Warum Börsenexperte Jim Cramer nicht mit einer Rezession rechnet
Seit die US-Notenbank Fed mit zahlreichen Zinserhöhungen auf die ausufernde Inflation reagierte, grassieren Rezessionssorgen an den Märkten. Geht es nach Börsenkenner Jim Cramer deuten die ersten Quartalsergebnisse der Saison und andere Entwicklungen jedoch daraufhin, dass die Schwarzseher mit ihren düsteren Prognosen falsch liegen.
Werte in diesem Artikel
• Rezessionssorgen grassieren am Markt
• Jim Cramer verweist auf laufende Berichtssaison, um Rezessionssorgen zu entkräften
• Insbesondere Ergebnisse der US-Großbanken lassen Zweifel an bevorstehendem Abschwung aufkommen
Zahlreiche Marktexperten werden es nicht müde zu betonen, dass den USA eine Rezession ins Haus steht. Hintergrund dieser Sorgen ist die straffe Geldpolitik der US-Notenbank Fed, die den Leitzins zur Bekämpfung der hohen Inflation innerhalb kürzester Zeit um rund 500 Basispunkte anhob. So warnte erst kürzlich beispielsweise PIMCO-Mitgründer Bill Gross via Twitter, den US-Verbrauchern dürfte nach diesem Sommer das Geld ausgehen, was eine Rezession im vierten Quartal nach sich ziehen könne. Auch die US-Investmentbank JPMorgan geht davon aus, dass die US-Wirtschaft bis zum Ende des Jahres in eine Rezession abrutschen dürfte, wie sie in ihrem Halbjahresbericht 2023 schreibt.
Jim Cramer teilt Rezessionssorgen nicht
Anderer Meinung ist hingegen CNBC-Moderator Jim Cramer. Seiner Einschätzung nach, gäbe es durch die laufende Berichtssaison und andere Indikatoren mittlerweile genug Hinweise darauf, dass die Rezessionsargumente einer eingehenden Analyse nicht standhalten würden, wie er in seiner Sendung "Mad Money" darlegt. Um seine These zu untermauern hat der Börsenkenner vier Bereiche ausgemacht, die davon zeugen würden, dass es in naher Zukunft zu keinem wirtschaftlichen Abschwung kommen werde.
"Sicher, wir haben in dieser Berichtssaison erst einige Bilanzen gesehen, aber die, die wir gesehen haben, müssen als K.O.-Schläge für die Crash- und Rezessionsthesen angesehen werden, die die Debatte seit über einem Jahr dominieren", leitet Cramer seine Sendung ein. Denn ungeachtet der düsteren Prognosen, die der Wirtschaft einen Crash voraussagen, haben die Aktienmärkte in diesem Jahr bereits zweistellige Gewinne eingefahren. Dabei kann Cramer durchaus verstehen, dass es Rezessionssorgen am Markt gibt. Schließlich hätte wohl niemand gedacht, dass die US-Wirtschaft elf Zinserhöhungen innerhalb von nur 17 Monaten verkraftet, ohne sich merklich abzuschwächen. Und auch die inverse Zinskurve, die an den Anleihemärkten zu sehen ist, sei nicht von der Hand zu weisen. Hier sind die Renditen für kurzfristige Staatsanleihen höher als jene mit längerer Laufzeit - normalerweise ein eindeutiges Rezessionssignal. Jedoch gibt Cramer zu bedenken, dass diese Indikatoren manchmal auch falsch-positiv sein können. Denn auch die Bären am Markt müssten mittlerweile einsehen, dass ihre pessimistischen Prognosen bislang nicht eingetreten sind.
Immobilienmarkt weiterhin stark
Dies sei zunächst deutlich am Immobilienmarkt zu sehen. Schließlich gingen zahlreiche Experten davon aus, dass Hausbesitzer die ersten sein würden, die Schwierigkeiten bekommen würden, ihre Hypotheken zu zahlen, wenn die Zinsen erst angezogen werden. Dass es trotzdem zu keiner Krise auf dem Immobilienmarkt kommt, sei laut Cramer der Tatsache geschuldet, dass es ganz einfach zu wenig Häuser gäbe, das Angebot also zu klein sei. Die Käufer, die aktuell am Immobilienmarkt tätig seien, wären laut Cramer Personen, die zum Kauf Barmittel einsetzten und sich daher nicht um höhere Zinsen scheren müssten.
Transportsektor im Bullenmarkt
Ein weiterer Sektor, der laut Bären schwächer performen müsste, ist die Transportbranche. Tatsächlich gäbe es hier laut Cramer jedoch "einen richtiggehenden Bullenmarkt". Dies sei auch an dem einschlägigen US-Index Dow Jones Transportation abzulesen, der seit Jahresbeginn rund 24 Prozent zugelegt hat. "Diese Art von Action sollte eigentlich nicht an dieser Stelle im Straffungszyklus zu sehen sein. Wenn die Fed die Zinsen anzieht, sollte das den Handel drastisch drücken und das ist bisher nicht wirklich passiert", kommentiert der Börsenkenner.
Auch die Verbraucher würden sich weiterhin stärker als erwartet zeigen. Hier führt Cramer als Beispiel die Preiserhöhungen von Getränkeriese PepsiCo an, die dennoch nicht zu weniger Verkäufen geführt hätten. Auch dies sei sehr untypisch für eine Zeit in der die Zinsen stetig erhöht werden. Eigentlich sollte dann weniger konsumiert werden.
US-Banken überzeugen mit guten Ergebnissen
Die größten Zweifel an der Rezessionsrhetorik würden hingegen von den jüngsten Quartalsergebnissen der US-Banken JPMorgan, Wells Fargo, Charles Schwab, Morgan Stanley und der Bank of America gesät. Diese seien entgegen der Erwartungen sehr stark ausgefallen. Auch die Mini-Bankenkrise hätten die Finanzhäuser gut weggesteckt. Größte Überraschung und für zahlreiche Shortseller sicherlich auch sehr schmerzhaft waren die besser als erwartet ausgefallenen Ergebnisse von Charles Schwab. Viele Marktteilnehmer hatten das Finanzhaus im Zuge der US-Regionalbankenkrise bereits ebenfalls scheitern sehen und daher gegen die Bank gewettet. Wider Erwarten gab es keine Geldabflüsse bei dem Unternehmen, stattdessen konnte die Bank laut Quartalsbericht im zweiten Jahresviertel 52 Milliarden US-Dollar an neuen Vermögenswerten (netto) für sich gewinnen. Daneben hätte Charles Schwab fast eine Millionen neue Brokerage-Kunden angezogen. Cramer zeigt sich weiterhin überzeugt von dem Unternehmen, das im Zuge der Bankenkrise unter großen Druck geriet und dessen Anteilsschein seit Jahresanfang 20 Prozent an Wert verloren hat. Er ist der Meinung, dass die Aktie noch weiteres Aufwärtspotenzial hat, da sie übermäßig abgestraft worden sei, aber "ein tolles Franchise" darstelle.
"Diejenigen, die der Idee nachhängen, dass wir kurz davor stehen, in eine Rezession abzugleiten dürften all diese Beispiele beängstigend, wenn nicht deprimierend finden", fasst Cramer noch einmal zum Ende seiner Sendung zusammen, "Aber die Berichtssaison hat gezeigt, dass die Rezessionsthese einer eingehenden Analyse nicht standhält. Auch wenn noch so viele sogenannte Experten uns etwas anderes erzählen."
Redaktion finanzen.net
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