Geldanlage-Report Armin Brack

Value-Investoren: Die einsamen Rufer in der Wüste

28.05.18 16:47 Uhr

Value-Investoren: Die einsamen Rufer in der Wüste | finanzen.net

Manchmal kann es an der Börse sehr einsam werden. Zum Beispiel dann, wenn man als Aktieninvestor einen Anlagestil huldigt, der gerade "out" ist und man noch dazu ein paar riesige Flops hintereinander gelandet hat.

Vor dieser Erfahrung sind auch die prominentesten und schwergewichtigsten (was die Assets under Management betrifft) nicht gefeit.

Vorab aber wie gewohnt der Hinweis auf mein neuestes Video: "Aktien-Rallye: Warum die USA besser sind als Deutschland": https://www.youtube.com/watch?v=56NRdvaEGr0

Das aktuell wohl bekannteste Opfer ist der US-Hedgefonds-Manager David Einhorn. Vor etwas mehr als 5 Jahren war er noch der Star der Szene. Das Handelsblatt widmete ihm eine ausführliche Story mit dem Titel "Der Mann, der Apple das Fürchten lehrt".

Darin wird u.a. seine Performance gewürdigt:

Seit der Gründung im Jahr 1996 habe Greenlight Capital laut Forbes eine durchschnittliche Rendite von 21 Prozent erzielt. Die Gesellschaft verwalte knapp acht Milliarden Dollar (in der Spitze Ende 2014 waren es sogar 12 Milliarden US-Dollar). Gestartet war er 1996 mit nur 900.000 US-Dollar. Einhorns eigenes Vermögen werde auf 1,2 Milliarden Dollar geschätzt. Doch vermutlich ginge es Einhorn gar nicht allein um das Geld. Wer Einhorn kenne, der wisse, dass es für ihn noch andere Motive gebe: Macht und Einfluss.

Der Anlagestil von Einhorn: Er kauft abgestrafte Aktien von Firmen, die gerade dabei sind einen Turnaround zu vollziehen und verkauft die von überbewerteten Firmen. Wobei verkaufen im Falle eines Hedgefonds-Managers bedeutet, dass er auf fallende Kurse setzt. Entweder via Short-Positionen oder durch eine entsprechende Positionierung im Optionshandel.

Zeitsprung in den Mai 2018: Die von Greenlight erzielte Rendite liegt seit Ende 2014 bei minus 25 Prozent - und das in einer Zeit, in der die Aktienmärkte eine gigantische Rallye hinter sich haben. Seine Kunden haben alleine in den letzten beiden Jahren drei Milliarden US-Dollar aus seinen Fonds abgezogen. Kritiker bemängeln, er habe seinen Fonds zu groß werden lassen, was ihn dazu zwang in große Firmen wie General Motors zu investieren und nicht mehr in kleinere und mittelgroße Unternehmen, die ihn einst so erfolgreich gemacht haben.

Fakt ist: Mit seinen großen Investments in den inzwischen insolventen Solarprojektierer SunEdison und in das Kohleunternehmen Consol Energy landete Einhorn zwei veritable Flops, die seiner Performance massiv geschadet haben. Nassim Nicholas Taleb, Autor von "Narren des Zufalls" (im Original "Fooled by Randomness"), würde sagen: Klar, ist eh nur ein Glücksspiel. War ja klar, dass es früher oder später so kommen musste.

Über diese Aussage kann man nun lange trefflich streiten, was aber nicht wirklich zu etwas führen würde. Interessanter ist aber der zweite Grund für die jüngste Underperformance von Einhorn: Er setzt auf ein Comeback der Value-Aktien und spekuliert gegen die hoch bewerteten Technologie-Giganten. In seinem "Bubble-Basket", in dem er Firmen versammelt, die er für dramatisch überbewertet hält, befinden sich u.a. Netflix und Amazon.com. Und das schon länger. Umgekehrt hält er stur an seiner Long-Position in der sehr niedrig bewerteten General Motors fest.

Bisher lag er in 2018 in seinem 5,5 Milliarden US-Dollar-Portfolio mit fast allen seiner Top 40-Positionen falsch. Das ist natürlich eine verheerende Bilanz, wobei natürlich gerade bei solch kurzen Zeiträumen der Zufall eine sehr große Rolle spielt. Ihn selber scheint denn auch seine Performance überhaupt nicht zu verunsichern. In seinem Investorenbrief schreibt er: "Wir glauben, dass unsere Investmentthesen weiter intakt sind. Trotz der jüngsten Resultate sollte unser Portfolio mit der Zeit gut performen." Seine jungen Analysten, die ihm sagen, dass seine Bewertungsmethoden altmodisch seien, weist er barsch zurück, berichten Insider.

