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Verteidigung neu ausgerichtet - Diese Rüstungsaktien sind einen Blick wert

06.05.22 01:00 Uhr

Verteidigung neu ausgerichtet - Diese Rüstungsaktien sind einen Blick wert | finanzen.net

Die weltweiten Rüstungsausgaben sind auf ein Rekordniveau gestiegen. An der Börse profitieren vor allem die deutschen Unternehmen.

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von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Eine klare Botschaft soll es sein: Man werde Himmel und Erde in Bewegung setzen, um der Ukraine zu helfen, verspricht der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin. Vertreter aus mehr als 40 Staaten der westlichen Welt haben sich auf dem Militärstützpunkt im pfälzischen Ramstein getroffen. Es soll nicht bei Worten bleiben - Ausrüstung im Wert von mehr als fünf Milliarden Dollar für die Ukraine sind bereits zugesagt. Auch Deutschland wagt sich aus der Deckung: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigt die Lieferung von Flugabwehrpanzern des Typs Gepard an. Damit rückt die Bundesregierung von ihrer Position ab, keine schweren Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern.

Der Putin-Schock zeigt Wirkung: Den größten Anstieg der Verteidigungsausgaben in Europa seit 30 Jahren, also dem Ende des Kalten Krieges, erwartet die Investmentbank JP Morgan nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Investieren alle europäischen NATO- Mitglieder die vom Bündnis geforderten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in das Militär, würden die Verteidigungsausgaben auf dem Kontinent um 25 Prozent steigen.

Auch in Deutschland gelten neue Regeln. Über Jahrzehnte ging es für das Verteidigungsministerium vor allem darum, das Budget der Regierung zu entlasten. Die Konsequenz ist eine Bundeswehr, deren Infrastruktur sich "zum Teil in einem maroden Zustand" befindet, wie es im Bericht der Wehrbeauftragten Eva Högl heißt. Jetzt ist plötzlich Geld da. 100 Milliarden Euro Sondervermögen hat die Regierung bewilligt. Zusätzlich soll der Wehretat über die Schwelle von zwei Prozent steigen. Auf dem Bestellzettel stehen unter anderem Kampfflugzeuge vom Typ F-35 aus der Produktion von Lockheed Martin und Eurofighter, die von einem Konsortium unter Führung von Airbus produziert werden. Auf der Suche nach einem Transporthubschrauber wird sich die Bundeswehr dem Vernehmen nach für den Chinook von Boeing entscheiden.

Dreistellige Kursgewinne

Die Aktienmärkte haben wie immer schnell reagiert. Vor allem die stark vom deutschen Haushalt abhängenden Unternehmen gehören zu den Gewinnern: Die Aktie von Rheinmetall, dem prominentesten deutschen Rüstungskonzern, ist seit Kriegsausbruch um rund 120 Prozent gestiegen. Der Börsenwert von Hensoldt, einem Spezialisten für Radar- und Sensortechnologie, hat sich in etwa verdoppelt.

Die Unternehmen selbst bemühen sich in der Außendarstellung um einen sachlichen Tonfall. Niemand will als Kriegsprofiteur dastehen. Waffen, das liegt in der Natur der Branche, werden nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung gesehen: "Sicherheit - das zeigt der aktuelle Konflikt - ist die Grundlage für unser Leben in Frieden und Freiheit. Dabei steht Rheinmetall in einem besonderen Maß in der Pflicht", erklärte Konzernchef Armin Papperger bei der Präsentation des Geschäftsberichts im März.

Zuletzt meldete Rheinmetall einen neuen Auftrag für die Lieferung von 100 Radpanzern des Typs Boxer an die britische Armee und eine Munitionsbestellung im Volumen von mehreren Hundert Millionen Euro aus Ungarn. Um 15 bis 20 Prozent soll der Umsatz der Düsseldorfer allein in diesem Jahr steigen, das bei einer operativen Marge von elf Prozent. Das dürfte aber nur der Anfang sein. Produkte im Wert von 42 Milliarden Euro hat Rheinmetall allein der deutschen Regierung angeboten.

Munitionsmangel

Da viele der Projekte langfristig laufen und die Auftragsvergabe bürokratische Hürden nehmen muss, werden die Effekte auf die Konzernbilanz zunächst unspektakulär ausfallen. Im ersten Schritt dürfte Rheinmetall vor allem die kärglichen Munitionsbestände der Bundeswehr auffüllen. 400 bis 500 Millionen Euro Extraumsatz werden im laufenden Jahr erwartet. Wichtiger wird das Geschäftsjahr 2023, kalkulieren die Analysten der Deutschen Bank. Am 6. Mai will Rheinmetall den Bericht zum ersten Quartal vorlegen und sich dabei auch zum Geschäftsausblick und dem Auftragsbestand äußern.

