Deutsche Bank: Helikoptergeld wäre einfach umsetzbar und wirksam
Die Deutsche Bank hält eine direkte Finanzierung von Wirtschaftsakteuren durch die Zentralbank für ein wirksames geldpolitisches Werkzeug.
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Der Einsatz des sogenannten Helikoptergeldes sei weniger kompliziert als weithin angenommen. Das geht aus einer aktuellen Studie des größten deutschen Kreditinstituts hervor. Die Deutsche Bank weist darauf hin, dass Helikoptergeld in verschiedenster Ausprägung schon oft ausgegeben wurde und daher ein herkömmlicheres Instrument sei als etwa Negativzinsen. Deutsche Politiker und Ökonomen lehnen Helikoptergeld aus verschiedenen Gründen überwiegend ab.
Den Begriff Helikoptergeld verwendete 1948 erstmals der spätere Nobelpreisträger Milton Friedman im Rahmen seiner monetären Theorie. In seiner heute gängigen Bedeutung versteht man darunter Geld, das die Zentralbank direkt an private Haushalte oder Regierungen gibt - sinnbildlich also vom Hubschrauber aus abwirft.
Das klingt allerdings einfacher, als es ist. Laut Deutscher Bank entfaltet der Geldsegen die erhoffte Wirkung auf Nachfrage und Inflation nämlich nur dann, wenn die so Bedachten sicher sein können, dass sich der Staat das Geld später nicht wieder zurückholt. "Die Verbindlichkeiten des privaten und staatlichen Sektors werden auf ewig fortgeschrieben und niemals fällig und die Zentralbank verpflichtet sich, mit Bilanzverlusten und negativem Eigenkapital zu leben", formuliert die Deutsche Bank die Bedingungen.
Schwierigkeit ist die richtige Dosis
Täte sie das nicht, stünde die Forderung nach einer Rekapitalisierung der Zentralbank im Raum, die letzten Endes die Wirtschaftsakteure zu finanzieren hätten. Diese Erwartung wiederum würde Haushalte und Unternehmen daran hindern, das "geschenkte" Geld tatsächlich voll nachfragewirksam auszugeben.
Der Markteinfluss von Helikoptergeld könnte laut Deutscher Bank "potenziell groß, aber nicht-linear" sein. Ein Erfolg wäre der Einsatz von Helikoptergeld dann, wenn er zu einem geordneten Anstieg der Inflationserwartungen führen würde. Die wiederum würden zu höheren Renditen, steileren Zinskurven bei festverzinslichen Papieren, einer schwächeren Währung und höheren Aktienkursen führen.
Die Schwierigkeit bestünde aus Sicht der Zentralbank wie schon bei QE darin, die richtige Dosis zu finden: Zu viel Helikoptergeld könnte die Inflationserwartungen ausufern lassen, zu wenig zu Enttäuschung und sogar noch geringeren Wachstumserwartungen führen.
Aber wie soll Helikoptergeld praktisch verteilt werden, wenn nicht mit dem Helikopter? Die Deutsche Bank denkt an unterschiedlich aggressive Methoden - von einem Ankauf von Staatsanleihen, kombiniert mit erhöhten Staatsausgaben, über Barzahlungen an Regierungen und der Abschreibung von Zentralbankforderungen an Staaten bis hin zu direkten Geldtransfers an die Öffentlichkeit.
1. Ankauf von Staatsanleihen, höhere Staatsausgaben Diese am wenigsten unkonventionelle Methode wird bereits angewandt, wenn auch mit wenig expliziter Koordinierung beider Elemente. Die Geldbasis steigt vorübergehend. Durch den Ankauf verzinster Staatsanleihen im Rahmen von QE sinken die Finanzierungskosten des Staats. Dieser kann mehr Geld ausgeben. Aktiv- und Passivseite der Zentralbankbilanz vergrößern sich parallel. Kann jederzeit rückgängig gemacht werden.
2. Geldtransfer an Regierungen
Die Zentralbank überweist dem Finanzministerium direkt das Geld und erhält dafür Anleihen mit ewiger Laufzeit und Nullkupon. Die an der Wirtschaftsleistung gemessene Staatsverschuldung bleibt trotz höherer Ausgaben konstant. Was diese Form von Helikoptergeld für die Bilanz der Zentralbank bedeutet, hängt von der Art der Transaktion ab. Erhält die Regierung das Geld im Tausch gegen Nullkuponanleihen, steigen sowohl Aktiva als auch Passiva. Doch die Zentralbank macht einen Verlust, weil sie selbst keine Zinsen erhält, ihrerseits aber im Fall steigender Zinsen welche für Bankeinlagen zahlen muss.
3. Erlass bestehender Anleiheverbindlichkeiten des Staats
Die Zentralbank kann Forderungen gegen den Staat einseitig restrukturieren oder erlassen. Das bessert dessen Schuldentragfähigkeit und gibt ihm mehr Spielraum für Ausgaben. Diese Methode kann die Zentralbank entweder einmal oder stufenweise anwenden. So könnte sie auf 5 Prozent der Außenstände verzichten, bis ein bestimmtes Ziel erreicht ist. Wie im Falle Griechenlands könnte sie zwischen Anleihen in öffentlicher und privater Hand unterscheiden und so das Auslösen von Kreditversicherungen (CDS) vermeiden. Schon der Ankauf von Staatsanleihen mit negativen Renditen enthält laut Deutscher Bank ein Element dieser Methode, da sie der Zentralbank Verluste bescheren.
4. Geldtransfer an Haushalte
Die radikalste Art von Helikoptergeld bestünde darin, privaten Haushalten Geld über Schecks, Konten oder Zuschüsse zum Staatsanteil an der Rente zu geben. Damit würde das Finanzministerium völlig umgangen. Bei dieser Methode stünde dem Anstieg auf der Passivseite nichts gegenüber. Die Zentralbank würde einen Verlust schreiben müssen.
Könnte auch die Europäische Zentralbank "Geld abwerfen"? Die Deutsche Bank meint: Ja, ganz sicher, wenn sie dabei die Regierungen beiseite lässt. Denn monetäre Staatsfinanzierung ist ihr verboten. Sie verweist darauf, dass EZB-Präsident Draghi Helikoptergeld als "interessantes Konzept" bezeichnet hat und sein Chefvolkswirt Peter Praet die Frage bejahte, ob eine Zentralbank Geld direkt an die Menschen verteilen könnte. "Ja, alle Zentralbanken können das", sagte Praet.
Aber auch eine Beteiligung des Staats will die Deutsche Bank nicht völlig ausschließen. Sie weist auf die Möglichkeit hin, dass die EZB der Europäischen Investitionsbank Anleihen mit sehr langer Laufzeit und sehr niedrigem Kupon abkaufen könnte. Das dabei entstehende Geld könnte für Infrastrukturinvestitionen eingesetzt werden.
FRANKFURT (Dow Jones)
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