Der große Aktien-Check: Das sind die echten Schnäppchen!
Nach der Korrektur scheinen viele Aktien billig, doch nur wenige sind wirklich günstig. Wo der Einstieg lohnt.
Werte in diesem Artikel
von Florian Westermann, Euro am Sonntag
Der Börsenmotor stottert. Der DAX liegt seit Jahresanfang rund elf Prozent im Minus. MDAX, SDAX und TecDAX kamen ebenfalls unter die Räder. Doch wie haben sich die Bewertungen der Aktien entwickelt? Die Redaktion hat 160 Aktien aus dem DAX und den deutschen Nebenwerteindizes untersucht und die günstigsten herausgefiltert. Grundlage unserer Analyse war dabei das KGV auf Basis der für die nächsten zwölf Monate erwarteten Gewinne (siehe Glossar unten).
Das überraschende Ergebnis: Trotz der deutlichen Korrektur sind viele Aktien nicht wirklich preiswert - das KGV liegt vielfach über dem Mittelwert der vergangenen zehn Jahre. Lediglich bei 18 der 160 Titel wurde ein Bewertungsabschlag von zehn Prozent oder mehr ermittelt. Der Grund: Zum einen haben viele Aktien einen Teil ihrer Verluste bereits wettgemacht. An Werten wie Adidas oder Cancom ist die Korrektur sogar komplett vorbeigegangen. Überdies haben viele Analysten ihre Gewinnprognosen gesenkt und damit stiegen auch die Bewertungskennzahlen.
Den höchsten Bewertungsabschlag weist die Lufthansa auf. Mit einem KGV von fünf für das Jahr 2016 sind die Aktien 55 Prozent günstiger als im Mittel der vergangenen zehn Jahre. Komplexe Konzernstrukturen und das streikfreudige Personal sind jedoch ein Risiko. Zudem ist die Fluggesellschaft chronisch unzuverlässig. Seit 2009 fiel die Dividende dreimal aus. Deshalb spricht unserer Meinung nach nicht viel für einen Einstieg.
Das Beispiel zeigt, dass das KGV nicht alleinige Grundlage für eine Kaufentscheidung sein sollte. Wichtig sind daneben ein positiver Ausblick, eine solide Bilanz und ein überzeugendes Geschäftsmodell. Deshalb empfehlen wir lediglich fünf der 18 infrage kommenden Titel.
Daimler
Premiumautos im Angebot
Bei Daimler beträgt der Bewertungsabschlag zum historischen Schnitt 32 Prozent - mehr als bei BMW oder VW. Zudem eilen die Stuttgarter von Rekord zu Rekord. Wegen der Trucksparte reagiert die Aktie jedoch sensibler als etwa BMW auf schlechte Nachrichten in Sachen Konjunktur. Probleme in Brasilien wurden zuletzt durch die starke Nachfrage im europäischen Lkw-Markt ausgeglichen. Für den Lkw-Bereich erwarten die Stuttgarter 2016 jedoch bloß eine Stagnation beim Ergebnis.
Daimler dürfte im Gegensatz zur Premiumkonkurrenz auch in China weiter erfolgreich sein. "China bleibt ein Wachstumsmotor", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des CAR-Center Automotive Research der Uni Duisburg-Essen. Die Hälfte des weltweiten Absatzwachstums in diesem Jahr wird laut Dudenhöffer durch China gestellt.
Bis 2020 will Daimler an die Spitze im Premiumsegment fahren. Die Schwaben könnten die Poleposition aber schon früher übernehmen - kein anderer Hersteller im Premiumsegment wächst derzeit so stark wie die Marke mit dem Stern.
Infineon
Chipkonzern abgestraft
Dass der weltweite Automarkt insgesamt auf Wachstumskurs bleibt, kommt auch Infineon zugute. Der Chiphersteller profitiert nicht nur von steigenden Absatzzahlen, sondern auch von dem Trend zur Vernetzung der Fahrzeuge. Viele Komfort- und Sicherheitssysteme erfordern mehr Elektronik im Auto.
Durch die Übernahme des US-Spezialisten für Leistungshalbleiter International Rectifier (IR) ergänzt Infineon außerdem sein Portfolio und baut seine Stellung als Weltmarktführer aus. Kunden aus der Industrie dürften den Münchnern helfen, weiter zu wachsen und die Margen zu steigern.
Bei der Vorlage der Zahlen für das erste Quartal verzichtete der Konzern auf eine Anhebung der Prognose. Bei Anlegern kam das nicht gut an. Derzeit notieren die Titel rund ein Fünftel unter ihrem langfristigen Mittelwert. Infineon gehört damit zu den günstigsten Werten auf dem deutschen Kurszettel - und angesichts der positiven Aussichten zu den aussichtsreichsten.
Dürr
Kratzer im Lack
Nach den Zahlen für 2015 ist die Aktie des Lackieranlagenherstellers und Maschinenbauers Dürr regelrecht eingebrochen. Der Abschlag auf den historischen Mittelwert beträgt 31 Prozent. Dabei erzielte der im MDAX notierte Konzern im vergangenen Jahr ein Rekordergebnis. Die Anleger stört der verhaltene Ausblick.
