Investment-Idee

Wasser-Aktien: An diesem Trend kommen Sie nicht vorbei

13.10.10 12:30 Uhr

Die USA und China haben es über viele Jahre versäumt, ihre Wasserversorgung dem steigenden Bedarf anzupassen. Jetzt können nur riesige Investitionen helfen.

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von Jörg Billina

Jedes Jahr besuchen rund 40 Millionen Menschen Las Vegas. Nach Aufmerksamkeit dürstende Prominente wie Paris Hilton oder Lothar Matthäus schließen dort immer wieder mal den Bund fürs Leben. Die Mehrzahl der Touristen aber hofft, in der Metropole des real existierenden Kasinokapitalismus schnell reich zu werden.

Zwar gehen nicht alle Träume in Erfüllung – eine von Britney Spears’ Ehen hielt gerade mal 13 Stunden – und auch Glückssträhnen halten nicht ewig. Der Attraktivität von Sin City tut dies aber keinen Abbruch. Die mit vier traumhaften Swimmingpools ausgestattete Luxusherberge Caesars Palace ist trotz Finanzkrise gut belegt. Und in der Edelspielhölle Bellagio, vor deren Eingang 1000 Springbrunnen tanzen, drehen sich die Rouletteräder weiterhin ohne Unterlass. Dank des immensen Geldzuflusses gedeiht die Stadt inmitten der Wüste Nevadas prächtig. In den vergangenen zehn Jahren wuchs die bebaute Fläche um 40 Prozent.

Eigentlich könnte es so weitergehen. Las Vegas – der Name bedeutet kurioserweiser „die Auen“ – hat allerdings ein Problem, und das wird immer akuter: Wasser. Über 90 Prozent des von Investoren wegen seiner zunehmenden Knappheit schon als blaues Gold bezeichneten Rohstoffs bezieht Las Vegas aus dem 30 Meilen entfernten Lake Mead. Doch nach elf Jahren Dürre droht der Pegel des größten künstlich geschaffenen Sees der Vereinigten Staaten unter das vor einem halben Jahrhundert erreichte Allzeittief von 1,083 Feet zu sinken. Fällt er unter die Marke von 1,075 wird es ernst. Dann fallen nämlich auch die am gigantischen Hoover-Staudamm installierten Turbinen aus. Sie sorgen dafür, dass es in Las Vegas auch nachts taghell ist. Nun versuchen die Behörden, die Wasserknappheit mit bisweilen seltsam anmutenden Maßnahmen zu verhindern. Dass Bürgern verboten wird, ihre Autos zu waschen, und dass sie Prämien erhalten, wenn sie ihre Gärten zupflastern, hilft natürlich nur ganz minimal. Auch der diskutierte Bau einer 285 Meilen langen Pipeline zum Snake River dürfte nur kurzzeitig für Entspannung sorgen.

Las Vegas ist kein Einzelfall. Auch die US-Städte Tucson, Phoenix und San Diego haben kaum noch Wasser. Und dort gibt es bereits heftigen Streit um das wichtige Nass. Die Städter wollen nämlich mehr davon – zulasten der Farmer. Denn die würden ohnehin zu viel verschwenden, so ihr Argument. Die Bauern aber wehren sich. Weniger Wasser – das gehe zulasten der Einnahmen, koste Tausende Jobs in der Landwirtschaft und gefährde zudem die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung. Die Verteilungskämpfe haben also schon begonnen – in den USA, wohlgemerkt.

Fraglich ist, ob die Politik den Konflikt zwischen Stadt und Land entschärfen kann. Fraglich auch, ob die Kommunen beziehungsweise die Verantwortlichen in Washington überhaupt in der Lage sind, die drohende Versorgungskrise abzuwenden. Angesichts nachlassender Regenfälle, zunehmender Trockenheit – das erste Halbjahr 2010 war das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen – und einer von derzeit 300 Millionen bis zum Jahr 2050 auf über 400 Millionen anwachsenden Bevölkerung sind viele skeptisch. Steuern die USA, weltweit ökonomisch noch die Nummer 1, auf eine Versorgungskatastrophe zu?

