Hier stimmt was nicht! Vossloh - Linke Tasche, rechte Tasche?

von Jörg Lang, Euro am Sonntag

Heinz Hermann Thiele ist Eigentümer von Knorr-Bremse, einem Zulieferer für die Nutzfahrzeug- und Bahnindustrie. Der 75-Jährige bekleidet bei Knorr kein offizielles Amt. In der Firmenzentrale ist jedoch klar, dass wichtige Entscheidungen nicht ohne ihn gefällt werden. "Privatmann" Thiele ist 2011 bei Vossloh eingestiegen. Vossloh stellt Produkte für die Bahninfrastruktur, Schienenfahrzeuge ­sowie Komponenten her.

Schon beim Einstieg vermuteten viele, dass Thiele für Knorr-Bremse unterwegs sei. Das wurde dementiert. Zu Beginn hatte Thiele das Investment als Finanzanlage tituliert. Diese Einschätzung änderte sich mit dem Ausbau der Beteiligung. Mit einem niedrigen freiwilligen Übernahmeangebot von 48,50 Euro sprang Thiele 2015 über 30 Prozent. Zum Jahreswechsel meldete er eine Position von rund 45 Prozent.

Und so könnte es Prozentpunkt für Prozentpunkt weitergehen, wenn nicht Vossloh im Dezember den Verkauf von Electrical Systems gemeldet hätte. Der Käufer ist Knorr-Bremse. Die Münchner zahlten 72,5 Millionen Euro. Zuvor hatte Vossloh den Buchwert des Bereichs um neun Millionen Euro abgeschrieben. Mit diesem Geschäft hat sich Thiele auf ziemlich dünnes Eis ­begeben. Er sitzt bei dem Deal auf beiden Seiten, der Interessenkonflikt ist nicht zu übersehen.

Und: Linke Tasche, rechte Tasche gilt hier nicht. Jede Million, die Knorr etwa durch einen zu niedrigen Kaufpreis spart, belastet Vossloh-Aktionär Thiele nur mit 450.000 Euro. Natürlich wird es Gutachten geben. Ein Geschmäckle bleibt, insbesondere bei den freien Aktionären von Vossloh, die ja noch in der Mehrheit sind. Klar ist: Unbedenklich ist die Transaktion nur, wenn Thiele oder Knorr bald ein ordentliches Übernahmeangebot für Vossloh vorlegen, das auch mit einem Wirtschaftsprüfungsgutachten unterlegt ist.

Der Euro am Sonntag-Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.