Verteidigung: Bedürfnis nach Sicherheit
Der Krieg in der Ukraine lässt Politik und Investoren in Europa umdenken. Zu den Profiteuren zählen deutsche Rüstungsfirmen.
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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Es geht um Leben und Tod", so die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Montag in Brüssel. Deshalb sei es auch eine Frage der Sicherheit, "dass nicht jeder losgeht und herausposaunt, welche Waffen wann und wo geliefert werden".
Dass aber die von Russland überfallene Ukraine mit weiteren Rüstungsgütern unterstützt werden soll, ist in der westlichen Politikergilde unstrittig. Beim Treffen der EU-Außenminister verkündete Baerbock, dass die Europäische Union das Volumen für Waffenlieferungen verdoppeln und auf insgesamt eine Milliarde Euro aufstocken werde. Deutschland zahle dafür weitere 130 Millionen Euro. Die Bundesregierung wolle sich darum kümmern, dass Bestellungen bei deutschen Rüstungsfirmen schnell umgesetzt werden können.
Lange Zeit in die Schmuddelecke verbannt, stehen Waffenlieferanten aktuell im Zentrum des Interesses. Denn der russische Einmarsch ins Nachbarland bedeutet eine Zeitenwende für die europäische Sicherheitsarchitektur. Vor allem an einer Erkenntnis kommt kaum mehr jemand vorbei: Der Alte Kontinent muss lernen, sich selbst zu verteidigen und dafür zunächst einmal sein militärisches Fundament erneuern. Aufrüstung ist angesagt in den nächsten Jahren - auch dieses Signal ging zu Wochenbeginn von Brüssel aus.
Auf dem Weg zur Militärmacht
Zusammen mit den Verteidigungsministern beschlossen die EU-Außenminister einen neuen sicherheitspolitischen Leitfaden. Der "strategische Kompass", wie das Dokument offiziell heißt, soll Europa den Weg in Richtung Militärmacht weisen. Bis 2025 soll erst einmal eine schnelle Eingreiftruppe mit 5.000 Soldaten stehen, vielleicht die Vorstufe zu einer europäischen Armee.
Der strategische Kompass enthält zudem ein Bekenntnis zu höheren Verteidigungsausgaben. Vorgesehen ist eine gezielte Förderung der europäischen Rüstungsindustrie und mehr grenzüberschreitende Kooperation bei der Entwicklung neuer Waffensysteme. Die Unternehmen sollen zudem leichter an privates Kapital kommen, und die EU will gemeinsame Verteidigungsprojekte von der Mehrwertsteuer befreien.
Das bedeutet einen grundlegenden Wandel im Verhältnis von Politik und Investoren zur Rüstungsindustrie. Unlängst wurde in Brüssel noch erörtert, Waffenschmieden mit einem negativen Investitionslabel zu versehen. Kurz vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs forderten die deutschen Rüstungshersteller aber, ihre Geschäfte als nachhaltig einzustufen. Hintergrund ist ein EU-Regelwerk zur Sozialtaxonomie, das 2023 oder 2024 beschlossen werden könnte.
Die dort festgelegten Standards werden - zusammen mit der Umwelttaxonomie - maßgeblich darüber bestimmen, welche Unternehmen als nachhaltig angesehen werden und wohin die großen Investitionsströme fließen. Das könnte die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen aus der Verteidigungsindustrie deutlich verbessern.
Das Argument der Rüstungsbranche, die sich in Stellung bringt: "Ohne unsere Rüstungsgüter gäbe es keine Sicherheit und keinen Frieden, dies sollte die EU bei der Erarbeitung neuer Vorgaben berücksichtigen", so Hans Christoph Atzpodien vom Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Thomas Müller, Vorstandschef des Radarspezialisten Hensoldt, zeigte sich unlängst im Interview mit €uro am Sonntag (Ausgabe 10/22, S. 9) optimistisch: "Im Lichte des Kriegs in der Ukraine wird die Diskussion um die EU-Taxonomieregeln sicher eine neue Dynamik erhalten. Ich gehe davon aus, dass unsere Position Gehör findet."
Wie sehr alte Denkmuster aktuell umgekrempelt werden, zeigt auch das Beispiel Atomkraft. Erst kürzlich bewertete die EU-Kommission im Hinblick auf die Umwelttaxonomie diese Art der Energieerzeugung unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig.
Titel der Rüstungsindustrie sind vor dem Hintergrund des breiten Bewusstseinswandels nicht nur kurzfristig spannend für Anleger. So dürften zum einen heimische Unternehmen wie Rheinmetall oder MTU zu den Profiteuren der Aufrüstung zählen. Aber auch bei Firmen aus dem größten Rüstungsmarkt der Welt, den USA, dürfte sich die gestiegene Nachfrage mittelfristig bemerkbar machen (s. Investor-Info).
