Delivery Hero: Essen auf Rädern fährt an die Börse
Lieferdienst Delivery Hero wird einer der größten deutschen Börsengänge des Jahres. Das Geschäft wächst stark, hat aber auch einen Beigeschmack.
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von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Der Magen knurrt, aber der Kühlschrank ist leer? Kein Problem. Die Auswahl im Internet ist riesig. Egal ob Pizza, Burger, Sushi oder Salat. Ein paar Klicks und etwas Geduld, dann steht ein Bote mit der fertigen Mahlzeit vor der Haustür. Fast 73 Milliarden Dollar wurden im vergangenen Jahr weltweit mit Essenslieferungen umgesetzt, hat der Datendienst Statista errechnet. Die Wachstumsraten werden bis zum Jahr 2021 auf fast 24 Prozent taxiert.
Solche Zahlen haben den Appetit der Finanzwelt geweckt. In dieser Woche soll die Aktie des Lieferdienstes Delivery Hero erstmals an der Börse gehandelt werden. Das Berliner Unternehmen, im Jahr 2011 vom heutigen Vorstandschef Niklas Östberg gegründet, ist in Deutschland vor allem für die Dienste Lieferheld, Pizza.de und Foodora bekannt.
Am oberen Ende der anvisierten Preisspanne würde der Börsengang knapp eine Milliarde Euro einbringen. Da auch Altaktionäre Papiere abgeben, würden davon nur etwa 480 Millionen beim Unternehmen landen.
Der Börsengang wäre auch eine gute Nachricht für Rocket Internet. Die ebenfalls in Berlin beheimatete Start-up- Plattform besitzt mehr als ein Drittel der Aktien von Delivery Hero und könnte demonstrieren, dass die eigene Geschäftsidee trotz einiger Rückschläge wirklich zündet. Delivery Hero wäre nach Zalando der nächste Börsengang einer Rocket-Beteiligung.
Satte Margen
Das Geschäft der Lieferdienste ist lukrativ. Vor allem für jene Firmen, die lediglich als Vermittler aktiv sind. Eine gut funktionierende Internetseite, Kontakte zu möglichst vielen Restaurants - Delivery Hero kooperiert mit mehr als 150.000 Partnern - und ein Marketingbudget sind die Erfolgsbasis. In der Spitze sind operative Margen von 60 Prozent machbar.
Komplizierter ist das Leben für Lieferdienste, die eigene Kuriere beschäftigen. Diese Mitarbeiter müssen auch dann bezahlt werden, wenn gerade keine Aufträge eingehen.
Andererseits können Lieferdienste über eigene Kuriere auch Restaurants bedienen, die keine eigenen Lieferanten beschäftigen und oft mehr Geld für eine Mahlzeit verlangen als eine Pizzeria.
Unabhängig vom Geschäftsmodell ist der Wettbewerb brutal: Das Marketing und die Anlaufkosten einer jungen Firma fressen die Einnahmen. Ein bis zwei Anbieter, so die Erwartung, werden sich letztlich in jedem Land die Herrschaft teilen. Wer jetzt nicht in das Geschäftsmodell investiert, wird auf der Strecke bleiben.
Delivery Hero ist in 42 Ländern am Start, in 35 davon der Marktführer. Die breite Aufstellung bietet langfristig Chancen, ist aber teuer: Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz um fast 80 Prozent auf 297 Millionen Euro. Unter dem Strich blieb erneut eine rote Zahl. Immerhin aber schrumpfte der Verlust von 253 auf 195 Millionen Euro.
Andere Unternehmen schaufeln sich den Teller nicht so voll. Der britische Lieferdienst Just Eat tischt in zwölf Ländern auf und ist dort überall Marktführer. GrubHub aus den USA konzentriert sich auf seinen sehr großen Heimatmarkt und die britische Hauptstadt London. Ärgster Rivale für Delivery Hero in Deutschland ist Takeaway.com, die vor allem durch Lieferando aktiv ist. Vorteil für Takeaway: Die Niederländer sind in Deutschland mit nur einer Marke am Start und können ihr Budget darum gezielter einsetzen als Delivery Hero.
Mittelfristig dürfte Delivery Hero dennoch mehr Würze haben. "Takeaway.com hat die Erlöse aus dem Börsengang zum Teil in das Marketing für Deutschland investiert. Unter der Voraussetzung eines erfolgreichen Listings wird Delivery Hero im Nachgang eine sehr starke Liquiditätsposition haben. Inklusive weiterer Zuflüsse dürfte diese bei bis zu einer Milliarde Euro liegen - ein möglicher Vorteil gegenüber Wettbewerbern", kalkuliert Lucas Boventer vom Bankhaus M.M. Warburg.
Längst sind auch etablierte Konzerne auf den Geschmack gekommen. Große Ambitionen hat Amazon. Als Buchhändler Ende der 90er-Jahre gestartet, bietet der nimmersatte Konzern inzwischen auch Serverfarmen, eine Online-Videothek oder Techgeräte. Getränke und verpackte Nahrungsmittel verschickt Amazon ganz normal wie andere Waren seines Sortiments, frische Lebensmittel sind dagegen eine Herausforderung.
