Mutares: "Wir trauen uns nun deutlich größere Plattforminvestitionen zu"
Johannes Laumann, CIO der Mutares SE & Co. KGaA, erklärt, welche Erwartungen er an die jüngste Akquisition Nexive hat, warum Mutares eine 50-Millionen-Euro-Anleihe begeben hat und dass auch für 2019 eine attraktive Dividende geplant ist.
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Mit der Mehrheitsübernahme des Nexive-Geschäfts von PostNL erwirbt die Münchner Beteiligungsholding Mutares den zweitgrößten Brief- und Paketanbieter in Italien. Die Übernahme wäre bereits die zweite für Mutares im Jahr 2020 und würde zu einem konsolidierten Jahresumsatz des Portfolios von ca. 2 Mrd. Euro führen. finanzen.net traf Mutares-CIO Johannes Laumann zum Exklusiv-Interview.
finanzen.net: Herr Laumann, Mutares verfügt unter Einrechnung des jüngst angekündigten Zukaufs in Italien inzwischen über ein Beteiligungsportfolio mit einem Umsatz von rund zwei Milliarden Euro. Wie unterscheidet sich Ihr Ansatz von demjenigen klassischer Beteiligungsgesellschaften?
Johannes Laumann: Mutares als Beteiligungsgesellschaft ist auf die Sanierung und Optimierung von mittelständischen Unternehmen und Konzernausgliederungen spezialisiert und mit mittlerweile fünf Büros und 15 Portfoliogesellschaften in ganz Europa vertreten. Wir verstehen uns als aktiver Investor, der einerseits operativ, über aktive Unterstützung von Sanierungs- und Optimierungsprogrammen mit einem hauseigenen Beratungsteam, aber auch transaktionsseitig, über strategische Zukäufe mit einem hauseigenen Investmentteam, deutliche Wertzuwächse seiner Portfoliogesellschaften erzielt. Wir übernehmen meist 100 % der Beteiligungen und verstehen uns als fordernder und fördernder Partner für eine erfolgreiche Neuaufstellung und Weiterentwicklung.
Der jüngste Zukauf Nexive ist die Nummer 2 auf dem italienischen Postmarkt, die über 220 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet, dabei aber Verluste macht. Wo sehen Sie die wichtigsten Ansatzpunkte, um den Turnaround mit der neuen Tochter zu schaffen?
Mit der Übernahme der Mehrheit an Nexive setzen wir unseren Wachstumspfad konsequent fort. Gemeinsam mit dem Verkäufer und jetzigen Minderheitsgesellschafter PostNL sehen wir attraktives Wertpotenzial im Bereich Paketgeschäft und dem Versand von Dokumenten und Zustellungen der öffentlichen Hand. Zusätzlich wollen wir die internen Prozesse, den Kundenfokus und die Logistik innerhalb und außerhalb der Verteilzentren deutlich optimieren.
Können Sie etwas konkreter werden, was den Kaufpreis betrifft, auch im Hinblick auf eine nicht unübliche Sanierungszulage?
Über den Kaufpreis und eine mögliche Sanierungszulage wurde Stillschweigen vereinbart. Ich sehe die Gesellschaft jedenfalls gut gerüstet, um die geplanten Maßnahmen in Rekordzeit umzusetzen und damit schnellstmöglich wieder profitabel zu werden.
Wie groß ist aktuell der Marktanteil von Nexive auf dem italienischen Markt? Das Briefgeschäft ist tendenziell rückläufig, welche Strategie verfolgen Sie damit, ist es eine Option das Geschäft aufzugeben?
Nexives Marktanteil im Briefgeschäft in Italien beträgt ca. 15 Prozent. Nexive hat begonnen sich auf bestimmte Regionen zu konzentrieren und im Wesentlichen in das Geschäft mit Dokumenten und öffentlichen Zustellungen einzusteigen - ein gleichbleibender und durchaus attraktiver Markt. Dennoch erwarten wir mittelfristig einen Rückgang des Briefgeschäftes - gleichzeitig aber auch deutlich positive Effekte aus einem stark ansteigenden Paketgeschäft, in dem Nexive noch neu ist und dadurch über deutliches Wachstumspotenzial gegenüber Wettbewerbern verfügt. Dieses Potenzial hat sich bereits in zweistelligen Umsatzwachstumsraten im Jahr 2019 gezeigt - und auch für die kommenden Jahre erwarten wir ähnliche Zuwächse.
Amazon und auch Alibaba tendieren zu eigenen Lieferdiensten. Wie groß ist die Abhängigkeit von Nexive von einzelnen Kunden?
Nexive hat einen breit diversifizierten Kundenstamm mit etablierten Kundenbeziehungen. So gibt es keine Abhängigkeit von einzelnen Kunden, auch nicht von Amazon. Amazon ist ein wichtiger und geschätzter Kunde, macht aber nur einen geringen Umsatzanteil am Gesamtgeschäft von Nexive aus. Mehr als drei Viertel des Umsatzes entfallen überwiegend auf stabiles B2B-Geschäft mit Unternehmen (ohne Amazon) und Behörden.
Ist Nexive bereits vollkommen eigenständig oder noch von zentralen Diensten im Bereich IT, Verwaltung etc. von PostNL abhängig?
Nexive ist weitestgehend eigenständig, sodass eine vollständige Entkopplung der Aktivitäten von PostNL zwischen Signing und Closing gewährleistet werden kann.
Wie groß ist der Investitionsbedarf bei Nexive innerhalb der nächsten 2-3 Jahre? Und welche Umsatzgröße und Margen (bezogen auf EBITDA) halten Sie bei Nexive nach Turnaround für realistisch?
