Grund für Lieferstopp

GAZPROM-Aktie verliert: GAZPROM spricht von Konstruktionsfehler bei Siemens Energy-Turbine

06.09.22 17:45 Uhr

GAZPROM-Aktie verliert: GAZPROM spricht von Konstruktionsfehler bei Siemens Energy-Turbine | finanzen.net

Der russische Gaskonzern GAZPROM macht den Lieferstopp über die Ostseepipeline Nord Stream 1 an einem angeblichen Konstruktionsfehler der eingesetzten Turbine von Siemens Energy fest.

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Wegen erhöhter Brand- und Explosionsgefahr habe die Technikaufsicht Rostechnadsor den Weiterbetrieb der Turbine untersagt, teilte GAZPROM am Montagabend in Moskau mit. Ein Betrieb mit den festgestellten Mängeln widerspreche "den Normen der russischen Gesetzgebung". Siemens wies die Darstellung zurück.

GAZPROM hatte am Samstag nach einer planmäßigen Wartung der Turbine die Gaslieferungen nach Europa nicht wieder aufgenommen. Das Unternehmen begründete dies mit angeblich austretendem Öl aus dem Aggregat von Siemens Energy.

Aus der Turbine Trent 60 in der russische Pumpstation Portowaja trete Öl aus an einer Stelle, an der es sehr heiß sei, schrieb GAZPROM am Montag. Das Öl könnte sich entzünden; dann bedrohe Explosionsgefahr die Sicherheit der ganzen Pumpstation. Bei einer Wartung dieser Turbine im Juli sei das Problem nicht aufgetreten. Es sei aber schon an anderen Turbinen dieses Typs beobachtet worden. Dies lasse darauf schließen, dass der Fehler in der Konstruktion angelegt sei und sich nur durch einen Umbau bei Siemens Energy beheben lasse.

Siemens Energy könne diese neue Darstellung nicht nachvollziehen, sagte ein Sprecher. Bis auf Weiteres gelte die Einschätzung, dass der mitgeteilte Befund keinen Grund für eine Einstellung des Betriebs darstelle. "Solche Leckagen beeinträchtigen im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht und können vor Ort abgedichtet werden." Auch in der Vergangenheit sei es wegen solcher Öllecks nicht zu einem Stillstand gekommen. Siemens Energy verweise darauf, dass in der Verdichterstation Portowaja genügend weitere Turbinen für einen Betrieb von Nord Stream 1 zur Verfügung stehen.

Die Bundesregierung hält die technischen Probleme mit der Pipeline für vorgeschoben. Sie wirft Moskau vor, die Gaslieferungen aus politischen Gründen zu verweigern. Der Kreml sieht die Schuld am Lieferstopp beim Westen und dessen Sanktionen gegen Russland.

Kreml 'bedauert' Probleme bei Nord Stream - Europa Schuld zugewiesen

In der Energiekrise weist der Kreml dem Westen weiter die Schuld an gestoppten Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 zu. "Wir wissen nicht, wie die Reparaturarbeiten durchgeführt werden sollen, weil die Sanktionen dies verhindern", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Die Verantwortung dafür liege bei den europäischen Staaten und den Staaten, die Sanktionen gegen das Land eingeführt hätten.

Der russische Staatskonzern GAZPROM hatte am Samstag nach einer planmäßigen Wartung der Turbine die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 nach Europa nicht wieder aufgenommen. Gazprom begründet den Lieferstopp mit austretendem Öl aus der Turbine und der daraus entstandenen Brandgefahr. Ursache für das Leck sei ein Konstruktionsfehler an der von Siemens Energy gelieferten Turbine.

Das Unternehmen widersprach der russischen Darstellung. "Solche Leckagen beeinträchtigen im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht und können vor Ort abgedichtet werden", sagte ein Sprecher von Siemens Energy am Montag. Auch früher sei es wegen solcher Öllecks nicht zu einem Stillstand gekommen.

Noch immer nimmt Russland mit dem Export von Gas, Öl und Kohle Milliarden ein. In den ersten sechs Monaten des Ukraine-Kriegs verdiente Russland mit dem Export fossiler Energieträger 158 Milliarden Euro, zeigt ein am Dienstag veröffentlichter Bericht der Forschungsorganisation Centre for Research on Energy and Clean Air (Crea). Das sei mehr als Russland nach Schätzungen für den Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgebe.