"Nach dem Rekordjahr 2015 gehen wir für 2016 von einer stabilen Entwicklung aus, wenngleich eine Prognose in diesem Jahr aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten schwer fällt", sagte Chef Ralf Dieter. 2016 rechnet das Unternehmen mit einem moderaten Umsatzrückgang. Die operative Gewinnmarge dürfte das Vorjahresniveau jedoch erreichen oder sogar leicht übertreffen, prognostiziert der Dürr-Chef. Fortschritte erwartet Dieter vor allem bei dem 2014 zugekauften Holz-Maschinenbauer Homag, der weiter auf Rendite getrimmt werden soll.
Metro
In einer neuen Phase
Die Aktie des Handelsriesen Metro ist in Ungnade gefallen. Dabei brachte Konzernchef Olaf Koch die Düsseldorfer zurück ins Spiel. Der Metro-Lenker reduzierte die Schulden, baute das Liefergeschäft der Großmärkte aus und startete eine Internetoffensive, um Amazon und Co die Stirn zu bieten. Koch sieht Metro in einer "neuen Phase des Wachstums". Der einstige Sanierungsfall ist längst aus dem Gröbsten raus. Koch dürfte in Zukunft stärker in die Weiterentwicklung der Standorte und auf aussichtsreiche Übernahmen setzen und neue Ideen vorantreiben. Der Aktie half das bislang nichts - die Bewertung liegt fast 20 Prozent unter dem langfristigen Mittelwert.
Adva
Netzwerker auf Kurs
Bei dem Netzwerkausrüster ADVA liegt die Bewertung sogar ein Viertel unter dem historischen Mittel. Dabei profitiert das TecDAX-Unternehmen vom Umbruch in der IT-Welt. Firmennetze und Rechenzentren müssen fürs Cloud-Computing umgerüstet werden. 2015 steigerte ADVA seinen Gewinn dank florierender Geschäfte in Amerika und Asien-Pazifik von acht Millionen auf 27 Millionen Euro. "Die Cloud wird uns auch 2016 in neue Höhen heben", sagt Chef Brian Protiva.
Investor-Info
Aktien mit Rabatt
160 Aktien im Check
Die Redaktion von €uro am Sonntag hat alle 160 Aktien aus DAX, MDAX, TecDAX und SDAX einem Bewertungscheck unterzogen. Lediglich 18 der untersuchten Aktien sind derzeit deutlich günstiger und liegen mindestens zehn Prozent unter ihrem Bewertungsmittel der vergangenen zehn Jahre. Als Grundlage der Berechnung dient das KGV auf Basis der für die nächsten zwölf Monate erwarteten Gewinne. Vor allem Werte aus dem Automobilsektor notieren weit unter ihrem historischen Mittel. Mit BMW, Daimler, Volkswagen, ElringKlinger und Dürr kommen gleich fünf der 18 Werte aus dem Segment.
Name ISIN Abstand hist. KGV*
Lufthansa DE0008232125 -55 %
K + S DE000KSAG888 -33 %
Daimler DE0007100000 -32 %
Dürr DE0005565204 -31 %
Commerzbank DE000CBK1001 -31 %
Dialog Semicon. GB0059822006 -31 %
Hugo Boss DE000A1PHFF7 -30 %
Volkswagen DE0007664039 -29 %
HeidelDruck DE0007314007 -28 %
HHLA DE000A0S8488 -28 %
BMW DE0005190003 -28 %
ADVA DE0005103006 -27 %
ElringKlinger DE0007856023 -27 %
Baywa DE0005194062 -22 %
Infineon DE0006231004 -22 %
GFK DE0005875306 -20 %
Metro DE0007257503 -19 %
Jenoptik DE0006229107 -12 %
* Aktuelles KGV (2016) bezogen auf den Mittelwert der vergangenen 10 JahreStand: Donnerstag, 14 Uhr
Glossar
Kurs-Gewinn-Verhältnis
Viele Anleger glauben irrtümlich, dass der Börsenkurs etwas über die Bewertung aussagt. Dem ist nicht so. Vielmehr kann ein Unternehmen, dessen Aktie 1.000 Euro kostet, günstiger bewertet sein als eine Firma, deren Aktie bei zehn Euro notiert. Das zeigt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), eine wichtige Bewertungskennziffer. Berechnet wird das KGV, indem man den Kurs durch den Gewinn je Aktie dividiert. Beispiel: Notiert die Daimler-Aktie bei 60,90 Euro und rechnen Analysten für 2016 mit einem Gewinn von 8,70 Euro je Aktie, so ergibt sich ein KGV von 7,0. Generell gilt: Je niedriger das KGV, desto günstiger ist das Wertpapier. Dabei muss man jedoch unterscheiden: Einer stark wachsenden Firma mit hoher Gewinnspanne wird in der Regel eine höhere Bewertung zugestanden als einer
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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