Euro am Sonntag-Einschätzung

Henkel: Der harte Hans soll’s richten

17.05.16 20:07 Uhr

Henkel: Der harte Hans soll’s richten | finanzen.net

Seit Anfang Mai schreitet Vorstandschef Hans van Bylen in den Fußstapfen seines Vorgängers Kasper Rorsted. Warum der neue Job des Belgiers einer der schwierigsten im gesamten DAX ist.

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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag

Bei diesen Vorgaben kann einem schon mal angst und bange werden. "Umsatz ist Rekord, Ebit ist Rekord, Ebit-Marge ist Rekord, Dividende ist Rekord" - so ­präsentierte Ex-Vorstandschef Kasper Rorsted die Bilanz 2015. Das war Ende Februar. Inzwischen läuft sich Rorsted für seinen neuen Job als Chef des Sportartiklers Adidas warm. Und Hans van Bylen, seit Anfang Mai an der Spitze von Henkel, hat den ersten Schweiß auf dem neuen Posten schon vergossen.



Von Anfang an war klar, dass van ­Bylens Amt kein Leichtes wird. Den Rekorden des polyglotten Vorgängers trauerten Börsianer bereits bei Bekanntgabe des Führungswechsel nach: Zwei Milliarden Euro Marktkapitalisierung von Henkel lösten sich in Luft auf.

Kommenden Donnerstag wird der DAX-Konzern erstmals unter van Bylen Quartalsergebnisse melden. Spekta­kuläre Nachrichten sind eher unwahrscheinlich. "Wir rechnen nicht mit negativen Überraschungen", sagt etwa James Targett, Analyst bei der Berenberg Bank in London. Experten gehen laut Finanzdienstleister Bloomberg im Schnitt von knapp drei Prozent Gewinnzuwachs aus, der Umsatz soll um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen.

Zahlenmensch mit Biss

Ein eher unauffälliges Quartal also. Ähnlich wird auch der 55-jährige Chef vielfach charakterisiert. Der Neue ist ein Konzerngewächs, fing 1984 als 23-jähriger Außendienstler für Waschmittel in Belgien an. Dem sportlichen Flamen wird ein inniges Verhältnis zu Zahlen nachgesagt. Passen ihm die vorgelegten Ziffern nicht, kann er bisweilen wohl recht ungemütlich werden. Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah, zugleich Vertreterin der Gründerfamilie im Kontrollgremium, sieht in van Bylen indes mehr als einen ehrgeizigen operativen Arbeiter: "Er ist stark darin, Führungskräfte zu entwickeln."


Finanzvorstand Carsten Knobel und Waschmittel-Chef Bruno Piacenza stammen aus der Leitung der Kosmetiksparte, die van Bylen viele Jahre lang führte. Für Rückhalt im Aufsichtsrat ­sowie im Vorstand ist also gesorgt. Das sind eigentlich beste Startbedingungen für einen frischgebackenen Chef.

Wenn da nicht die großen Fußstapfen wären, die Rorsted hinterlassen hat. Der Däne steigerte den Umsatz seit 2008 von rund 14 auf 18 Milliarden Euro. Und die operative Gewinnmarge des börsennotierten Familienunternehmens trieb der Vielreisende von unter zehn auf beinahe 17 Prozent - und damit in etwa auf das Niveau globaler Wettbewerber wie Reckitt Benckiser.

Was wird aus der Marge?

Doch wie weit kann van Bylen den Konzern hier noch voranbringen? Langjährige Konzernkenner sind angesichts der Schlüsselfrage skeptisch. "Das wird ein ganz schwieriger Job. Bei der Profitabilität wird es nur sehr schwer weitergehen", sagt ein Analyst, der anonym bleiben möchte. Fortschritte sind Beobachtern zufolge drin, wenn es van Bylen gelingt, das Geschäft in den Emerging Markets auszubauen - oder wenn er größere Zukäufe wagt.


Geld für Akquisitionen ist vorhanden, knapp fünf Milliarden Euro liegen in der Kriegskasse. Doch der Neue an der Spitze genießt nicht gerade den Ruf eines risikobereiten Dealmakers. Die Kosmetiksparte wuchs unter van Bylen fast ausschließlich organisch. Seine zurückhaltende Herangehensweise gefiel wohl auch der Gründerfamilie. Der Clan dürfte ohnehin einen ruhigen Kurs mit steten Dividendenzahlungen schätzen.

Ausgeschlossen wird ein großer Wurf in Düsseldorf zwar nicht: "Wir wollen als Kern unserer Strategie nachhaltiges Wachstum. Dazu gehört, dass größere Akquisitionen möglich sind", nebuliert Chefaufseherin Bagel-Trah. Doch selbst der dynamische Rorsted scheiterte zuletzt beim Versuch, die Kosmetikmarke Wella des US-Konzerns Procter & Gamble ins Portfolio zu holen.

Dass van Bylen schon nächste Woche Konkreteres über seine mit Spannung erwarteten Pläne verrät, gilt als unwahrscheinlich. Spätestens bis November aber muss die Konzernstrategie 2020 stehen. So manchem Investor schwant, dass neue Rekorde in Düsseldorf auf sich warten lassen könnten. Das Ziel, 20 Milliarden Euro Umsatz bis Ende 2016 zu schaffen, strich der scheidende Rorsted noch höchstpersönlich.

Investor-Info

Henkel Vz.
Solide und beschaulich

Der Konsumgüterkonzern soll nach zwei Jahren mit zweistelligen Zuwachsraten 2016 mit zwei bis vier Prozent beim Umsatz zulegen. Bei der operativen Gewinnmarge ist ein leichter Anstieg auf 16,5 Prozent geplant. Das sollte drin sein, Henkel gilt hinsichtlich der Prognosen als vorbildlich. Laut Schätzungen sind 2016 rund fünf, 2017 rund sechs Prozent Gewinnzuwachs drin. Daran gemessen ist die Aktie teuer. Noch lassen Impulse auf sich warten. Fundamental solide. Halten.

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Bildquellen: Henkel AG

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