Wegen der angespannten Lage auf dem Energiemarkt prüft die EU-Kommission nun mehrere Möglichkeiten für einen Gaspreisdeckel. Ein Weg ist dabei, sich auf einen Höchstbezugspreis für russisches Gas zu verständigen, wie aus einem internen Papier hervorgeht, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die Preisgrenze könnte nach dem Diskussionspapier per Gesetz umgesetzt werden. Die EU könnte auch als einzelner Käufer mit Russland über Preise und Mengen verhandeln. Eine weitere Option ist demnach, den Preis an europäischen Handelsplätzen unter bestimmten Voraussetzungen zu deckeln. In einem früheren Entwurf hatte die EU-Kommission davon abgeraten, den Gaspreis in der gesamten EU zu deckeln. Der Gaspreisdeckel könnte am Freitag Thema beim Treffen der EU-Energieminister werden. Dann wollen die Minister über Notfallmaßnahmen wegen der stark gestiegenen Energiepreise beraten.

Am Dienstagnachmittag ist der Preis für europäisches Erdgas indes deutlich gesunken. Ein Grund dafür dürfte die mögliche Reaktion Europas auf die drohende Erdgaskrise sein. Am frühen Nachmittag kostete der Terminkontrakt TTF für niederländisches Erdgas etwa 220 Euro je Megawattstunde, rund zehn Prozent oder 25 Euro weniger als am Vortag.

In Deutschland gehen derweil die Anstrengungen weiter, möglichst unabhängig von russischem Gas zu werden. Eine Möglichkeit dabei sind Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) an der Nord- und Ostsee, die gerade im Eiltempo geplant und gebaut werden. Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, erwartet in diesem Winter den Einsatz von drei schwimmenden Flüssiggasterminals. Neben zwei staatlichen LNG-Terminals, bei deren Vorbereitungen es derzeit keine Verzögerungen gebe, sei auch die Inbetriebnahme eines privat betriebenen Terminals in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern in Aussicht gestellt, sagte Müller.

Der Chef der Bundesnetzagentur bekräftigte, dass die Einspeicherung von Gas in Deutschland ungeachtet des Gas-Lieferstopps durch Nord Stream 1 weitergehe. Inzwischen liege der Füllstand der Speicher bei 86 Prozent. Das sei möglich, weil Deutschland beim Einkauf hohe Preise zahle und es Einsparungen in der Wirtschaft, aber auch in anderen Bereichen gebe.

Netzagenturchef rechnet mit bis zu drei Flüssiggas-Terminals

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, erwartet in diesem Winter den Einsatz von bis zu drei schwimmenden Terminals für den Import von verflüssigtem Gas (LNG) in Deutschland. Neben zwei staatlichen LNG-Terminals, bei deren Vorbereitungen es derzeit keine Verzögerungen gebe, sei auch die Inbetriebnahme eines privat betriebenen Terminals in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern in Aussicht gestellt, sagte Müller am Dienstag nach Gesprächen mit der Thüringer Landesregierung. Bei einer Klausur auf Schloss Ettersburg bei Weimar ging es um die Versorgungssicherheit im Winter.

Drei LNG-Terminals an Nord- und Ostsee in diesem Winter - möglicherweise bereits zum Jahreswechsel zu 2023 - sowie insgesamt sechs bis sieben Terminals im kommenden Jahr würden Deutschland signifikante Importmöglichkeiten ermöglichen, sagte Müller. Die Terminals für verflüssigtes Gas seien wichtig bei der Vermeidung einer Gasmangellage. "Aber LNG-Gas ist teuer", fügte er hinzu.

Der Agenturchef und Thüringens Energieministerin Anja Siegesmund (Grüne) appellierten an die Bürger, Energie zu sparen. Im Vergleich zu den Vorjahren sollten 20 Prozent des Verbrauchs auch im privaten Bereich eingespart werden. "Das ist eine Herkulesaufgabe", so Müller. Es helfe aber, eine Gasmangellage in Industrie und Gewerbe zu verhindern. Siegesmund sprach von einem Winter der Solidarität.

Müller bekräftigte, dass die Einspeicherung von Gas in Deutschland ungeachtet des Gas-Lieferstopps durch die Pipeline Nord Stream 1 weitergehe. Inzwischen liege der Füllstand der Speicher bei 86 Prozent. Das sei möglich, weil Deutschland beim Einkauf hohe Preise zahle und es Einsparungen in der Wirtschaft, aber auch in anderen Bereichen gebe. Ziel sei, den Speicherfüllstand auf 95 Prozent zu bringen.

Die GAZPROM-Aktie zeigte sich an der Moskauer Börse zuletzt 1,7 Prozent tiefer bei 245,76 Rubel.

WLADIWOSTOK / MOSKAU / ETTERSBURG/BONN (dpa-AFX)

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Bildquellen: IgorGolovniov / Shutterstock.com, Merkushev Vasiliy / Shutterstock.com

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