Ex-VW-Chef Winterkorn hat Anleger wohl zu spät über Dieselskandal informiert

Es sind zwei Dokumente aufgetaucht, die den ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn und den gesamten Konzern heftig unter Druck setzen. Aus diesen geht hervor, dass Winterkorn bereits 2014 von den manipulierten Abgaswerten wusste, er die Anleger aber nicht darüber informierte. Laut einem Bericht des "Handelsblatt" hat das Landgericht Stuttgart verfügt, dass der Autobauer die Dokumente nun offenlegen muss. Diese erhielt der ehemalige Vorstandsvorsitzende Ende Mai 2014 in seinem Wochenendkoffer und damit 16 Monate vor öffentlichem Bekanntwerden des Dieselskandals.

Ausführlicher Bericht über Verstöße

In einem detaillierten Bericht informieren der ehemalige Chef für Qualitätssicherung, Frank Tuch, und der Leiter des Ausschusses für Produktsicherheit, Bernd Gottweis, Winterkorn über den Verstoß gegen die US-Abgasvorschriften. "Bei den Messungen an VW-Fahrzeugen [...] wurden die NOx-Grenzwerte deutlich überschritten (Faktor 15 bis 35)", schrieb Tuch über die verheerenden Ergebnisse.

Die Schreiben lassen Zweifel an den Aussagen des Konzerns in Bezug auf den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden aufkommen. Als dieser am 23. September 2015 zurücktrat, hieß es seitens des Aufsichtsrats, dass Winterkorn keine Kenntnis von der Manipulation gehabt haben soll. Man lobte ihn ausdrücklich und sprach ihn von jeglicher Schuld frei. In einer eigenen Erklärung zeigte sich Winterkorn ebenfalls keines Fehlverhaltens bewusst, dennoch wolle er im Interesse des Unternehmens Verantwortung übernehmen

Anleger sind erzürnt

VW hat sich zu den neuen Dokumenten noch nicht geäußert. Sollten sich die Annahmen allerdings bewahrheiten, hat der Konzern seine Anleger zu spät informiert und muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Durch die Aufdeckung der Abgasmanipulation im September 2015 kam es zu einem starken Kurseinbruch der VW-Aktie, bei dem Anleger milliardenschwere Verluste hinnehmen mussten. Rund 150 Aktionäre klagen aktuell gegen den Konzern. Für deren Rechtsanwalt Andreas Tilp sind die Dokumente eindeutig: "Dass Herr Winterkorn [...] spätestens Ende Mai 2014 keine Kenntnis von den in den jetzigen Unterlagen dokumentierten Umständen gehabt haben soll, ist [...] nicht mehr glaubhaft", äußerte er gegenüber dem "Handelsblatt".

Redaktion finanzen.net