Konzernchef schießt scharf

Deutsche Bank-Chef John Cryan mit überraschender Ansage: Muss die Hälfte der Mitarbeiter gehen?

10.11.17 23:45 Uhr

Deutsche Bank-Chef John Cryan mit überraschender Ansage: Muss die Hälfte der Mitarbeiter gehen? | finanzen.net

Deutschlands größtes Finanzhaus, die Deutsche Bank, steckt in der Krise. Auch Konzernchef John Cryan hat es trotz großer Ambitionen nicht geschafft, das Unternehmen wieder zukunftsfähig zu machen. Jetzt teilt er gegen die eigene Belegschaft aus.

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Auch wenn sich die Deutsche Bank im dritten Quartal wieder zu mehr Gewinn gespart hat: Es läuft längst nicht alles glatt bei dem Frankfurter Bankenriesen. Obwohl das Nachsteuerergebnis im letzten Jahresviertel von 256 auf 647 Millionen Euro stieg und damit die Erwartungen der Analysten deutlich übertroffen wurden, zeigten sich die Anleger dennoch enttäuscht von der Geschäftsentwicklung. Denn der erhoffte Aufschwung blieb aus, stattdessen sanken die Erträge von 7,5 auf 6,78 Milliarden Euro.

John Cryan setzt bei Angestellten den Rotstift an

Für Konzernchef John Cryan ist klar, wo eines der Hauptprobleme des Instituts liegt: Bei der Deutschen Bank arbeiten einfach zu viele Menschen. In einem Interview mit der "Financial Times" erklärte der Manager: "Wir beschäftigen 97.000 Mitarbeiter". Die meisten Konkurrenten würden mit der Hälfte der Angestellten auskommen, so Cryan.

Das Verhältnis von Angestellten, die im Back Office beschäftigt seien und denen, die dem Institut tatsächlich Erträge einbringen, sei aus dem Lot geraten. Zudem werde bei Deutschlands größter Bank ohnehin noch viel zu viel in Handarbeit erledigt, was das Institut fehleranfällig mache. Vieles könnte automatisiert werden, erklärt der Konzernchef.

"Buchhalter sind Rechenmaschinen"

Es ist nicht das erste Mal, dass der Deutsche Bank-Chef die eigene Belegschaft so unverhohlen kritisiert und dabei drastische Worte wählt. Auf einer Bankentagung im September hatte er erklärt, viele Banker würden ohnehin wie Roboter arbeiten, man könnte sie also genauso gut durch echte Roboter ersetzen, diese würden sich dann wenigstens nicht ablenken lassen. Besonders zahleiche Buchhalter und Rechnungsprüfer im eigenen Haus würden ohnehin als eine Art Rechenmaschine arbeiten, schoss Cryan weiter gegen die eigene Belegschaft.

Cryan gerät selbst unter Druck

Die unverblümten Worte des Konzernchefs stoßen nicht nur den Deutsche Bank-Angestellten sauer auf. Berenberg-Analyst James Chappell nennt die Kommentare von Cryan "fast zu ehrlich" und hält sie für eine Gefahr für die Moral.

Zumal der Konzernchef selbst auch zunehmend unter Druck gerät, denn der als Sanierer an die Konzernspitze geholte Brite hat sich zwar als guter Aufräumer erwiesen und konnte zumindest einen Teil der Altlasten, die ihm seine Vorgänger hinterlassen hatten, abarbeiten - als großer Visionär gilt Cryan aber nicht.

In seiner Amtszeit wurden Boni gestrichen, Sonderprivilegien für Vorstandsmitglieder abgeschafft und eine Kapitalerhöhung über acht Milliarden Euro beschlossen. Zudem wurde ein Verkauf der Postbank abgeblasen. Doch wohin die Reise bei Deutschlands größtem Finanzinstitut mittel- und langfristig hingegen soll, wo man wieder wachsen und wann auch international wieder konkurrenzfähig werden will, konnte Cryan bislang nicht zur Zufriedenheit aller beantworten.

Zukunftsvision: Fehlanzeige

Das brachte in den vergangenen Monaten insbesondere Großaktionäre aber auch Teile der Belegschaft und der Führungsebene gegen ihn auf. Denn sein harter Sparkurs funktioniert zwar und der angekündigte Stellenabbau im Rahmen der Postbank-Integration dürften aus betriebswirtschaftlicher Sicht wohl auch unausweichlich sein, doch den Großanteilseignern aus Katar etwa, die mit rund zehn Prozent an der deutschen Bank beteiligt sind, fehlt es einfach an konkreten Zukunftsaussichten. Aus dem Umfeld eines ungenannten Großaktionärs war zu vernehmen, dass man sich Cryan als Dauerlösung an der Konzernspitze nicht vorstellen könne.

Möglicherweise ist der zunehmende Gegenwind, mit dem der Konzernchef sich aktuell konfrontiert sieht, einer der Gründe, wieso er ausgerechnet gegen die eigene Belegschaft schießt. Denn auch sein eigener Job steht möglicherweise zur Disposition.

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: Thomas Lohnes/Getty Images

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