Bayer: Beruhigungspillen für Aktionäre

von Annika Kintscher, Euro am Sonntag

Es sollte ein Befreiungsschlag für den krisengebeutelten Pharma- und ­Agrarchemiekonzern aus Leverkusen werden. Bayer-Chef Werner Baumann präsentierte beim Kapitalmarkttag in London ambitionierte Ziele: Bayer will demnach schneller wachsen und mehr ausschütten. "Wir werden erheblichen Wert schaffen, indem wir durch Innovationskraft wachsen, die Ertragskraft steigern und den Cashflow erhöhen", versprach der Unternehmenschef.

Baumanns Plan im Detail: Der Konzernumsatz soll bis 2022 jährlich durchschnittlich um vier bis fünf Prozent wachsen, beim bereinigten Betriebsergebnis (Ebitda) will Bayer um rund neun Prozent zulegen. Für das kommende Jahr peilt der DAX-Konzern somit einen Umsatz von 46 Milliarden Euro und ein Ebitda von 12,2 Milliarden Euro an - das lag teils über den Erwartungen der Analysten.

Baumann steht unter Druck, das Papier ist seit Jahresbeginn um fast 40 Prozent eingebrochen. Aktionären wollen die Leverkusener nun Gutes tun. Der freie Mittelzufluss soll kräftig steigen, auf rund acht Milliarden Euro im Jahr 2022. "Diese Mittel wollen wir ebenso wie die Erlöse aus den angekündigten Portfoliomaßnahmen unter anderem dafür einsetzen, weiter die Dividende zu erhöhen", erklärte Wolfgang Nickl. Mit Portfoliomaßnahmen meint der Finanzvorstand den Verkauf des Geschäfts mit Tiermedizin und der Beteiligung am Standortdienstleister Currenta sowie die Einsparungen durch den Abbau von zehn Prozent der Belegschaft, rund 12.000 Stellen.

Doch nicht nur dafür soll der freie Cashflow verwendet werden. Der Pharmariese will damit auch die Nettoverschuldung in den kommenden drei Jahren auf etwa 26 Milliarden bis 28 Milliarden Euro reduzieren. Durch die Monsanto- Übernahme hat sich ein Schuldenberg von 36,5 Milliarden Euro angehäuft. Darüber hinaus werde auch die Option eines Aktienrückkaufprogramms geprüft, so Nickl.

Baumanns Strategie ist anspruchsvoll. Sollte sie aufgehen, könnte das der Aktie durchaus Kurspotenzial verschaffen. Investoren scheinen das ähnlich zu sehen, die Nachrichten kamen am Markt zunächst gut an.

Dennoch ist fraglich, ob damit die Kurskrise der vergangenen Monate überwunden werden kann. Denn das Grundproblem ist ungelöst. Die Glyphosat-Prozesse gegen die Tochter Monsanto sind ein schwer kalkulierbares Risiko. Bayer sieht sich in den USA mit 9300 Klagen konfrontiert. Analysten taxieren den möglichen zu zahlenden Schadenersatz auf fünf bis zehn Milliarden US-Dollar.