Abspaltungen: Welche Aktien immer wertvoller werden
Osram leuchtet. Siemens-Chef Joe Kaeser lobte kurz vor der Hauptversammlung die Strategie der ehemaligen Lichttechnik-Sparte seines Konzerns.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Kaeser sagte: "Ich glaube, das Kind ist erwachsen geworden." Eine spektakuläre Kehrtwende, nachdem Großaktionär Siemens ein Jahr zuvor Osram-Chef Olaf Berlien das Vertrauen entzogen hatte.
Der ehemalige Thyssenkrupp-Manager wagt mit seiner Strategie, was unter der Führung seines Vorgängers, Ex-Siemens-Manager Wolfgang Dehen, wohl undenkbar gewesen wäre: Mit dem milliardenschweren Bau eines LED-Chipwerks im malaysischen Kulim sollen Optohalbleiter - das sind LEDs, Laserdioden, Infrarotkomponenten und Sensoren - auch für eigene Leuchten hergestellt werden. Als der Reformer Berlien im November 2015 mit dem neuen Werk den Einstieg in den Massenmarkt für LED-Chips ankündigte, verlor der Konzern auf einen Schlag ein Drittel seines Börsenwerts.
Berliens Überzeugung: Nur durch eine Kombination aus großen Märkten wie die LED-Beleuchtung von Häusern mit Nischenmärkten wie LED- und Laserlicht für Autos hat Osram die Chance, sich an der Weltspitze zu behaupten. Von der deutlichen Reaktion der Aktionäre ließ sich der promovierte Ökonom nicht beirren. Er hielt Kurs, überzeugte Investoren - und schließlich auch den Siemens-Chef.
Inzwischen ist der heftige Kurseinbruch ausgebügelt. Siemens-Aktionäre, die ihre Osram-Papiere seit dem Debüt des Spin-offs halten, können zufrieden sein: Knapp 200 Prozent Wertzuwachs brachten die Papiere seit dem Börsendebüt im Juli 2013.
Osram auf neuem Wachstumskurs
Inzwischen zeichnet sich auch der neue Wachstumskurs des MDAX-Konzerns ab. Zu Wochenbeginn sickerte durch, dass die Münchner mit dem Autozulieferer Continental ein Gemeinschaftsunternehmen planen. Das Ziel: "intelligente Lichtlösungen im Automobilbereich". Osram liefert die Lichtmodule samt eigenen Chips, Continental die Steuerungselektronik, um die Fahrbahn mit LED- und Laserlicht punktgenau auszuleuchten. Damit präsentiert Berlien nach dem Konzernumbau und dem Verkauf des herkömmlichen Lampengeschäfts das nächste Kapitel der Wachstumsstory von Osram.
Im Siemens-Verbund wäre die Wertschöpfung des Spin-offs, ähnlich wie bei Abspaltungen anderer Konzerne, wohl nicht möglich gewesen. Der Pharmakonzern Bayer entschied sich bei der Abspaltung der Kunststoffsparte für einen klassischen Börsengang. Für den Börsenneuling Covestro lief es auf dem Parkett schon am ersten Tag besser als erwartet. Zum Handelsstart im Oktober 2015 lag der Kurs mit 26,50 Euro je Aktie deutlich über dem Ausgabepreis von 24 Euro. Aktuell notiert die Covestro-Aktie bei 65 Euro.
Erfolgreiche Abspaltungen wie Osram und Covestro sind keine Ausnahmen. Welche Kräfte die Unabhängigkeit freisetzt, lässt sich an einem Aktienindex für Spin-offs amerikanischer Konzerne ablesen: Seit 2007 hat dieser Index knapp 190 Prozent zugelegt - knapp doppelt so viel wie der S & P 500, der den breiten US-Aktienmarkt abbildet.
Gerade herrscht bei Deutschlands größtem Händler Aufbruchstimmung: Die Nachfolgeunternehmen der Metro sind am Start. Die Real-Supermärkte und der Großhandel für Gewerbetreibende, die Cash-&-Carry-Sparte, sind unter dem Dach von Metro Wholesale & Food Specialist gebündelt.
