Japan im Wandel: Wieder attraktiv für Aktien-Anleger

Allzu lang habe schlechte Unternehmensführung Japan im weltweiten Wettbewerb gebremst. Doch da sich allmählich die Aktionäre zu Wort melden und Unternehmen zuhören, könnte sich das ändern.
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von Dan Carter, Gastautor von Euro am Sonntag
Noch bis 2013 hatten 600 der 1.400 größten börsennotierten Unternehmen in Japan keine unabhängigen Verwaltungsratsmitglieder, auch externe Direktoren genannt. Das ist im Vergleich zu anderen großen Industrieländern ein schwaches Ergebnis, und auch weniger weit entwickelte Märkte wie Südkorea, China und Indien schneiden in dieser Hinsicht deutlich besser ab als Japan. Selbst dort, wo es externe Direktoren gab, waren sie in vielen Fällen nicht unabhängig und weitestgehend folgsam. Sie waren nicht in der Lage oder nicht gewillt, das heimische Management zur Rechenschaft zu ziehen. Für Minderheitsaktionäre - diejenigen, die keine eigene direkte Vertretung im Vorstand haben - ist das ein großes Problem, da das Management hierdurch die Möglichkeit hat, ihre Interessen weitgehend unberücksichtigt zu lassen.
Die in Japan übliche Trennung des Managements von den Aktionären wurde durch den Zeitpunkt der Hauptversammlungen noch zugespitzt, denn 1995 wurden rund 96 Prozent aller Hauptversammlungen am selben Tag abgehalten (heute sind es nur noch 32 Prozent). Grund hierfür war die Bekämpfung von Sokaia - Gaunern, die sich auf die Erpressung von Unternehmen spezialisiert hatten, indem sie mit öffentlichen Demütigungen auf den Hauptversammlungen drohten. Der unmittelbare Effekt hiervon war jedoch, dass ein weiterer Keil zwischen Management und Aktionäre getrieben wurde. Nach wie vor werden in vielen Vorstandsetagen harte Befragungen durch Aktionäre als ungebührlich und fehl am Platz angesehen.
Ein weiterer Stolperstein war die Vergütung des Managements. Japanische Führungskräfte werden im Vergleich zu jenen aus den USA oder Großbritannien schlechter bezahlt, und ihre Vergütung hängt auch nur in einem geringen Maß von ihrer Leistung ab. Hierdurch entstand eine Managementklasse, die wenig Anreize hatte, es besser zu machen. Das bedeutete auch, dass japanische Unternehmen in der Regel nicht in der Lage oder nicht willens waren, die besten ausländischen Manager für Top-Positionen einzustellen.
Doch die Unternehmensleitungen trifft nicht die ganze Schuld. Allzu lange haben zu viele Aktionäre schlechtes Verhalten des Managements akzeptiert, indem sie zugunsten des Managements oder gar nicht abstimmten. Einer der Hauptgründe hierfür ist, dass viele Aktionäre gar keine Anleger sind, sondern Aktien aus rein kaufmännischen Gründen halten.
Eigenkapitalrendite und
Dividenden steigen an
Japanische Managementteams waren zu zurückhaltend beim Auszahlen eines fairen Anteils der von den Unternehmen gemachten Gewinne und zu sehr darauf bedacht, Cash zu horten. Ein in dieser Hinsicht zurückhaltendes Management traf also auf allgemein niedrige Anreize, Gewinne zu maximieren. Diese Kombination führte dazu, dass japanische Unternehmen im internationalen Vergleich unterdurchschnittliche Renditen einfuhren. Über die vergangenen 20 Jahre lag die durchschnittliche Eigenkapitalrendite in Japan bei 4,7 Prozent gegenüber 13,4 Prozent in den USA, 10,1 Prozent in Großbritannien und 8,8 Prozent in Deutschland.
Zum Glück für Aktienanleger zeichnet sich in der Art und Weise, wie japanische Unternehmen geführt werden, ein grundlegender Wandel ab. Die vielleicht erfolgreichste politische Maßnahme des "dritten Pfeils" der Strukturreformen von Premierminister Abe ist die Reform der Unternehmensführung. Die entscheidenden institutionellen Veränderungen sind die Einführung des Stewardship Code (2014) und des Corporate Governance Code (2015). Der Stewardship Code soll Verbindungen zwischen institutionellen Anlegern und der Unternehmensleitung fördern, während der Corporate Governance Code das Ziel verfolgt, den grundsätzlichen Managementansatz zu verbessern. Das soll im Wesentlichen dadurch geschehen, dass der externe Einfluss auf die Vorstandsetagen vergrößert wird.
Beide Codes beruhen auf dem Comply-or-explain-Prinzip, sprich es handelt sich um freiwillige Maßnahmen. Die Implementierung gestaltet sich aber bislang erfreulich. Der riesige staatliche Pensionsfonds GPIF spielte eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung des Managements unter den Anlegern. Die jährliche Stewardship-Erhebung des Fonds zeigte, dass 60 Prozent der antwortenden Unternehmen ein deutlich höheres Engagement von Anlegern beobachteten, nachdem der Stewardship Code eingeführt wurde. Währenddessen wirkte sich der Corporate Governance Code sichtbar auf die Vorstandsstrukturen von Unternehmen aus. So hat sich sowohl die Zahl externer Direktoren als auch die Anzahl der Rechtsausschüsse markant erhöht.
Auch das Management scheint sich zu ändern: Die Eigenkapitalrendite steigt an - wenn auch von einem niedrigen Niveau. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass sich die Rentabilität verbessert hat. Die aufgeblähten Bilanzen bleiben aber weiterhin eine Belastung. Erfreulicher ist die avisierte Ausschüttungsmenge an Aktionäre - sowohl in Form von Dividenden als auch von Aktienrückkäufen.
Wenn die Regierung den Reformrhythmus beibehält, dürften sich die Bedingungen für Aktienanleger auf dem japanischen Markt definitiv zum Besseren verändern.
Kurzvita
Dan Carter, Fondsmanager
bei Jupiter AM
Carter kam 2008 als Analyst für asiatische Aktien zu Jupiter. Zuvor war er bei Odey Asset Management und Baillie Gifford & Co tätig. Seit 2014 leitet er den Publikumsfonds Jupiter Japan Select.
Jupiter Asset Manager, der börsennotierte Investmentmanager und Fondsanbieter mit boutiqueähnlichem Anlagestil, wurde 1985 gegründet und gehört heute zu den renommiertesten Vermögensverwaltern Großbritanniens.
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