Bislang gibt es Amazon Fresh nur als Pilotprojekt in einigen Regionen, in Deutschland in Berlin. Durch die Übernahme des Lebensmittelhändlers Whole Foods hat Amazon in den USA jetzt ein großes Filialnetz, um Kunden in weiten Teilen Amerikas zu erreichen. Das Fachwissen von Whole Foods könnte Amazon nutzen, seinen Essenslieferdienst auch in Europa auszuweiten. Denkbar wäre, dass der gefräßige Riese als Beilage einen Lieferdienst schluckt. Das Analysehaus Wedbush sieht GrubHub als mögliches Ziel.
Die wachsende Popularität der Lieferdienste bereitet vielen anderen Konzernen Bauchschmerzen. US-Supermarktketten wie Walmart und Kroger investieren in Sortiment und Infrastruktur, haben aber noch immer kein überzeugendes Gegenrezept gefunden. Nestlé verdient sein Geld vor allem mit verpackten Nahrungsmitteln - also Produkten, die bei gesundheitsbewussten Kunden nicht in den Einkaufskorb kommen.
Darum suchen die Schweizer nach neuen Inspirationen. In der vergangenen Woche beteiligte sich Nestlé an der Finanzierungsrunde einer jungen New Yorker Firma, die für ihre Kunden frische Mahlzeiten zubereitet. Für die Schweizer ist das ein winziger Happen, für die Branche aber ein Signal, dass auch die etablierten Riesen die neuen Geschäftsmodelle ernst nehmen.
Der nächste Gang
Bei Rocket Internet schaut man derweil nicht nur auf den Börsengang von Delivery Hero. In den USA wird in der kommenden Woche die Erstnotierung des Lieferdienstes Blue Apron erwartet. Die Firma liefert Abonnenten regelmäßig Boxen mit Rezepten und frischen Zutaten. Die Mahlzeit wird dann vom Kunden selbst in der eigenen Küche zubereitet.
Das entspricht dem Geschäftsmodell von Hello Fresh, einer der wichtigsten Beteiligungen von Rocket Internet. Sollte der Börsengang von Blue Apron gelingen, würden die Chancen steigen, dass Rocket schon bald die nächste Firma an die Börse schießt.
Delivery Hero sammelt derzeit über Investmentbanken die wohl wichtigsten Bestellungen der bisherigen Firmengeschichte ein. Schon am ersten Tag war das Orderbuch gefüllt. Der Appetit auf die Aktie scheint groß zu sein.
Investor-Info
Delivery Hero
Riskantes Investment
Am 30. Juni soll die Aktie des Lieferdienstes erstmals im regulierten Markt der Frankfurter Börse gehandelt werden. Die Zeichnungsfrist endet voraussichtlich zwei Tage früher. Etwas mehr als 39 Millionen der insgesamt 172 Millionen Papiere werden ausgegeben. Die Preisspanne liegt bei 22 bis 25,50 Euro. Werden die Aktien am oberen Rand platziert, würde Delivery Hero auf eine Gesamtbewertung von knapp 4,4 Milliarden Euro kommen. Und die hohe Nachfrage nach der Aktie lässt auf einen Ausgabepreis im oberen Bereich der Spanne schließen. Delivery Hero hat großes Wachstumspotenzial, schreibt aber Verluste und bewegt sich in einem hart umkämpften Markt. Das Papier eignet sich darum nur für risikofreudige Anleger.
Rocket Internet
Hello-Effekt
Der Start-up-Plattform aus Berlin gehören
35 Prozent von Delivery Hero. Rocket verkauft aber zunächst nur einen Teil seiner Beteiligung. Die Alteigentümer haben zugesagt, ihre restlichen Papiere für mindestens ein halbes Jahr nicht zu verkaufen. Mit Hello Fresh könnte bald ein weiterer Börsengang aus dem Portfolio folgen und das Image von Rocket aufpolieren. Die Aktie hat weiter Kurspotenzial, ist aber ebenfalls riskant.
GrubHub
Heiße Spekulation
Schon seit mehr als drei Jahren ist der Essenslieferant aus Chicago an der Börse und schreibt inzwischen schwarze Zahlen. Analysten kalkulieren, dass GrubHub den Gewinn im laufenden und im kommenden Jahr um mehr als 20 Prozent steigert. Das Analysehaus Wedbush spekuliert, dass Amazon 55 Dollar, umgerechnet etwa 49 Euro, für die GrubHub-Aktie aufrufen könnte. Auch bei diesem Papier brauchen Anleger starke Nerven.
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Bildquellen: Delivery Hero , Delivery Hero
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Analysen zu Amazon
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23.03.2017 | Whole Foods Market Sell | UBS AG | |
14.08.2015 | Whole Foods Market Sell | Pivotal Research Group | |
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26.11.2008 | Amazon.com Ersteinschätzung | Stanford Financial Group, Inc. |
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