thyssenkrupp-Aktie +8 %: thyssenkrupp schließt Partnerschaft für Stahlbereich
Mit dem Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky will thyssenkrupp seine seit langem kriselnde Stahlsparte stabilisieren.
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Kretinskys an diversen Energiekonzernen beteiligte Gesellschaft EPCG soll zunächst 20 Prozent der Anteile am Stahlgeschäft übernehmen, wie thyssenkrupp am Freitag überraschend mitteilte. Ziel sei ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem die beiden Partner jeweils 50 Prozent der Anteile halten. "Der Einstieg von EPCG vereinigt das führende Werkstoff-Knowhow von thyssenkrupp Steel Europe mit der Energieexpertise von EPCG". Die bei thyssenkrupp stark vertretene Gewerkschaft IG Metall reagierte verärgert über die kurzfristige Ankündigung.
Über die Konditionen der Transaktion vereinbarten beide Parteien Stillschweigen. Die Analysten von Baader bezifferten die möglichen Einnahmen für das Paket auf 350 bis 400 Millionen Euro.
"Unser Ziel ist ein Zukunftskonzept, das zu wirtschaftlicher Selbstständigkeit und unternehmerischem Erfolg von thyssenkrupp Steel führt, den Anforderungen des Klimaschutzes entspricht, betriebsbedingte Kündigungen vermeidet und eine breite Akzeptanz findet", sagte thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez. "Die Vereinbarung über den Erwerb der 20-prozentigen Beteiligung an thyssenkrupp Steel Europe ist ein erster Schritt auf dem geplanten Weg zu einer umfassenderen strategischen Partnerschaft", fügte Kretinsky hinzu. Die Transaktion solle noch im laufenden Geschäftsjahr 2023/24 (per Ende September) abgeschlossen werden.
ZUSTIMMUNG VON DER KRUPP-STIFTUNG - IG METALL VERÄRGERT
Als strategischer Partner werde EPCG mit dafür sorgen, dass das Joint Venture ausreichend mit Energie, Wasserstoff, Grünstrom und weiteren Energierohstoffen versorgt werde, kündigten die Partner an. Der Selfmade-Milliardär Kretinsky ist als Investor im Energie-Geschäft groß geworden. Aktuell hält er in Europa zahlreiche Beteiligungen in verschiedenen Branchen - von Handelsunternehmen wie Metro über Medien-Konzerne bis hin zur Logistik.
Die Krupp-Stiftung, die mit rund einem Fünftel der Anteile größter Einzelaktionär des Ruhrkonzerns ist, begrüßte die Pläne. "Die Stiftung hat großes Vertrauen in den Vorstand um Miguel Lopez und ist weiterhin von dem Potenzial des Unternehmens überzeugt, wieder wettbewerbs- und dividendenfähig zu werden."
Die Arbeitnehmervertreter fühlten sich überrumpelt. "Die Nachricht über den Einstieg von EPCG kommt überraschend", sagte der zweite Vorsitzende der IG Metall und stellvertretende Aufsichtsratschef von thyssenkrupp, Jürgen Kerner. Die Mitbestimmung habe nur wenige Stunden vor der Öffentlichkeit von der Entscheidung erfahren. "Das ist kein guter Stil und kein guter Start." Es müsse jetzt schnell ein tragfähiges Zukunftskonzept für den weiteren Umbau Richtung grünen Stahl geben - und endlich die Rückkehr zum Respekt vor der Mitbestimmung. "Andernfalls ist der Konflikt programmiert."
Der größte deutsche Stahlkocher hatte zuletzt angekündigt, Kapazitäten abbauen und Jobs streichen zu wollen. Für Dienstag haben der Betriebsrat und die IG Metall zu einer Versammlung in das Stadion des MSV Duisburg eingeladen. Sie rechnen damit, dass eine Vielzahl der rund 27.000 Stahlarbeiter teilnehmen werden.
Der Schwerindustrie mit Branchengrößen wie ArcelorMittal und Salzgitter machen seit Jahren hohe Energie- und Rohstoffkosten und die Konkurrenz aus Fernost zu schaffen. Der Branche kommt auch wegen des hohen CO2-Ausstoßes eine Schlüsselrolle bei der Energiewende in Deutschland zu. Sie zählt zu den größten Luftverschmutzern des Landes. Der Bund und das Land NRW beteiligen sich an den Kosten einer neuen, klimafreundlichen Produktionsanlage mit rund zwei Milliarden Euro. Die Bundesregierung erwartet durch den neuen Investor bei thyssenkrupp keine Kursänderung bei der Transformation hin zu grünem Stahl. "Wir haben auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dadurch der eingeschlagene Weg zur Dekabonisierung des Unternehmens infrage gestellt wird", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin.
