Düngemittel-Aktien und -Fonds: Wo sich die besten Chancen eröffnen
Die Preise für Pflanzennährstoffe explodieren regelrecht. Daran dürfte sich vorerst kaum etwas ändern. Für Investoren eröffnet das attraktive Chancen.
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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag
Viele erfahrene Landwirte reiben sich derzeit die Augen. Solche Preissprünge bei Düngemitteln wie in den vergangenen Wochen haben sie in ihrem ganzen Leben noch nie gesehen.
So verteuerte sich Kalkammonsalpter (KAS), der wichtigste Stickstoffdünger der deutschen Bauern, um fast 60 Prozent auf knapp 1.000 Euro je Tonne. Nicht viel anders sieht es bei anderen Stickstoffdüngern aus. Auch die Preise für Phosphat- und Kalidünger legten kräftig zu, allerdings weniger als die Stickstoffvarianten.
Grund für die Preisexplosion ist der Krieg in der Ukraine sowie die Sanktionen gegen Russland und das mit Putin verbündete Belarus. Diese Entwicklung ist aber nur die Spitze eines Eisbergs. Denn schon im zweiten Halbjahr 2021, also vor Beginn der Kämpfe in der Ukraine, haben sich die Düngerpreise verdoppelt oder verdreifacht.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind es Liefer- und Transportprobleme im Zuge der Corona-Pandemie. Überdies deckten sich viele Händler nicht rechtzeitig mit den Nährstoffen ein, weil sie es über viele Jahre gewohnt waren, Düngemittel günstig zu bekommen. Auch die Kosten für CO2-Zertifikate haben sich stark erhöht und verteuern die energieintensive Produktion.
Gas macht Dünger teuer
Den größten Anteil am Wertanstieg von Stickstoffdüngern hat aber der massive Preiszuwachs von Gas. Denn die Produktion von Stickstoffdünger verbraucht enorm viel Energie. Meist wird dazu Gas verwendet, das 70 bis 80 Prozent Anteil am Preis von Stickstoffdünger hat, diesen also wesentlich beeinflusst. Bei den anderen wichtigen Düngerarten, Phosphat und Kali, spielt Gas keine ganz so bedeutende Rolle.
Während Stickstoff vor allem dem Mengenwachstum bei Pflanzen dient, also der Zunahme von Biomasse, sind Phosphat und Kalium wichtig für Qualität, Geschmack und Fruchtertrag. Oft werden die drei Düngerarten kombiniert eingesetzt als NPK-Mehrnährstoffdünger. N steht hier für Stickstoff, P für Phosphat und K für Kalium. Je nach Pflanze variieren die Anteile der einzelnen Düngervarianten. Für Spezialanwendungen werden die Düngerarten auch einzeln eingesetzt. Während Stickstoff in einem chemischen industriellen Verfahren gewonnen wird, was überall auf der Welt möglich ist, müssen Phosphat und Kalium im Tagebau gefördert werden, sind somit ortsgebunden. Kalium ist global ausreichend vorhanden, Phosphat wird seit Jahren dagegen immer knapper.
Verschärft wird die Situation nun noch durch den Krieg in der Ukraine. Das Land ist zwar kein bedeutender Lieferant von Düngemitteln. Anders sieht es jedoch mit Russland und Belarus aus.
Ausfall von billigem Dünger
Russland ist einer der weltweit wichtigsten Produzenten von Stickstoffdüngemitteln. Damit nicht genug: Das Land kann Stickstoff preiswert produzieren, weil es über viel günstiges Gas verfügt. Mit dem Ausfall von russischen Produkten wird dem Weltmarkt somit billiger Dünger entzogen.
Zudem ist der Staat der global drittgrößte Kali-Exporteur, bei Phosphaten liegt er auf Rang 4. Russlands Finanzministerium hatte schon Anfang Dezember 2021 den Export von Stickstoff- und Phosphatdüngemitteln stärker reguliert, um den heimischen Markt besser zu versorgen und die Preise für die eigenen Landwirte zu drücken.
Die Regierung in Putins Reich hatte die Ausfuhr von Stickstoffdüngemitteln auf etwa 5,9 Millionen Tonnen und den Versand stickstoffhaltiger Mehrnährstoffdünger auf 5,35 Millionen Tonnen begrenzt. Die Limitierung gilt bis Anfang April dieses Jahres. Obwohl Düngemittel aus dem größten Land der Erde bisher von den Sanktionen des Westens ausgenommen sind, dürfte sich die Kappung über den April hinaus fortsetzen. Wegen der Finanzsanktionen sind nämlich Zahlungen an Russland sehr schwierig und damit erfolgen auch keine Auslieferungen. "Es dürfte große Schwierigkeiten geben, dass die Produkte an die Kunden kommen", sagt Michael Wudonig, Pressesprecher bei K + S.
