Ulrich Wickert: "Streben nach Geld ist legitim"
Der frühere Moderator der "Tagesthemen" befasst sich in mehreren Büchern mit Fragen der Wirtschaftsmoral. Im Interview erklärt er seine...
von Martin Reim, €uro am Sonntag
€uro am Sonntag: Herr Wickert, haben Sie etwas gegen die Börse?
Ulrich Wickert: Überhaupt nicht. Warum fragen Sie?
Wenn Sie über moralische Themen schreiben, ist immer wieder die Rede davon, dass die Gier nach Geld unserer Gesellschaft schadet. Und Gier ist eine der wichtigsten Triebkräfte an der Börse.
Da bin ich anderer Meinung. Gier muss nicht eine Haupttriebkraft an der Börse sein und ist es auch ursprünglich nicht gewesen. Anfangs wurden über die Börse Gewürzschiffe finanziert, die aus Indien herbeisegelten. Das war eine sehr gute Idee. Gier ist es, wenn man Gewinne machen will, die so astronomisch sind, dass es Laien nicht verstehen - und viele Fachleute auch nicht.
Also gut, dann sprechen wir nicht von Gier, sondern vom intensiven Streben, mehr Geld zu erlangen, als man hat.
Dieses Streben ist legitim. Das hat auch jeder, der sein Geld bei der Sparkasse anlegt. Verwerflich wird es erst, wenn die Art des Vorgehens schädlich für die Gemeinschaft ist. Und das, was wir in der Finanzkrise erlebt haben, ist ja nicht auf die Börse zurückzuführen, sondern auf das Verhalten von einigen Spekulanten. Bestätigt fühle ich mich in meiner Kritik, dass das ökonomische Denken inzwischen alle Lebensbereiche umfasst, sodass wir die meisten Entscheidungen mit wirtschaftlichen Maßstäben begründen.
Was bedeutet Ihnen persönlich Geld?
Wenn ich viel habe, ist es schön. Wenn ich weniger habe, kein Problem.
Was fangen Sie mit Ihrem Geld an?
Ich mache eine schöne Reise, gehe essen, kaufe mir manchmal ein schönes Bild, mache meiner Frau mal ein Geschenk. Und ich spare etwas für die Zeit, wenn ich mal nicht so viel arbeiten will.
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Bildquellen: Ulrich Wickelt