt der Rekordlauf von Gold. "Bemerkenswert ist dabei, dass der Preisanstieg in diesem Jahr weitgehend losgelöst von der Entwicklung des US-Dollar, der Anleiherenditen und den Zinserwartungen erfolgte, die in der Regel die wichtigsten Preistreiber für Gold sind", so die Commerzbank. Der Grund für die Rally sei vielmehr eine starke Nachfrage nach Gold als sicherer Hafen.
In dem aktuellen Umfeld spielen Wirtschaftsdaten nur eine untergeordnete Rolle. Das dürfte auch für die in der kommenden Woche anstehenden US-Verbraucherpreise zutreffen. Die Commerzbank glaubt, dass die Preise im Januar um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sind. Allerdings seien die Lesungen nur schwer vergleichbar, da sie von Sonderfaktoren geprägt sind. So basierten die Januar-Daten auf einem angepassten Warenkorb, auch passten die Statistiker die Saisonfaktoren an.
Ob die Börsenrally weitergeht, hängt vor allem von der Politik ab. Und hier kann das Prinzip Hoffnung schnell vom Prinzip Verzweiflung abgelöst werden. Die LBBW hält US-Zölle auf europäische Importe weiter für sehr wahrscheinlich. "Brüssel wird versuchen zu verhandeln. Aber die Position ist schwach: Die USA sind ungleich weniger von Exporten nach Europa abhängig als umgekehrt. Und die EU ist in sich zerstritten wie selten (...). Es dürfte bald ungemütlich werden", heißt es.
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February 07, 2025 06:39 ET (11:39 GMT)