Coca-Cola: Der Trick mit der Dose

von Peer Leugermann, Euro am Sonntag

Damals war die Welt für Coca-Cola noch in Ordnung: 1998 trank ein US-Bürger im Schnitt 212 Liter der berühmten braunen Brause. Das ist mehr als die doppelte Menge, die ein Deutscher jährlich an Bier konsumiert. Doch die Zeiten haben sich geändert. Weltweit steigt das Gesundheitsbewusstsein. Die Menschen greifen immer öfter zu Wasser oder Gesundheitsdrinks. Tranken die Amerikaner 1998 durchschnittlich 159 Liter Wasser, sind es inzwischen rund 220 Liter.

Coca-Cola sucht daher schon lange und durchaus erfolgreich nach einem Platz in der neuen Welt: Weil der Brause­mixer unter anderem mit seiner Wassermarke Dasani - hierzulande bekannt als Bonaqua - früh auf den Trend zur gesunden Erfrischung setzte und in Schwellenländer expandierte, konnte er den Cola-Schwund auf seinem Heimatmarkt lange kompensieren. Und dieser ist noch immer die mit Abstand wichtigste Region: In den USA macht Cola knapp die Hälfte ­seiner Umsätze.

Seit einigen Jahren ändert sich aber auch in Asien und Lateinamerika der Geschmack. Zwar steigt der Limokonsum weiter, wächst aber deutlich schwächer als bisher. Ergebnis: 2015 fielen Umsatz und Gewinn bei Coca-Cola im dritten Jahr in Folge. Konzernchef Muhtar Kent, ein Amerikaner mit tür­kischen Wurzeln, will das Prickeln für Börsianer zurückbringen. Kernpunkte seiner Strategie sind Einsparungen von drei Milliarden Dollar bis 2019, höhere Marketingausgaben und der Ausbau des Angebots abseits der Cola-Familie.

Kleine Dose, große Wirkung

Erste Erfolge zeichnen sich ab. Nachdem der Getränkeabsatz in den ersten sechs Monaten 2015 nur um ein Prozent zulegte, stiegen die Verkaufsmengen im zweiten Halbjahr um drei Prozent. Zudem verzeichnete der Konzern aus Atlanta auf seinem Heimatmarkt nach drei Jahren erstmals wieder eine leichte Umsatzsteigerung. Der Trick: Dosen und Flaschen werden kleiner, die Preise höher - so wird am einzelnen Getränk mehr verdient.

Der radikalste Schritt ist jedoch, dass die eigenen weltweiten Abfüllanlagen verkauft oder zusammengelegt werden. Das soll die Strukturen verschlanken und die Effizienz erhöhen. Damit verzichtet der Konzern nach eigenen Schätzungen auf rund ein Drittel seines Umsatzes von zuletzt 44 Milliarden Dollar.

Weil mit dem Vorhaben 20.000 Stellen abgebaut werden sollen, soll sich die operative Marge von 21 Prozent fast verdoppeln. Die Maßnahmen sind weit fortgeschritten und sollen Ende 2017 voll umgesetzt sein. Ab dem kommenden Jahr dürfte Kent daher die ersten Früchte seiner Arbeit einfahren.

Wie die Zahlen für das erste Quartal zeigen, wird das Geschäft 2016 aber noch mal schrumpfen. In den ersten drei Monaten ging der Umsatz um vier Prozent auf zehn Milliarden Dollar zurück. Wegen Restrukturierungskosten sowie negativen Währungseffekten rechnet Cola auch für das Gesamtjahr mit leicht sinkendem Umsatz und Gewinn. Bereinigt um die Einmaleffekte stieg der Umsatz im ersten Quartal jedoch um vier Prozent, und auch der Getränkeabsatz legte zu.

Die aktuellen Quartalsergebnisse lagen insgesamt im Rahmen der Erwartungen. Dennoch geriet die Aktie unter Druck, wohl weil einige Anleger auf eine positive Überraschung gehofft hatten. Die neue Welt ist noch immer schwierig.

Fazit: Mit einer Dividendenrendite von über drei Prozent bleibt Coca-Cola trotz Kursrutscher ein gutes Langfristinvestment.