Steigende Renditen gefährden nicht die US-Schuldentragfähigkeit

Die Märkte sind über das sich ausweitende US-Haushaltsdefizit besorgt. So interpretieren einige Kommentatoren die aktuell steigenden US-Renditen als Vertrauensverlust der Zinsmärkte in die Tragfähigkeit der US-Verschuldung.
Auch wird befürchtet, die USA könnten aufgrund ihrer hohen Verschuldung an Glaubwürdigkeit gegenüber der internationalen Gemeinschaft verlieren. Nicht nur die als prozyklisch angesehene Politik von Trump schürt die Diskussionen zusätzlich, sondern auch eine Fed, die womöglich schneller als aktuell erwartet auf die Bremse treten muss und so die Zinsen nach oben treibt. Doch sind Zweifel an der US-Schuldentragfähigkeit infolge steigender Zinsen tatsächlich angebracht?
Renditen können grundsätzlich aus zwei Gründen zulegen: als Reaktion auf eine entsprechende Geldpolitik bzw. Inflationsentwicklung oder aufgrund höherer Risikoprämien - wenn die Märkte mit zunehmender Ausfallwahrscheinlichkeit rechnen. Letzteres ist häufig bei Schwellenländern mit hohen Schuldenquoten und großen Haushaltsdefiziten der Fall; auch deshalb, weil viele Schwellenländer ihre Defizite von Staatshaushalt und der Leistungsbilanz über Fremdkapital finanzieren. Empirisch lässt sich eine entsprechende Entwicklung für die USA hingegen kaum überzeugend belegen. Dort besteht eine eindeutig negative Beziehung zwischen Zinsen und Schuldenquote: Hohe Zinsen gehen mit einer niedrigeren Schuldenquote einher. Steigt die Schuldenquote, ist dies mit niedrigeren Zinsen verbunden. Beides ist konsistent mit der Sichtweise, dass eine hohe Schuldenquote und niedrige Zinsen das Ergebnis eines schwachen Wirtschaftswachstums sind. Gemäß volkswirtschaftlicher Regeln müsste eine zunehmende Schuldenquote zu höheren Zinsen führen, da für den Privatsektor weniger finanzielle Ressourcen übrig sind, was wiederum zu steigenden Zinsen und somit niedrigeren privaten Investitionen führt. In der Realität ist die Geldmenge jedoch in erster Linie abhängig von der Notenbank und wird durch diese aktiv - falls notwendig, auch massiv - ausgeweitet. Dies war zurzeit der Euro-Krise nicht anders. Die Zinsen sind in Folge der schwachen Wirtschaftsdynamik und des daraus folgenden Anstiegs der Schuldenquoten dank der EZB-Politik deutlich gesunken.
Für ein Land, dessen Glaubwürdigkeit nicht in Frage steht, weil die eigene Notenbank mit dem Monopol der Geldschöpfung ausgestattet ist, können steigende Zinsen in der Regel nicht die Schuldentragfähigkeit des Staates gefährden. Legen die Zinsen aufgrund anziehender Inflation zu, ist dies verbunden mit einem stärkeren Wirtschaftswachstum, das zu einer sinkenden Schuldenquote führen wird. Steigt die Schuldenquote infolge einer schwachen wirtschaftlichen Dynamik, wird die Geldpolitik mangels Inflationsdruck die Zinsen niedrig halten. Schuldenquote und Zinsen werden nicht gleichzeitig steigen; selbst aktuell nicht, wo befürchtet wird, dass sich das US-Defizit bei guter konjunktureller Entwicklung ausweitet, während die Inflationsdynamik auf mehrere Fed-Zinsschritte hindeutet und die US-Wirtschaft womöglich Überhitzungstendenzen zeigen könnte.
Auch die IKB erwartet für 2018 drei Zinsschritte der Fed. Doch hebt diese die Zinsen nachhaltig in Folge steigender Inflation an, so deutet dies auf ein hohes nominales BIP-Wachstum, was die Schuldenquote senken wird. Auch hier scheinen die empirischen Schätzungen eindeutig: Verbessert sich das Wirtschaftswachstum, sinkt die US-Schuldenquote. Doch was ist mit der Möglichkeit, dass sich das Haushaltsdefizit ausweitet und dennoch kein zusätzliches Wirtschaftswachstum generiert wird? Verpufft die Wirkung der Trumpschen Steuer- und Konjunkturpläne relativ schnell, sind deutliche Zinsanhebungen vor allem 2019 unwahrscheinlich. Deshalb ist die Sorge unbegründet, die USA könnten bald ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen.
Dr. Klaus Bauknecht ist Chefvolkswirt bei der IKB Deutsche Industriebank
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank. Zudem lehrt der promovierte Volkswirtschaftler an der Nelson Mandela University in Südafrika. Zuvor arbeitete er in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen.
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