Nicht zuletzt wegen der starken Abhängigkeit von der Konjunkturentwicklung und den dadurch schwankenden Einnahmen hatte der Konzern die Stahltochter immer wieder zur Disposition gestellt. Ein geplantes Joint Venture mit dem Konkurrenten Tata Steel Europe scheiterte ebenso wie ein Verkauf an Liberty Steel.
thyssenkrupp - Außer EPH keine Stahl-Gespräche mit Investoren
Der größte deutsche Stahlkonzern thyssenkrupp will sich nach eigenen Angaben bei der Zukunft der Stahlsparte voll auf das geplante Joint Venture mit der EPH-Holding des tschechischen Miliardärs Daniel Kretinsky konzentrieren.
"Wir sind in Gesprächen mit EPH. Darüber hinaus werden jetzt keine Gespräche geführt", sagte Vorstandschef Miguell Lopez am Freitag auf einer Telefonkonferenz mit Journalisten.
Bundesregierung sieht nach thyssen-Deal keine Kursänderung weg von grünem Stahl
Die Bundesregierung erwartet durch den neuen Investor bei thyssenkrupp keine Kursänderung bei der Transformation hin zu grünem Stahl.
"Wir haben auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dadurch der eingeschlagene Weg zur Dekabonisierung des Unternehmens infrage gestellt wird", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums am Freitag in Berlin. Alle beteiligten Unternehmen würden sich zu dem Ziel bekennen, die Branche nachhaltiger zu machen. Die milliardenschwere thyssen-Förderung durch den Staat müsse nicht überdacht werden. Die Hilfen seien mit klaren Bedingungen verbunden, die vor Ort umgesetzt werden müssten. Das ändere sich nicht durch den Teileinstieg eines Investors.
Der Sprecher nannte das Geschäft eine rein privatwirtliche Entscheidung. Der Essener Industriekonzern hat sich mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky über einen Einstieg in die Stahlsparte verständigt. Ziel sei ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem die beiden Partner jeweils 50 Prozent der Anteile halten, teilten beide Seiten zum Wochenschluss mit. In einem ersten Schritt erwerbe Kretinskys Gesellschaft EPCG 20 Prozent der Anteile. "Darüber hinaus sprechen die Parteien über den Erwerb weiterer 30 Prozent der Anteile am Stahlgeschäft durch die EPCG", hieß es weiter. Über die Konditionen der Transaktion vereinbarten beide Parteien Stillschweigen.
thyssenkrupp-Stahl-Arbeitnehmer skeptisch zu Einstieg von: Energiefirma
Arbeitnehmervertreter haben sich kritisch zum geplanten Einstieg der EP Corporate Group bei Deutschlands größtem Stahlhersteller thyssenkrupp Steel geäußert. Die Nachricht komme überraschend, erklärte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende des Mutterkonzerns thyssenkrupp, Jürgen Kerner, am Freitag laut einer Mitteilung. "Die Mitbestimmung hat nur wenige Stunden vor der Öffentlichkeit von der Entscheidung erfahren. Das ist kein guter Stil und kein guter Start." Kerner ist auch stellvertretender IG Metall-Vorsitzender.
thyssenkrupp hatte am Freitagmorgen mitgeteilt, dass das Unternehmen EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky zunächst 20 Prozent der Stahlsparte übernehmen wird. Ziel ist ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem thyssenkrupp und EPCG je 50 Prozent halten. Dass thyssenkrupp mit Kretinsky über einen Einstieg verhandelt, war bekannt.
Die Arbeitnehmerseite habe sich nie prinzipiell gegen einen Investor ausgesprochen. "Aber wir erwarten Beteiligung der Mitbestimmung auf Augenhöhe und verbindliche Zusagen", forderte Kerner. Nötig sei jetzt ein tragfähiges Zukunftskonzept für den weiteren Umbau Richtung grünen Stahl und eine "Rückkehr zum Respekt vor der Mitbestimmung". Das Verhältnis zwischen Arbeitnehmervertretern und dem Management um Vorstandschef Miguel López gilt schon länger als belastet.
