Wirecard: Die nächste Attacke
Der Zahlungsabwickler Wirecard weist die Betrugsvorwürfe zurück. Aufsicht und Staatsanwaltschaft prüfen Marktmanipulation. Analysten sehen jetzt eine Kaufchance.
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von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
Der Zahlungsabwickler Wirecard bleibt auch nach dem DAX-Aufstieg im vergangenen Herbst Ziel von Betrugsvorwürfen, die massive Kurseinbrüche zur Folge haben. Nach entsprechenden Anschuldigungen in der "Financial Times" (FT) war der Wirecard-Kurs am Mittwoch innerhalb weniger Minuten um bis zu 25 Prozent eingebrochen, hatte sich danach aber wieder teilweise erholt. Wirecard hatte die Vorwürfe als "substanzlos, falsch, ungenau, irreführend und diffamierend" zurückgewiesen.
Inzwischen gehen die Finanzaufsicht Bafin und die Staatsanwaltschaft München der Frage nach, ob der Kurs bewusst manipuliert wurde. In der Vergangenheit war der Zahlungsabwickler mehrfach Ziel sogenannter Leerverkaufsattacken. Dabei werden Anschuldigungen über verschiedene Kanäle gestreut. Eingeweihte Investoren profitieren dann von fallenden Kursen.
Vorgänge in Singapur
Die FT hatte sich in ihrem Bericht auf interne Wirecard-Dokumente über strafbare Buchungsvorgänge in Singapur berufen. Dabei ging es unter anderem um angebliche Falschbuchungen und Geldwäsche. Die Höhe der Transaktionen wurde auf 37 Millionen Dollar beziffert. Maßgeblich veranlasst worden seien die verdächtigen Zahlungsbewegungen von Edo Kurniawan, einem hochrangigen Manager für das Asien-Geschäft von Wirecard, der auch weiterhin für das Unternehmen tätig sei.
Dass die Anschuldigungen diesmal eine Summe und sogar den Namen eines angeblich verantwortlichen Managers enthielten und damit im Vergleich zu früheren Attacken wesentlich konkreter erschienen, hat wohl zu der heftigen Kursreaktion mit beigetragen, ebenso die renommierte FT als Quelle.
Die Staatsanwaltschaft München wiederum erklärte, sie sehe bei Wirecard selbst keine Anhaltspunkte für Straftaten nach deutschem Recht.
Solide Quartalszahlen
Analysten haben nach dem Kurssturz Kaufempfehlungen abgegeben, darunter die Commerzbank-Expertin Heike Pauls. Sie hält die in dem Bericht erhobenen Vorwürfe ebenfalls für unzutreffend und sieht sie im Zusammenhang mit erneuten Leerverkaufsattacken gegen den Zahlungsabwickler.
Den Analysten von Hauck & Aufhäuser zufolge sei es zudem unwahrscheinlich, dass die Wirecard-Führung derartige Praktiken dulden würde. "Wirecard war in den vergangenen Jahren wiederholt Ziel von Leerverkäuferattacken und hat inzwischen Transparenz geschaffen, zum Beispiel indem die Bücher für externe Prüfer geöffnet wurden", heißt es bei Hauck & Aufhäuser. Das Unternehmen habe ein striktes Risikomanagement eingeführt. Andere Analysten verwiesen auf die soliden Quartalszahlen, die Wirecard noch am Mittwochvormittag veröffentlicht hat - nur wenige Stunden vor dem FT-Bericht. So hatte der Zahlungsabwickler im Schlussquartal Umsatz und Gewinn deutlich gesteigert.
Die Aktionärsvereinigung DSW forderte unmittelbar nach der Attacke Konsequenzen. "Wir brauchen eine schärfere Gesetzgebung gegen Marktmanipulation mit dem Ziel, derartige Methoden auch deutlich konsequenter zu bestrafen", sagte DSW-Vizepräsidentin Daniela Bergdolt gegenüber €uro am Sonntag. Zu den in dem Bericht der FT erhobenen Vorwürfen wollte sich Bergdolt nicht konkret äußern.
Bei vorsätzlicher Marktmanipulation drohen nach dem Wertpapierhandelsgesetz bis zu fünf Jahre Haft, bei gewerbsmäßigem oder bandenmäßigem Vorgehen bis zu zehn Jahre. Darüber hinaus drohen Schadensersatzforderungen von Anlegern, die wegen des Kursverfalls Verluste erlitten haben.
Wirecard ist Dienstleister für den Onlinezahlungsverkehr. Zu den Kunden zählen Internethändler, klassische Läden sowie Telekomfirmen. Das Geschäftsmodell gilt Kritikern nach wie vor als intransparent und biete auch deshalb immer wieder Angriffsflächen.
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