VW verbessert Kassenlage, doch erhöht Rückstellungen - Aktie im Minus
Volkswagen hat im ersten Halbjahr trotz des Abgasskandals die Profitabilität des laufenden Geschäfts verbessert.
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Volkswagen steigerte seine bereinigte operative Marge auf 7,0 Prozent und damit um 0,6 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Für den Abgasskandal hat Volkswagen jüngst allerdings weitere Rückstellungen gebildet. Derweil verbesserten sich sowohl der Cashflow als auch die Liquiditätslage.
Schon in der vergangenen Woche hatte Volkswagen per Ad-Hoc-Mitteilung von einem überraschend hohen bereinigten Gewinn aus dem laufenden Geschäft berichtet. Mit der Veröffentlichung des Halbjahresberichts legte der Konzern am Donnerstag auch den Umsatz offen. Volkswagen erlöste demnach zwischen Januar und Juni 107,94 Milliarden Euro und damit 0,8 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Risikovorsorge für Dieselskandal jetzt bei rund 17,8 Milliarden Euro
Schon in der vergangenen Woche hatte Volkswagen auch mitgeteilt, dass der Konzern im zweiten Quartal weitere Milliardenkosten wegen des Skandals um manipulierte Abgaswerte verbucht hat. Den nun bestätigten Angaben zufolge fielen im ganzen ersten Halbjahr negative Sondereffekte von 2,2 Milliarden Euro an. Davon entfielen 1,6 Milliarden Euro auf neue Rückstellungen wegen der Abgasmanipulationen, wie Volkswagen am Donnerstag mitteilte.
Damit umfasst die Risikovorsorge im Zusammenhang mit dem Skandal nun etwa 17,8 Milliarden Euro. Erste Zahlungen wegen der Abgasaffäre erwartet Volkswagen aber nicht vor dem Herbst dieses Jahres, wie Finanzvorstand Frank Witter in einer Telefonkonferenz mit Journalisten und Analysten sagte.
Ohne Berücksichtigung der Sondereffekte hat Volkswagen in der ersten Jahreshälfte konzernweit vor Steuern und Zinsen 7,52 Milliarden Euro verdient, nach 6,99 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Nach Abzug der Sondereffekte betrug das Halbjahresergebnis 5,34 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte Volkswagen die Kennzahl auf 6,82 Milliarden Euro beziffert. "Die Zahlen zeigen, dass unser operatives Geschäft solide ist", ließ sich Konzernchef Matthias Müller zitieren. Finanzvorstand Witter führte die Entwicklung vor allem auf Mix-Effekte zurück - also darauf, dass Volkswagen mehr vergleichsweise teure Modelle verkaufte und auf besonders lukrativen Märkten erfolgreich war.
Nach Steuern - und damit auch unter Berücksichtigung des Erfolgs der chinesischen Joint Ventures - blieb Volkswagen in der ersten Jahreshälfte ein Gewinn von 3,58 Milliarden Euro. Das ist 37 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Unter dem Strich, also nach Steuern und Anteilen Dritter, betrug der Halbjahresgewinn 3,46 Milliarden Euro, nach 5,56 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Volkswagen berichtete in dem Zusammenhang unter anderem von Bewertungseffekten.
Gewinnrückgang der Kernmarke verlangsamt sich
Wie aus den am Donnerstag vorgelegten Zahlen weiter hervorgeht, hat sich jüngst vor allem das Geschäft der Kernmarke VW spürbar erholt: Die Marke erzielte vor Steuern und Zinsen sowie bereinigt um Sondereinflüsse trotz ihrer besonderen Verstrickung in den Abgasskandal einen Halbjahresgewinn von 881 Millionen Euro. Das Ergebnis lag damit zwar rund 38 Prozent unter der Vergleichszahl aus dem Vorjahreszeitraum. Im ersten Quartal hatte der Rückgang allerdings viel dramatischere 86 Prozent betragen.
Der Volkswagen-Konzern verbesserte zudem abermals seine Kassenlage: Das Unternehmen erwirtschaftete im Automobilgeschäft - also ohne Berücksichtigung der Finanzierungssparte - im Halbjahr einen Netto-Cashflow von 5,14 Milliarden Euro, nach 4,65 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Die Netto-Liquidität der Automobilsparte stieg in der Folge auf 28,78 Milliarden Euro, nach 21,49 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.
Volkswagen baute damit weiter das Polster aus, das das Unternehmen angesichts der zu erwartenden Strafen und Entschädigungszahlungen wegen des Abgasskandals brauchen wird. Allein der Vergleich, den Volkswagen mit Behörden und Kunden in den USA vereinbart hat, dürfte den Konzern umgerechnet rund 13,4 Milliarden Euro kosten.
Finanzchef spricht von robuster Ertragskraft
Um "die hohen Belastungen der Dieselthematik aufzufangen", seien "weiter enorme Kraftanstrengungen notwendig", warnte Finanzvorstand Witter. Die aktuellen Zahlen zeigten aber, dass der Konzern "über eine robuste Ertragskraft verfügt".
Konzernchef Müller versprach am Donnerstag abermals, Volkswagen "zu einem weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität" zu machen. Dazu werde das Unternehmen "hart" an der Ertragskraft arbeiten. Alle Marken und Sparten müssten "über die gesamte Wertschöpfungskette ihren Beitrag zu mehr Effizienz leisten". Finanzchef Witter sagte, Fixkosten-Verbesserungen hingen aber auch von den laufenden Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern über einen Zukunftspakt ab.
Wie Volkswagen schon in der vergangenen Woche angekündigt hatte, ließ der Autokonzern den Ausblick auf das Gesamtjahr am Donnerstag unverändert. Das Management rechnet demnach weiter mit einer operativen Rendite vor Sondereinflüssen zwischen 5,0 und 6,0 Prozent, nach 6,0 Prozent im vergangenen Jahr. Der Umsatz dürfte der unternehmenseigenen Schätzung zufolge um bis zu 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr schrumpfen - wegen des Abgasskandals, aber auch wegen der Nachfrageschwäche etwa in Südamerika und Russland sowie angesichts von ungünstigeren Wechselkursen.
Den Brexit nimmt Volkswagen derzeit dagegen nicht als großes Hindernis wahr. Im Moment sehe er keinen Einfluss der Entscheidung zum EU-Austritt auf den Absatz in Großbritannien, sagte Vertriebsvorstand Fred Kappler. Wenngleich die Entwicklung in einigen Ländern schwierig vorauszusagen sei, prognostizierte er einen leichten Absatzzuwachs für den gesamten Volkswagen-Konzern in diesem Jahr.
Der Kurs der Volkswagen-Vorzugsaktie lag am Donnerstagnachmittag gleichwohl rund 2 Prozent im Minus. Aktienhändler führten das vor allem auf Gewinnmitnahmen im Automobilsektor zurück. Analysten bezeichneten Volkswagens Halbjahreszahlen als solide.
Der Automobilexperte Arndt Ellinghorst von Evercore ISI kritisierte allerdings die Sachinvestitionen des Autokonzerns von 4,5 Milliarden Euro als noch immer "sehr hoch". Der Nord-LB-Analyst Frank Schwope wies zudem darauf hin, dass Volkswagen sein Absatzwachstum in den vergangenen sechs Monaten nur angesichts der Entwicklung in China erzielt hat. Wenn Ende des Jahres 2016 Steuererleichterungen für Autos in China ausliefen, drohe sich für Volkswagen "eine neue Baustelle aufzutun", warnte der Analyst.
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