Einen Tag vor Rheinmetall gewährt Hensoldt Einblick in seine Geschäftszahlen. Das Unternehmen aus dem bayerischen Taufkirchen wurde vor etwas mehr als fünf Jahren aus dem Airbus- Konzern herausgelöst. Als Elektronikspezialist liegt der Fokus auf größeren Projekten wie dem Eurofighter. Auch für den Schützenpanzer Puma ist Hensoldt Zulieferer. Dieses Geschäft dürfte nicht sofort in den Bilanzen sichtbar sein, wird von der Börse aber schon jetzt eingepreist. Nur ein Nebenbereich ist das Rüstungsgeschäft bei Airbus und MTU Aero Engines. Die beiden DAX-Konzerne konzentrieren sich vor allem auf die zivile Luftfahrt - Airbus als Flugzeughersteller, MTU als Spezialist für Triebwerke. Das Rüstungsgeschäft ist jedoch eine lukrative Nische, die sich die beiden Konzerne nicht entgehen lassen wollen.

Defensive Investments

Das Geschäft mit Waffen hat eine eigene Dynamik. Große Projekte laufen über viele Jahre, manchmal Jahrzehnte, und bringen einem Unternehmen einen zuverlässigen Strom an Einnahmen, auch für Wartung und Ersatzteile. Die Bereitschaft der Staaten, Geld in neue Militärprojekte zu stecken, schwankt mit der geopolitischen Lage. Nach Ende des Kalten Krieges schrumpften die Budgets kräftig. Ein Wendepunkt waren die Terroranschläge auf New York und Washington im September 2001. Die kurze Phase der Entspannung Mitte des vergangenen Jahrzehnts war schnell vorüber. Im vergangenen Jahr haben Staaten weltweit erstmals mehr als zwei Billionen Dollar für Waffen ausgegeben.

Die vom schwedischen SIPRI-Institut errechnete Summe von 2.113 Milliarden Dollar entspricht einen Anstieg von mehr als sechs Prozent zum Vorjahr und etwa 2,2 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Während in Europa Putin Schrecken verbreitet, richtet sich in Asien die Aufmerksamkeit auf China. Als Reaktion auf die Aufrüstung des Roten Riesen haben insbesondere Japan und Australien ihre Verteidigungsbudgets aufgestockt.

Die Giganten der Rüstungsindustrie wie Lockheed Martin und Raytheon kommen aus den USA, schließlich wird dort das weltweit größte Militärbudget vergeben. In Deutschland steht die Branche noch immer im Schatten. Die hiesige Finanzindustrie hat die Erfahrung gemacht, dass sich Investmentprodukte besser verkaufen lassen, wenn sie nachhaltig sind. Die Deutsche Börse schließt für ihren DAX 50 ESG unter anderem die Hersteller "umstrittener" Waffen aus. Neben Airbus trifft der Bann auch Rheinmetall - die mit Abstand beste Aktie des Jahres aus dem breiten deutschen Aktienmarkt ist somit nicht dabei.

Hensoldt

Kleiner Dämpfer

Der Großaktionär KKR hat den Kurssprung bei Hensoldt Anfang April zum Ausstieg genutzt. Das hat der Aktie einen Dämpfer verpasst. Neuen Schwung könnten die für den 5. Mai angekündigten Quartalsergebnisse bringen. Neben den aktuellen Zahlen dürfte angesichts des Sonderbudgets der Bundeswehr auch der längerfristige Geschäftsausblick eine wichtige Rolle spielen. Auf dem aktuellen Bewertungsniveau sollten Anleger zunächst abwarten.

Lockheed Martin

Der amerikanische Riese

Bei den US-Rüstungsriesen ist der Hebeleffekt der NATO-Aufrüstung nicht so stark wie bei den deutschen Wettbewerbern. Lockheed Martin, der weltgrößte Rüstungskonzern, verfehlte im ersten Quartal bei Umsatz und operativem Gewinn u. a. wegen Problemen in der Lieferkette die Analystenerwartung. Der für den Kampfjet F-35 bekannte Konzern bleibt im aktuellen Umfeld als Marktführer trotzdem ein starkes defensives Investment.

Rheinmetall

Waffenkammer geöffnet

Die Aktie des Industriekonzerns wird ganz klar vom Rüstungsgeschäft getrieben. Die Aufrüstung der Bundeswehr und anderer NATO-Staaten wird Umsatz und Gewinn kräftig antreiben. Das im MDAX notierte Unternehmen hat nach eigenen Angaben keine Probleme, die Kapazitäten zügig auszuweiten. Das Auftragsvolumen dürfte über mehrere Jahre hinweg steigen. Wir sehen bei Rheinmetall weiter Überraschungspotenzial.




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Bildquellen: Lockheed Martin

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