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von thyssenkrupp Steel, Tekin Nasikkol, sieht Klärungsbedarf: "Nach der Ankündigung des Stahl-Vorstands vor zwei Wochen, die Rohstahlkapazitäten von 11,5 auf 9,5 Millionen Jahrestonnen zu senken und dabei Personal abzubauen, stellen sich mit dem geplanten Einstieg von der EPCG nun noch mehr Fragen." Welche Absichten habe EPCG-Eigentümer Kretinsky? Wie sehe sein Konzept aus? Beides werde man sorgfältig und kritisch bewerten. "Eine Zerschlagung oder Schrumpfkur lehnen wir ab", betonte Nasikkol.
Der Bezirksleiter der IG Metall NRW, Knut Giesler, forderte die Einhaltung des Tarifvertrags, der betriebsbedingte Kündigungen bis Ende März 2026 ausschließt. Diese müssten auch über 2026 hinaus ausgeschlossen werden. Auch müssten Standortgarantien gegeben werden. Außerdem brauche es ein Zukunftskonzept für den Stahlhersteller HKM in Duisburg, an dem die thyssenkrupp-Stahlsparte zu 50 Prozent beteiligt ist.'
thyssenkrupp ziehen an - Lösung für Stahlgeschäft beflügelt
Die sich abzeichnende Lösung für das Stahlgeschäft hat den Aktien am Freitag eine Erholungsrally beschert. Auch bei Analysten stieß die Nachricht vom Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky auf Beifall.
Letztendlich zogen die Titel des Industrie- und Stahlkonzerns als Spitzenreiter im freundlichen MDAX um 6,17 Prozent auf 4,733 Euro an. Damit machten sie zudem die Hälfte des Verlusts wieder wett, den sie im Zuge des Abwärtstrends der vergangenen zwei Wochen erlitten hatten. Die Anteilsscheine des Stahlkonkurrenten Salzgitter zogen im Nebenwerte-Index SDAX zuletzt um überdurchschnittliche 2,8 Prozent an.
Seit Jahresbeginn steht bei thyssenkrupp aber immer noch ein Minus von rund 23 Prozent zu Buche, womit die Aktien zu den größten Verlierern im Index der mittelgroßen deutschen Börsenunternehmen gehören. Ähnlich sieht es bei Salzgitter mit einem bisherigen Jahresverlust von 16 Prozent aus.
thyssenkrupp teilte nach monatelangen Verhandlungen mit, man habe sich mit Kretinsky darauf geeinigt, dass dessen Holding EPCG zunächst 20 Prozent an der Sparte thyssenkrupp Steel Europe übernehme. Über die Konditionen der Transaktion wurde Stillschweigen vereinbart. Zudem wird über die Übernahme von weiteren 30 Prozent am Stahlgeschäft verhandelt. Ziel sei weiterhin die Bildung eines Gemeinschaftsunternehmens, an dem beide Partner je 50 Prozent hielten.
Moses Ola von der US-Bank JPMorgan sprach von einem ersten Schritt für das angestrebte gleichberechtigte Joint Venture. Die damit verbundene, vollständige unternehmerische Eigenständigkeit des Bereichs wäre der beste Weg für thyssenkrupp, dessen Wert zu heben, die eigene Bilanz zu stärken und den Abfluss von Barmitteln zu stoppen. Da thyssenkrupp Steel Europe bis dahin voll in der Bilanz konsolidiert werde, rechne er aktuell aber nicht mit Veränderungen bei den Konsensschätzungen.
Morgan-Stanley-Experte Alain Gabriel hob hervor, mit der Transaktion könne thyssenkrupp die künftigen Kosten für die Restrukturierung des Unternehmens und für die Verringerung von CO2-Emissionen reduzieren. Die mögliche künftige Partnerschaft würde den Duisburgern zudem helfen, sich erneuerbare Energien in Form von Wasserstoff und "grünem" Strom zu sichern. Dies sei entscheidend für die Dekarbonisierung des Stahlgeschäfts.
Der Schritt sei ein weiterer Beweis, dass das Unternehmen auch mutige Maßnahmen ergreife, um seine Ziele zu erreichen, lobte Analyst Christian Obst von der Baader Bank. Sollten nach den massiven Abschreibungen im Schlussquartal 2023 nun keine neuen dazukommen, dürfte der Konzern von Kretinsky 350 bis 400 Millionen Euro für die Veräußerung des 20-Prozent-Anteils erhalten. Indes steige jetzt der Druck, zusammen mit dem neuen Partner, eine langfristige Strategie zu definieren. Es blieben noch viele Fragen unbeantwortet, und der weitere Weg werde nicht einfach.
FRANFKURT/MÜNCHEN/DUISBURG/ESSEN/BERLIN (dpa-AFX / Reuters)
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