Neu auf dem Parkett und in den Depots der Altaktionäre ist Ceconomy, Europas größter Elektronikhändler, der die Media- und Saturn-Märkte im Portfolio hat. Der Einfluss des widerspenstigen Media-Saturn-Aktionärs Erich Kellerhals ist durch die Abspaltung gesunken. Ceconomy-Chef Pieter Haas kann sich daher stärker auf die Verbesserung der Rendite sowie auf Konkurrenten wie den Onlineriesen Amazon fokussieren. Haas sieht Ceconomy als "Start-up mit Milliardenumsatz". Start-ups zeichnet in der Regel starkes Wachstum aus. Das muss Haas liefern.
Metro-Wholesale-Chef Olaf Koch will beim auf 37 Milliarden Euro Umsatz geschrumpften Handelsriesen Wachstumsreserven mobilisieren. Die Sparte Cash & Carry liefert dafür hohe Cashzuflüsse. Koch will den Anteil dieser frei verfügbaren Mittel am operativen Gewinn von 43 auf 60 Prozent erhöhen. Weil damit auch Dividenden finanziert werden, kommt die Aktie gut an. Zudem ist die neue Metro günstig. Das zeigt der Vergleich mit dem Wert, der für das Cash-&-Carry-Geschäft in Russland aufgerufen wurde. 2014 sollte die Sparte für mindestens sechs Milliarden Euro aufs Parkett. So viel ist heute die komplette neue Metro wert.
Dass Abspaltungen auch in Pleiten enden können, wissen die Altaktionäre des Konzerns nur allzu gut. Als sich Metro 2006 bei der Baumarktkette Praktiker als Mehrheitsgesellschafter zurückzog, geriet die Firma in eine existenzielle Krise und wurde 2013 schließlich abgewickelt.
Versorger erfinden sich neu
Einfacher hatten es da die Versorger Eon und RWE, Investoren durch die Aufspaltung anzulocken. Mit dem Atomausstieg Deutschlands und niedrigen Preisen im Stromgroßhandel waren die Börsenwerte der einst mächtigen Konzerne stark geschrumpft. Seit Aktionäre der neuen Eon und der RWE-Tochter Innogy fokussiert an der Stromerzeugung aus Wind und Sonne beteiligt sind und Dividenden aus dem Geschäft mit Stromnetzen erhalten, sind die Aktien wieder gefragt. Die Rückerstattung der Brennelementesteuer sowie Spekulationen zu Übernahmen des Eon-Spin-offs Uniper und RWE brachten auch das Stammgeschäft der Versorger zurück ins Spiel.
Investor-Info
Osram
Wachstum beflügelt
Für den schnellen Wandel bei der LED-Technologie erhöht Chef Olaf Berlien die Investitionen in Forschung und Entwicklung und baut eine große Chipfabrik. Um die Führung bei LED-Technologien zu verteidigen, nähert sich das Geschäftsmodell der neuen Osram jenem von Chipkonzernen. Für 2018 und 2019 erwarten Analysten Gewinnsteigerungen von 18 Prozent. Weiter aussichtsreich.
Metro Wholesale & foods
Aufspaltung treibt an
Die Aufspaltung ist ein Erfolg für Metro-Aktionäre. Die auf den Lebensmittelhandel fokussierte Metro Wholesale & Foods verfügt dank des lukrativen Cash-&-Carry-Geschäfts über hohe Mittelzuflüsse, die für Zukäufe und nachhaltige Ausschüttungen an Aktionäre genutzt werden können. Zudem ist die Aktie, die seit wenigen Tagen an der Börse notiert, günstig bewertet. Die den Altaktionären zugeteilten Papiere der Elektronikholding Ceconomy besitzen ebenfalls Potenzial. Ressourcen, um die Rendite der Media-Saturn-Gruppe zu erhöhen und das Onlinegeschäft zu verbessern, sind vorhanden. Ceconomy muss aber gegen Amazon bestehen.
Covestro
Extradividende wäre drin
Dank der gut ausgelasteten Produktion bei Polyurethan und Polycarbonat verfügt Covestro, Weltmarktführer bei diesen Kunststoffen, über hohe Cashzuflüsse. Nach Konzernschätzungen werden während der kommenden fünf Jahre über fünf Milliarden Euro in die Kasse fließen. Nur ein Bruchteil davon dürfte jedoch in Zukäufe im Spezialsegment Beschichtungen und Klebstoffe wandern. Sonderdividenden sind deshalb möglich.
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