Carl Zeiss Meditec: Mit Weitsicht investieren

von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Das Auge ist das vielleicht wichtigste Sinnesorgan des Menschen. Das wird vielen spätestens dann bewusst, wenn die Sehkraft im Alter schwindet. Die wachsende Weltbevölkerung mit einer immer größeren Zahl von Senioren, aber auch tech­nologischer Fortschritt machen die Augenheilkunde zu einem ­lukrativen Geschäft für Spezialisten wie Carl Zeiss Meditec.

Die thüringische Medizintech­nikfirma stellt in ihrem Kern­geschäft Geräte zur Diagnose und Therapie von Augenleiden wie dem Grauen und Grünen Star her. Ein wichtiger Wachstumstreiber ist die Nachfrage nach Intraokularlinsen. Das sind künstliche Linsen, die etwa bei einer Operation des Grauen Stars in das Auge des Patienten implantiert werden.

Die Augenheilkunde macht knapp drei Viertel des Umsatzes der im TecDAX notierten Firma aus. Der Rest wird im Bereich Mikrochirurgie erwirtschaftet. Dort liefert Carl Zeiss Meditec unter anderem Operations­mikroskope für die Chirurgie.

Trotz vielversprechender Pers­pektiven mussten Aktionäre einige Enttäuschungen verkraften. Konkurrenz aus Japan und der Schweiz trübte die Aussichten, Investitionen in neue Produkte drückten die Marge. Im Ende September beendeten Geschäftsjahr steigerte Carl Zeiss Meditec den Umsatz um 14 Prozent, der Nettogewinn aber schrumpfte. Jetzt steht das ­Unternehmen womöglich an ­einem Wendepunkt: Für das neue Jahr erwarten Analysten laut der vom Datendienst Bloomberg ermittelten Konsensschätzung, dass der Nettogewinn um mehr als 50 Prozent steigt, der operative Gewinn (Ebit) um mehr als zehn Prozent. Das Management stellt eine operative Marge von 13 bis 15 Prozent in Aussicht. Zuletzt waren es 12,6 Prozent.

Große Chancen, hoher Preis

Die Hamburger Berenberg Bank verweist mit Blick nach vorn unter anderem auf den amerikanischen Markt, auf dem Carl Zeiss Meditec mit neuen ­Lasern zur Augenbehandlung Marktanteile gewinnen sollte.

Turbulent könnte es hingegen in den Schwellenländern werden. Die Thüringer erwirtschaften rund 30 Prozent ihres Umsatzes in aufstrebenden Märkten und wären damit anfällig für eine schärfere Abkühlung der Weltwirtschaft. Langfristig ­allerdings sollten die Schwellenländer auch für Medizintechnik­unternehmen überdurchschnittliche Chancen bieten. Bleibt das Bewertungsniveau der Aktie: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt auf Basis der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Gewinne über 20.

Nicht erfasst in dieser Kennziffer wird die hohe Nettoliquidität des Unternehmens, die mehr als zehn Prozent des Börsenwerts abdeckt. Dennoch müs­sen Anleger für die Aktie einen vergleichsweise hohen Preis bezahlen, investieren dafür aber in ein Unternehmen mit solider Bilanz unter guter Positionierung in einem Wachstumsmarkt.

Für den kommenden Freitag hat Carl Zeiss Meditec die Geschäftszahlen für das erste Quartal des neuen Geschäftsjahres angekündigt. Die Investment­bank JP Morgan verweist darauf, dass die Vergleichswerte aus dem Vorjahr recht hoch sind. ­Einen positiven Schub geben dürften erneut Währungseffekte durch den amerikanischen Dollar. Wir sehen die Aktie als ein chancenreiches Langfristinvest­ment, würden aber erst Kursrückschläge in die Region von 25 Euro zum Kauf nutzen. Charttechnisch hat die Aktie bei 20 Euro einen soliden Boden aus den Tiefpunkten des Jahres 2014 gebildet. Nächste Hürde nach oben ist das Dezember-Hoch der Aktie bei 29,60 Euro.