Nicht unbedingt, meint Robert Glennon. Aber es bedürfe eines Bewusstseinswandels, schreibt der Professor an der University of Arizona in seinem Buch „Unquenchable: Americas water crisis and what to do about it“. Trotz der vielfach angespannten Versorgungslage blendeten nach Meinung Glennons immer noch zu viele US-Bürger die Realität aus und gingen zu sorglos mit der Ressource um. Tatsächlich verbraucht der Durchschnittsamerikaner am Tag 580 Liter. Ein Europäer bringt es dagegen auf 150 bis 400 Liter am Tag, der Durchschnitts­chinese kommt bislang noch mit 90 Litern pro Tag aus. Neben hemmungslosem Verbrauch trägt auch die vielfach veraltete Infrastruktur entscheidend zum Wassernotstand bei. So sind die Trinkwasser- und Abwasserleitungen in Chicago oder New York – dort besteht das Leitungssystem teilweise noch aus Holz – seit Jahrzehnten im Einsatz. Wegen chronischen Geldmangels wurden sie aber kaum gewartet. Nun lecken die Rohre, große Mengen versickern.

Die täglichen Wasserverluste in den Staaten belaufen sich auf 23 Millionen Kubikmeter. Das entspricht in etwa dem Wasserbedarf der zehn größten US-Städte. „Wir Amerikaner müssen unsere Einstellung zu Wasser von Grund auf ändern“, fordert Glennon. Warnungen, Informationen und Sparappelle allein aber helfen nicht. „Der Preis für Wasser muss deutlich angehoben werden“, verlangt Glennon. Dies würde Bürger, Kommunen, Industrie und Farmer motivieren, nicht mehr als notwendig zu konsumieren. Zudem hätten die Wasserwerke endlich die Mittel, um in neue Systeme zu investieren. „Wasser ist in den Staaten viel zu billig“, meint auch Matthias Priebs, Fondsmanager des Sarasin Sus­tainable Water Fund. „In Europa kostet der Hektoliter zwei bis drei Euro. In den USA dagegen müssen für die gleiche Menge gerade mal ein bis 1,50 Dollar bezahlt werden“, sagt Priebs.

Priebs investiert in Firmen, die entlang der Wertschöpfungskette Wasser positioniert sind. Dazu zählen neben Betreibern von Wasserwerken auch Unternehmen, die auf dem Gebiet der Wasserreinigung tätig sind, die Pumpen und Rohre herstellen oder deren Produkte und Dienstleistungen für eine größere Nachfrageeffizienz sorgen. 35 Prozent der Mittel hat Priebs in US-Aktien gesteckt. „Wollten die Vereinigten Staaten ihre Wasser­infrastruktur auf den neuesten Stand der Technologie bringen, müssten sie bis 2020 weit über 300 Milliarden Dollar investieren“, schätzt Priebs. Oft aber fehlt staatlichen oder städtischen Wasserversorgern angesichts angespannter Haushaltslagen das Geld. Zudem halten sie es politisch nicht für opportun, die Bürger mit höheren Preisen zu konfrontieren. Priebs glaubt daher, dass sich ein bereits zu erkennender Trend zur Privatisierung verstärken wird.


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Bislang befinden sich gerade mal 15 Prozent des gesamten US-Wassergeschäfts in privater Hand. Der öffentliche Anteil nimmt langsam, aber kontinuierlich ab. Die beiden großen US-Wasserunternehmen Aqua America und American Water Works profitieren vom Rückzug des Staates. Sie übernehmen laufend kleinere kommunale Wasserwerke. „In der Regel enthalten die zwischen Unternehmen und den Behörden geschlossenen Übernahmeverträge klare Vorgaben zur Wasserpreisentwicklung und Modernisierung der Netzwerke“, erklärt Priebs. Der Manager hat Aqua America und American Water Works – an der die deutsche RWE vor rund einem Jahr komplett ihre Anteile verkauft hatte – in seinem Fonds hoch gewichtet. Seit Anfang November 2009 stiegen die Kurse der beiden Unternehmen um 32 beziehungswiese 24 Prozent. Auch der Small-Cap-Titel Layne Christensen findet sich im Portfolio. Das Unternehmen aus Kansas führt hydrologische Studien durch und errichtet Trink- und Recyclinganlagen. Besonders in den vergangenen vier Wochen hat sich der Titel gut ent­wickelt.