Ich halte mit Blick auf die nächsten zwei bis drei Jahre einen Investitionsbedarf im mittleren einstelligen Millionenbereich für realistisch. Es geht neben Investitionen zur Verbesserung der Profitabilität auch um Verbesserungen des Service- und Produktangebots sowie der Abwicklung im operativen Geschäft. Unser mittelfristiges Ziel ist es, den Umsatz auf einem Niveau von über 200 Mio. Euro profitabel zu stabilisieren. Mittelfristig rechne ich mit einer operativen Marge (EBITDA) zwischen vier und sechs Prozent.
Mit einem Umsatz von über 200 Mio. Euro Umsatz ist Nexive erneut ein größerer Zukauf. Ist das ein genereller Trend bei Mutares hin zu größeren Targets, der sich nun abzeichnet oder eher ein Ausdruck des Standings von Mutares im Markt als PE-Investor?
Es stimmt, wir haben unsere Investitionsstrategie seit letztem Sommer leicht angepasst und mit Blick auf die Größte des Targets nach oben erweitert. Wir trauen uns nun deutlich größere Plattforminvestitionen zu als noch vor wenigen Jahren und wollen unsere Beteiligungen durch eine aktive Buy-and Build-Strategie kontinuierlich weiterentwickeln. Dies haben wir zuletzt sehr anschaulich bei der Donges Group, der Balcke-Dürr Group und der keeeper Group gezeigt. Unsere Kernstrategie mit Turnaround-Investments als Plattformen behalten wir dabei aber nach wie vor bei und werden auch künftig keine signifikanten, positiven Kaufpreise bezahlen wie dies beispielsweise klassische PE-Investoren tun. Das Risikoprofil von Mutares soll somit auch unter einer Buy-und-Build-Strategie unverändert bleiben, bei gleichzeitig attraktiverem und schneller realisierbarem Potenzial für Wertzuwachs des Portfolios.
Für Add-on-Akquisitionen sind Sie aber schon bereit, künftig tiefer in die sprichwörtliche Tasche zu greifen, oder?
Ja, für die bereits angesprochenen, kleineren, strategischen Zukäufe im Rahmen einer Buy-and Build-Strategie ist dies durchaus möglich. Wir wollen unsere stabilen und profitablen Gesellschaften unterstützen und durch gezielten Einsatz von Eigenkapital ein schnelleres Wachstum erreichen. Nicht zuletzt deswegen hat Mutares Anfang dieses Jahres eine Anleihe mit einem Volumen von 50 Mio. Euro begeben.
Mutares hat auf der Kaufseite ein hohes Tempo. Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Zukäufe der letzten Monate?
Ich bin überzeugt jeder dieser Zukäufe war sinnvoll und wichtig. Der Zukauf von Ruukki Buildings Systems für die Donges Group bringt sicherlich die Entwicklung der gesamten Gruppe exponentiell nach vorne, aber auch die großen Plattforminvestitionen PrimoTecs, BEXity und zuletzt Nexive sind strategische Transaktionen, auf die wir sehr stolz sind.
Investoren zeigen sich aktuell aufgrund der rasanten Verbreitung des Corona-Virus sehr nervös. Erwarten Sie konkrete Auswirkungen aufgrund dieser Virus-Epidemie auf Ihre Portfoliounternehmen?
Das ist zum heutigen Zeitpunkt eine schwierige Frage, die ich natürlich mit Blick nach vorne nur bedingt beantworten kann. Aktuell ist es so, dass wir kleinere Einschränkungen direkt in den betroffenen Regionen haben, aber ansonsten in Bezug auf Absatz und Lieferketten noch keine Auswirkungen spüren. So arbeiten wir sowohl in all unseren italienischen Werken (insbesondere PrimoTecs, STS und Balcke-Dürr) als auch in drei von vier chinesischen Standorten. Auch Nexive hat für die betroffenen Regionen in Norditalien eine Taskforce eingerichtet, arbeitet aber nach meinen Informationen im Rest des Landes reibungslos.
Auch auf der Exit-Seite hatten Sie Aktivitäten angedeutet. Wie ist hier der aktuelle Stand? Welche Firmen sind reif für einen Verkauf?
Mutares ist ja börsengelistet, diese Frage kann ich Ihnen also nicht konkret beantworten und einzelne Firmen nennen. Wir sind aber tatsächlich auch auf der strukturierten Exit-Seite aktiv und haben, im Rahmen einer Portfoliobereinigung, zum Jahresanfang Prozesse gestartet, bei denen die Marktansprache in Kürze erfolgt. Ich blicke sehr zuversichtlich mindestens einem erfolgreichen Abschluss in diesem Jahr entgegen.
Wird es vor der HV noch einen Exit geben?
Wir arbeiten daran.
Mutares hat sich einen Namen als überdurchschnittlicher Dividendenzahler gemacht. Wird das auch in diesem Jahr der Fall sein?
Schon im vergangenen Herbst hat sich der Vorstand auf eine Basisdividende von 1,00 Euro festgelegt. Dazu stehen wir nach wie vor. Sollte die Entwicklung in den kommenden Jahren so weitergehen, sehen wir grundsätzlich auch das Potenzial und die Möglichkeit, unsere Aktionäre darüber hinaus proportional am Erfolg der Mutares teilhaben zu lassen.
Herr Laumann, besten Dank für das Interview.
Haftungsausschluss/Disclaimer: Das aktuelle Interview dient ausschließlich zu Informationszwecken. Die Meinungen und Aussagen der Interviewpartner spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wider, sondern ausschließlich diejenige des Interviewpartners. Das Interview ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.
Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung übernommen.
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Bildquellen: Bernhard Haselbeck/Mutares
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