Viele seiner Value-orientierten Hedgefonds-Kollegen haben inzwischen ihre Strategie geändert und entweder quantitative Modelle beim Auswahlprozess integriert oder setzen auf Machine Learning. Kollege Dan Loeb kauft sogar Wachstumsaktien wie Facebook oder Netflix. Einhorn dagegen bleibt seinem Stil eisern treu. Vor kurzem gab es wohl ein Dinner unter Hedgefonds-Managern, wo jeder seine Aktienideen vorstellte. Einhorn berichtete danach, dass die Wetten seiner Kollegen dafür gesorgt hätten, dass er nun seine Positionen noch lieber mag.

Manche Investoren bewundern diese Standhaftigkeit und Überzeugung in einem sich rapide verändernden Marktumfeld. Sie fragen sich aber auch, wie man überleben kann, wenn einem Investoren und der Markt sagen, man solle sich ändern. Es gebe nur eine Chance: Der Markt müsse sich schnell in Richtung seiner Anlagestrategie wandeln. Sonst könnte eine Art Massen-Exodus der Anleger aus seinem Fonds in Gang kommen. Dabei ist nicht zu vergessen: Wer 1996 100.000 US-Dollar investiert hat und bis jetzt dabei geblieben ist, der hat nun 1,9 Millionen US-Dollar.

Immerhin klang Einhorn in einem Investorenbrief Ende vergangenen Jahres etwas vorsichtiger. Darin schrieb er: "Vielleicht gibt es tatsächlich ein neues Paradigma, um Aktien zu bewerten und wir sind die Gelackmeierten. Die Zeit wird es zeigen."

Mich erinnert das Ganze etwas an das Schicksal eines anderen großen Investors, wenn nicht des größten Investors aller Zeiten, kurz vor der Jahrtausendwende: Warren Buffett.

In den drei Jahren bis Ende 1999 hatte die Aktie von Berkshire Hathaway den S&P 500 im Durchschnitt um 7,6 Prozent pro Jahr underperformt. Nimmt man die fünf vorausgegangenen Jahre errechnete sich eine schwächere Rendite im Vergleich zum S&P 500 von immerhin noch 3,8 Prozent pro Jahr. Wer also nur diesen relativ kurzen Zeitrahmen bei der Performance-Betrachtung herangezogen hatte, der wäre Anfang der 2000er-Jahre nie auf die Idee gekommen, die Berkshire Hathaway-Aktie zu kaufen. Aber genau das wäre die richtige Entscheidung gewesen.

Auch damals gab es Artikel, die behaupteten, dass Buffetts Investmentansatz in der technologie-dominierten "neuen Normalität" des Aktienmarktes nicht mehr funktioniere. Buffett interessierte sich herzlich wenig dafür und blieb bei seiner bewährten Strategie:

- Bekannte Marken mit einem breiten "Burggraben", also quasi von der Konkurrenz unüberwindbaren Wettbewerbsvorteilen; - Einfache und leicht zu verstehende Produkte und Dienstleistungen; - Konsistente und solide Gewinne über lange Zeiträume; - Eine niedrige und handhabbare Verschuldung sowie - guten Eigenkapitalrenditen und soliden anderen Profitabilitätskennzahlen.

Wie wir wissen hat sich das als goldrichtig erwiesen. Seither hat die Berkshire Hathaway-Aktie den S&P 500 in Punkto Performance regelrecht pulverisiert:

Quelle: comdirect.de blaue Linie: S&P 500 schwarze Linie: Berkshire Hathaway

Ich bin davon überzeugt, dass es diesmal wieder so kommen wird und die Value-Investoren mittel- und langfristig die Nase vorn haben werden.

Dabei ist es wichtig, folgendes zu verstehen: Es gibt gute Gründe dafür, warum in den letzten Jahren Firmen wie Apple, Facebook, Amazon, Alphabet oder Netflix so dominant geworden sind. Ich bin darauf in meinem jüngsten Video auf meinem Aktien-Kanal "Aktien-Rallye: Warum die USA besser sind als Deutschland" eingegangen: https://www.youtube.com/watch?v=56NRdvaEGr0

Diese strukturellen Gründe werden höchst wahrscheinlich auch weiter bestehen bleiben und den USA auch in Zukunft einen gewaltigen Wettbewerbsvorteil bei der Erschaffung von revolutionären Innovationen verschaffen.

Daraus lässt sich aber überhaupt nicht folgern, dass deshalb US-Technologieaktien den Markt weiter outperformen werden. Was zählt ist letztendlich der Preis und wieviel der - ohne Zweifel sehr guten - Wachstumsperspektiven bei den genannten Aktien bereits eingepreist ist. Und das ist meiner Meinung nach speziell bei Amazon mehr als genug!

MEIN FAZIT: Langfristig erfolgreiche Investoren bleiben konsequent bei ihrer in der Vergangenheit bewährten Strategie und lassen sich nicht von "Modebewegungen" und temporärer Underperformance verunsichern. Der Spruch "Diesmal ist alles anders" war in der Vergangenheit mit der teuerste an den Aktienmärkten. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in einem der genannten Wertpapiere / Basiswerte zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert: Es können daher keine Interessenskonflikte vorliegen Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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