Doch Vorsicht: Wasseraktien führen kein Eigenleben. „Wir sehen zwar langfristig weiterhin Potenzial“, sagt Priebs. Allerdings können sich die Firmen nicht ganz von der Entwicklung des Gesamtmarkts abkoppeln. „Sollte die US-Wirtschaft wieder an Schwung verlieren, dann dürften auch die Kurse der Wasserunternehmen leiden“, meint Priebs.Wie die Vereinigten Staaten muss auch China seine Wasserprobleme lösen. Ansonsten sind Wohlstand und möglicherweise auch die politische Stabilität in ernster Gefahr. Nach Angaben des Analysehauses Responsible Research und der Weltbank eignet sich nach 30 Jahren ungebremsten Aufschwungs nur noch die Hälfte der chinesischen Seen und Flüsse zur Trinkwasserversorgung. Bisweilen sind sie so stark vergiftet, dass das Wasser nicht einmal mehr für die industrielle Produktion oder in der Landwirtschaft genutzt werden kann.

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300 Millionen chinesische Bauern trinken täglich kontaminiertes Wasser
Schuld daran tragen die Firmen, die ihre Abfälle lange Zeit dank laxer Umweltgesetzgebung ungeklärt entsorgten. Allein im Jahr 2006 sollen 53 Milliarden Tonnen Schadstoffe in chinesische Gewässer gelangt sein. Die Folge: 300 Millionen Bauern trinken täglich kontaminiertes Wasser. Das macht sie rebellisch. Immer mehr Menschen werden krank. Im August 2009 kam es in der Provinz Fujin bereits zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Tausenden von Demonstranten und der Polizei, nachdem bekannt geworden war, dass Ölfirmen krebsauslösende Substanzen ins Trinkwasser eingeleitet hatten. Nicht nur auf dem Land verschärfen sich die Probleme. 400 von 600 chinesischen Großstädten, darunter auch die 17-Millionen-­Metropole Peking, melden immer wieder gravierende Engpässe.

Mittlerweile scheinen Chinas Machthaber aber den Ernst der Lage erkannt zu haben – schließlich belaufen sich die durch Wasserknappheit jährlich anfallenden Verluste auf 1,5 bis 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Nach Angaben des chinesischen Umweltministeriums wurden daher im vergangenen Jahr über sieben Milliarden Dollar in die Verbesserung der Wasserversorgung und -qualität gesteckt. Künftig dürften die Summen deutlich höher ausfallen. Denn nicht zuletzt erhöht der in China zunehmende Appetit auf Fleisch die Wassernachfrage. So werden allein für die Herstellung eines Hamburgers 2400 Liter Wasser benötigt. Experten wie Dieter Küffer, Manager des SAM Sustainable Water Fund, schätzen, dass sich in den kommenden 20 Jahren staatliche und private Wasserinvestitionen auf 1,2 Billionen Dollar belaufen werden. „Aktuell liegt das Volumen des chinesischen Wassermarkts bei rund 40 Milliarden Dollar pro Jahr. Bis 2016 wird ein Wachstum von elf Prozent erwartet“, sagt Küffer.

Für Anleger ergeben sich durch die Abkehr Chinas vom Prinzip Wachstum um jeden Preis eine Reihe von Möglichkeiten. Küffer hat sich neben China Water Affairs auch bei Beijing Water Enterprises engagiert. Die an der Börse in Hongkong gelistete Holding unterhält derzeit sechs große Wasserversorgungsanlagen und 24 Abwasseranlagen in verschiedenen Provinzen Chinas. „Die Kursfantasie speist sich aus zunehmend strenger werdenden Umweltvorschriften und möglichen Preiserhöhungen für Wasser“, sagt Küffer. Allerdings dürfte es seiner Meinung nach schwerfallen, diese auch durchzusetzen.

Die Wassernotlage Chinas eröffnet aber auch Firmen aus den Industriestaaten gute Chancen. Wie etwa der in der Wasseranalyse und der Wasseraufbereitung tätigen Halma. Das britische Unternehmen unterhält in China bereits über 20 Niederlassungen und hat in den vergangenen vier Jahren 120 innovative Produkte erfolgreich am Markt plaziert. Vor Kurzem wurde Halma für seine Leistungen in Shanghai mit dem British Business Award ausgezeichnet. Auch die Anleger sind zufrieden. Innerhalb eines Jahres legte Halma um 50 Prozent zu. Wasserunternehmen aus den Industriestaaten dürften aller Voraussicht nach ihr Engagement in den Schwellenländern künftig weiter ausbauen. Vor allem auf dem Schwarzen Kontinent ist der Bedarf groß.