Keine breiten Anlagelösungen
Wer in die Branche investieren will, tut dies als deutscher Anleger am besten über Einzeltitel. Breit aufgestellte Aktienkörbe sind hierzulande praktisch nicht erhältlich. Es gibt zwar einige börsengehandelte Indexfonds (ETFs), aber die beinhalten in der Regel nur US-Unternehmen und sind allesamt an US-Börsen notiert. In Deutschland besitzen die Produkte keine Vertriebszulassung und sind nur mit Mühe zu bekommen.
Auch bei aktiv gemanagten Portfolios wurde das Thema Rüstung in den letzten Jahren nahezu komplett in den Hintergrund gedrängt. Vor fast zehn Jahren verschwand mit dem Callander Global Security hierzulande der letzte Fonds zum Thema Sicherheit, bei dem Waffenfirmen eine substanzielle Rolle spielten. Das dürfte sich im Zuge eines neuen europäischen Sicherheitsbedürfnisses ändern, wenn Rüstungsfirmen künftig als "nachhaltig" gelten.
INVESTOR-INFO
Lockheed Martin
Jets, Hubschrauber, Raketen
Rund 40 Prozent von 67 Milliarden Dollar Erlös für 2021 lieferten Lockheed Martins Kampfjets, darunter der F-35, den die Bundeswehr nun bestellen will. Die Sparte Rotary und Mission entwickelt die Militärhubschrauber Blackhawk und Seahawk und steht für ein Viertel des Umsatzes. Satelliten und Kommunikationssysteme liefern ein Fünftel. Raketensysteme erwirtschaften 15 Prozent. Bisher erwarten Analysten für 2022 einen moderaten Umsatzrückgang auf 66,1 Milliarden Dollar sowie zwölf Prozent mehr Gewinn, etwa 7,1 Milliarden Dollar.
Raytheon
Triebwerke und Laserwaffen
Zu Raytheon Technologies gehören neben der Triebwerkssparte Pratt & Whitney (30 Prozent des Umsatzes) und der Servicesparte Collins Aerospace (30 Prozent) auch Missiles & Defence und Intelligence & Space, die Raketensysteme sowie Laser- und Cyberwaffen produzieren und jeweils für ein Fünftel des Umsatzes sorgen. Für 2022 erwarten Analysten gut 69 Milliarden Dollar Umsatz, sieben Prozent mehr. Sieben Milliarden Dollar Gewinn sollen es werden, plus acht Prozent. Positive Überraschungen sind möglich.
Rheinmetall
Rekordauftragsbestand
Bei der Vorlage der Bilanz im März präsentierte Rheinmetall mit 24,5 Milliarden Euro einen Rekordauftragsbestand. Die Düsseldorfer sind einer der größten Hersteller militärischer Heerestechnik in Europa. Die Aussichten auf einen großen Anteil an Deutschlands 100 Milliarden Euro Sondervermögen für Rüstung sind gut. Für 2022 erwartet Rheinmetall 15 bis 20 Prozent mehr Umsatz.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Lockheed Martin, Boeing
Nachrichten zu Rheinmetall AG
Analysen zu Rheinmetall AG
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12.11.2024 | Rheinmetall Neutral | UBS AG | |
08.11.2024 | Rheinmetall Buy | Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG | |
08.11.2024 | Rheinmetall Hold | Deutsche Bank AG | |
07.11.2024 | Rheinmetall Neutral | UBS AG | |
07.11.2024 | Rheinmetall Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) |
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08.11.2024 | Rheinmetall Buy | Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG | |
07.11.2024 | Rheinmetall Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
07.11.2024 | Rheinmetall Buy | Warburg Research | |
07.11.2024 | Rheinmetall Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
07.11.2024 | Rheinmetall Overweight | JP Morgan Chase & Co. |
Datum | Rating | Analyst | |
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12.11.2024 | Rheinmetall Neutral | UBS AG | |
08.11.2024 | Rheinmetall Hold | Deutsche Bank AG | |
07.11.2024 | Rheinmetall Neutral | UBS AG | |
18.10.2024 | Rheinmetall Hold | Deutsche Bank AG | |
11.10.2024 | Rheinmetall Hold | Deutsche Bank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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25.01.2017 | Rheinmetall Sell | Deutsche Bank AG | |
06.11.2015 | Rheinmetall Sell | S&P Capital IQ | |
12.08.2015 | Rheinmetall Sell | S&P Capital IQ | |
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