Siemens Energy-Aktionäre gehen wegen Milliardenverlusten hart mit Vorstand ins Gericht - Aktie im Plus
Die Aktionäre des Energietechnikkonzerns Siemens Energy haben auf der Hauptversammlung ihren Ärger über die hohen Verluste der spanischen Windturbinentochter Gamesa Luft gemacht.
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Der Energietechnikkonzern Siemens Energy hat auf der Hauptversammlung seinen Zeitplan für die Sanierung des verlustreichen Windkraftgeschäfts bekräftigt. So soll Siemens Gamesa im Geschäftsjahr 2026 die Gewinnschwelle erreichen, bestätigte die Unternehmensführung am Montag auf dem Aktionärstreffen, das rein digital stattfand. "Wir setzen alles daran, im Windgeschäft schnellstmöglich die Wende einzuleiten." Aktionärsvertreter gingen mit dem Umgang des Konzerns zur Lösung der Probleme im Windgeschäft indes hart ins Gericht. Mehrere Aktionäre wie unter anderem die Fondsgesellschaften Union Investment und DWS kündigten an, dem Vorstand die Entlastung zu verweigern.
Siemens Gamesa hatte dem Energietechnikkonzern im vergangenen Geschäftsjahr 2022/23 (per Ende September) einen Verlust von rund 4,6 Milliarden Euro eingebrockt. Qualitätsmängel der Landturbinen 4.X und 5.X sorgten für milliardenschwere Rückstellungen. Dazu kamen höhere Anlaufkosten für den Ausbau der Kapazitäten für Meeresanlagen.
Das alles kam zutage, nachdem Siemens Energy die schon vorher problembehaftete Tochter vollständig übernommen hatte. Als Folge musste Siemens Energy Staatsgarantien in Anspruch nehmen, um Aufträge abzusichern. Dies führte bei Bekanntwerden Ende vergangenen Oktober zum Absturz der Aktie.
Anteilseignervertreter sparten daher nicht an Kritik. Fondsmanager Ingo Speich von Deka Investment monierte ein erneut "verlorenes Jahr" für die Aktionäre. Konzernchef Bruch kämpfe wie "Don Quijote gegen Windmühlen", ohne voranzukommen. Arne Rautenberg von Union Investment monierte, die Probleme bei Siemens Gamesa seien entweder nicht "in vollem Umfang gesehen oder schöngeredet worden". Siemens Energy habe sich mit der "völlig überteuerten Komplettübernahme" ein "kapitales Eigentor" geschossen.
In ein ähnliches Horn stieß Hendrik Schmidt von der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank: "Die Tatsache, dass die enormen Zusatzbelastungen bei Gamesa so kurz nach der vollständigen Übernahme und nach der Aufnahme von zusätzlichen Investorengeldern auftraten, hinterlässt bei uns Zweifel an dem vorausgegangenen Due-Diligence-Prozess". Bruch wies diese Kritik zurück. Die Maßnahmen seien "angemessen" gewesen. Weder sei man bei der Übernahme getäuscht worden, noch habe man Fehler gemacht.
Die Behebung der Qualitätsmängel der Plattformen 4.X und 5.X habe "höchste Priorität", so Bruch. Das werde voraussichtlich mehrere Jahre dauern. "Dabei verfolgen wir auch Ansprüche gegen Lieferanten von fehlerhaften Komponenten." Derzeit ist der Vertrieb ausgesetzt. Wann der Verkauf wieder aufgenommen werde, konnte Bruch auf Nachfrage von Aktionären nicht sagen. Dazu soll es in diesem Jahr eine Entscheidung geben.
Aufsichtsratschef Joe Kaeser sagte, die operative Sanierung und strategische Neuausrichtung des Windgeschäfts sei "von herausragender Bedeutung für das Gesamtunternehmen". Die - beschleunigte - Talfahrt der vergangenen zwei Jahre lasse nur noch "wenig Raum" für Enttäuschungen in dem Geschäft. "Das in weiten Teilen erfolgreiche Energiegeschäft darf nicht von weiteren Belastungen bei Siemens Gamesa beeinträchtigt werden." Er sprach dem Vorstand dabei das Vertrauen aus.
Das taten trotz der Kritik auch der Großteil der Aktionäre. Bei einer Vertretungsquote von knapp 61 Prozent des stimmberechtigten Aktienkapitals stimmten fast 98 Prozent für die Entlastung des Vorstandsvorsitzenden und knapp 97 Prozent für die des Aufsichtsratschefs.
Positiv wurden von den Aktionären hingegen der Vorschlag gewertet, die Wirtschaftsweise Veronika Grimm in den Aufsichtsrat zu berufen. Der Wahl werde man gerne zustimmen, so Schmidt von der DWS. Der Vorschlag überzeuge aus fachlicher Sicht und stelle "eine gute und unabhängige Ergänzung für den Aufsichtsrat dar". Ausscheiden wird unter anderem Ralf Thomas, Finanzvorstand der ehemaligen Konzernmutter Siemens.
Zuvor hatte es Aufregung um die Nominierung Grimms gegeben. Mitglieder des Sachverständigenrats der Bundesregierung befürchten Interessenskonflikte. Sie legten der Wissenschaftlerin nahe, auf ein Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy zu verzichten oder das Gremium zu verlassen.
Der Nominierungsvorschlag habe für Aufsehen gesorgt, gab Aufsichtsratschef Kaeser zu. "Neben einer Vielzahl von positiven und beeindruckten Stimmen wurden auch Fragen nach möglichen Interessenkonflikten aufgeworfen. Seien Sie versichert, dass der Nominierungsausschuss und Frau Professor Grimm diese Fragestellung auch mit maßgeblichen Stellen besprochen und geprüft haben", sagte er.
Neben Grimm soll auch Simone Menne in den Aufsichtsrat einziehen, ehemaliges Vorstandsmitglied von Lufthansa. Hier bemängelten Aktionäre die Ämterhäufung. Trotzdem stimmten knapp 97 Prozent des vertretenen Kapitals der Ernennung zu.
Bei Grimm hingegen zeigten sich die Spuren der Kritik deutlich. Ihrer Berufung stimmten nur gut drei Viertel zu. Laut Unternehmensmitteilung fiel hier ins Gewicht, dass ein einzelner Aktionär gegen die Berufung gestimmt habe. Ohne dieses Votum hätte die Zustimmung bei über 99 Prozent gelegen. Pikant ist, dass Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge nur zwei Aktionäre einen ausreichend großen Anteil an Siemens Energy haben, um unter Berücksichtigung der Vertretungsquote mit ihrer Entscheidung einen derartigen Unterschied zu machen: Die Ex-Mutter Siemens und deren Pensionsfonds.
Via XETRA ging es für die Siemens Energy-Aktie letztlich 1,17 Prozent auf 13,89 Euro aufwärts. /nas/mis/he
MÜNCHEN (dpa-AFX)
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