Experten haben errechnet, dass Afrikas Frauen und Kinder – sie sind in der Regel für die Wasserversorgung verantwortlich – zusammen im Jahr 40 Milliarden Stunden damit verbringen, den Rohstoff für ihre Familien aus bis zu 20 Kilometer entfernten Brunnen zu holen. Doch nicht immer ist das Wasser rein. Bakterien sorgen für Krankheiten wie Hepatitis und Diarrhö. Die Vereinten Nationen beziffern den durch die Wassernot jährlich verursachten ökonomischen Verlust auf 28 Milliarden Dollar, das sind rund fünf Prozent des kollektiven Bruttosozialprodukts Afrikas. Allerdings dürfte es trotz hoher Wachstumsraten dauern, bis die Staaten genügend Geld haben, um die Wasserversorgung zu optimieren. Anders in Las Vegas: Dort ist Geld im Überfluss im Umlauf – das Wasser ist aber trotzdem knapp.

Investor-Info:

Sarasin Sustainable Water Fund - Strenge Nachhaltigkeitskriterien
Manager Matthias Priebs investiert weltweit in Unternehmen, die zu einem nachhaltigen Umgang mit Wasser beitragen. Im Portfolio finden sich unter anderem American Water Works, die im Großraum São Paulo aktive Sabesp und die an der Börse in Hongkong gelistete China Everbright. Firmen, die sich – neben dem Wassermarkt – auch in den Bereichen Kernkraft oder Rüstung engagieren, sind für Priebs tabu. Der 2008 aufgelegte Fonds schnitt bislang stets besser als der MSCI Welt ab.

SAM Sustainable Water Fund - Zuliefererbranche hoch gewichtet
Der Fonds konzentriert sich weniger auf Wasserversorger, sondern sieht vor allem in den Bereichen Wasserzulieferung und -effizienz gute Chancen. Die Branche ist mit 70 Prozent gewichtet. Zu den Aktienfavoriten zählt unter anderem ITT Industries. Das Unternehmen stellt Pumpen, Systeme und Dienstleistungen für den Transport und die Kontrolle von Wasser her. ITT ist aber auch im Bereich Militärtechnik aktiv. Fondsmanager Dieter Küffer erzielte innerhalb eines Jahres 22 Prozent.

Aussichtsreiche Einzelwerte - Filter und Pumpen gefragt
Aus dem deutschsprachigen Raum sind folgende Aktien interessant: Die österreichische Firma BWT produziert Wasserfilter, -spender und -desinfektionsgeräte. Die Aktie (ISIN: AT0000737705) hat in den vergangenen Jahren enttäuscht, zuletzt wurden aber wieder deutlich ­höhere Kursziele genannt. Aussichtsreich sind auch der deutsche Pumpenhersteller KSB (ISIN: DE0006292006) ­sowie der Produzent von Rohrleitungssystemen, Georg Fischer (ISIN: CH0001752309) aus der Schweiz.

Drohende Wasserkrise - Auch Industriestaaten leiden
Die Wasservorräte sind ungleich verteilt. Problematisch ist die Versorgung vor allem in den Schwellenländern. In Afrika müssen 13 Prozent der Weltbevölkerung mit elf Prozent des verfügbaren Wassers auskommen. Global haben 1,1 Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer zeitgemäßen Wasserversorgung. Wachsende Probleme gibt es in China, aber auch im Südwesten der USA und in Spanien. Die kritische Situation droht sich weiter zu verschärfen. Bis 2025 soll die Weltbevölkerung von derzeit 6,8 Milliarden auf 8,3 Milliarden Menschen ansteigen, der jährliche Wasserbedarf klettert dann von 4,4 Milliarden auf 5,2 Milliarden Kubikmeter.

Dringender Investitionsbedarf - Chancen für Unternehmen
Für die Bereitstellung, Aufbereitung und Reinigung von Wasser werden weltweit jährlich mehr als 480 Milliarden Dollar ausgegeben. Künftig ist eine höhere Summe erforderlich. In den USA lag die Teuerungsrate für Wasser in den vergangenen fünf Jahren bereits um 18 Prozent über der Gesamtinflation. Während in den Schwellenländern vor allem die Wasserqualität verbessert werden muss, müssen die Industriestaaten das Leitungsnetz modernisieren. Für Unternehmen, die entlang der Wertschöpfungskette Wasser aufgestellt sind, ergeben sich durch den enormen Investitionsbedarf gute Gewinnchancen.

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01.12.2014American Water Works NeutralRobert W. Baird & Co. Incorporated
11.12.2012American Water Works neutralLadenburg Thalmann & Co. Inc.
02.03.2012American Water Works neutralRobert W. Baird & Co. Incorporated
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