Dasselbe gilt auch für Kali-Exporte, da in der russischen Region Perm mit Uralkali der drittgrößte Kalianbieter weltweit mit einem globalen Marktanteil von 16 Prozent tätig ist. Der zweitgrößte, Belaruskali, sitzt in Belarus. Wegen US-Sanktionen kann das Unternehmen nicht mehr über Litauen an die Ostseehäfen liefern. Es bleiben nur noch die Ausfuhren über Russland nach China. Belarus exportiert neben Kali auch noch andere Düngemittel und ist mit knapp drei Milliarden US-Dollar Volumen der sechstgrößte Exporteur in diesem Segment global.
Europa, Südamerika und Zentralasien beziehen rund die Hälfte ihres Düngers aus Russland und Belarus. Ein Ausgleich durch etablierte Anbieter aus den USA, Kanada, Europa, Marokko und Katar ist kurzfristig nur in Maßen möglich. Zumal einige Big Player wie der norwegische Düngemittelkonzern Yara oder der US-Produzent CF Industries Holdings ihre Stickstoffproduktion sogar teilweise ausgesetzt haben, da diese wegen des teuren Gases nicht mehr kostendeckend ist. "Bis neue Kapazitäten aufgebaut und verfügbar sind, wird einige Zeit vergehen. Das geht nicht von heute auf morgen", sagt Wudonig.
Die EU denkt daher über Düngemittelzuschüsse für Bauern nach, um diesen zu helfen, die explodierenden Kosten zu stemmen. Außerdem wird darüber diskutiert, die zeitnahe Einführung der Einschränkung des Einsatzes von Pestiziden zu verschieben. Viele Landwirte werden versuchen, den eigenen Düngemitteleinsatz einzudämmen oder auf organische Stoffe wie Gülle umzusteigen. Das wird aber kaum helfen zu verhindern, dass die Preise für Dünger in diesem Jahr weiter steigen oder auf hohem Niveau bleiben.
Zumal auch China einen Exportstopp für Dünger verfügt hat, um die eigene Produktion zu sichern. Das Land zählt zu den wichtigsten Düngemittelproduzenten der Erde.
Nicht alle Produzenten profitieren
Unternehmen, die ihre Kosten im Griff haben und Zugriff auf eine gute Gas- oder Kaliumversorgung haben wie der US-Konzern Mosaic oder K + S dürften daher profitieren. Deren Kurse haben zuletzt schon kräftig zugelegt. Andere wie Yara, die Probleme mit teuren Rohstoffen haben, können ihre Kapazitäten nicht erhöhen, was sich auch an einem bisher nur mäßigen Kurszuwachs manifestiert.
Noch viel schlimmer betroffen als Europa ist Brasilien. In Europa sind noch viele Nährstoffe in den Böden, weshalb weniger zugeführt werden müssen. Bei den ausgelaugten Böden in Brasilien muss dagegen viel Dünger eingesetzt werden, der bisher zur Hälfte aus Russland kommt. "Wir beten für ein schnelles Ende des Kriegs", sagt daher Brasiliens Landwirtschaftsministerin Tereza Dias.
INVESTOR-INFO
K + S
Profiteur des Mangels
Der Hersteller von Salzen und Kalidünger verdient prächtig und rechnet für das laufende Jahr im besten Fall mit einer Verdoppelung des operativen Gewinns. Das wäre das beste Ergebnis der Firmengeschichte. Vor allem die hohen Preise für Dünger wegen dessen Knappheit auf dem Weltmarkt sind dafür verantwortlich. Das Kasseler Unternehmen ist nach eigenen Angaben in der Lage, die steigenden Kosten für Strom und Energie an seine Kunden weiterzugeben.
Mosaic
Sicherere Versorgung
Der US-Konzern Mosaic gehört zu den Top-Herstellern von konzentriertem Phosphat und Kali und ist drittgrößter Düngemittelproduzent weltweit. Mosaic profitiert von den hohen Preisen der Pflanzennährstoffe und hat den Vorteil, dass die Energieversorgung in den USA sicherer ist als in Europa, weshalb die Aktie zuletzt ein Anlegerfavorit war. Die gute Entwicklung dürfte sich vorerst fortsetzen. Goldman Sachs und Morgan Stanley haben den Titel zum Kauf empfohlen. Das Management hat ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von einer Milliarde Dollar aufgelegt.
Agrarfonds
Dünger hoch gewichtet
Der Fonds DWS Invest Global Agribusiness investiert in Unternehmen, die in den Bereichen Düngemittel, Agrarausrüstung, Saatgut, Pflanzenschutz sowie Logistik, Verarbeitung und Vertrieb von Nahrungsmitteln tätig sind. Düngemittel und Agrochemie machen dabei rund ein Drittel des Portfolios aus, in dem nordamerikanische Firmen dominieren. In den letzten fünf Jahren erzielte der Fonds eine Rendite von gut elf Prozent jährlich.
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