Euro am Sonntag-Analyse

Deutsche Bank: Das Gespenst geht um

11.10.16 21:04 Uhr

Deutsche Bank: Das Gespenst geht um | finanzen.net

Die Deutsche Bank blockt Spekulationen über ihre Zahlungsfähigkeit nur mit Mühe ab. Die Risiken bleiben - und die Frage nach dem künftigen Geschäftsmodell.

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von B. Haas und W. Ehrensberger, Euro am Sonntag

So viel Zuspruch wie in den vergangenen Tagen haben die Banker in den Zwillingstürmen in Frankfurt schon lange nicht mehr bekommen. "Die Deutsche Bank ist für uns keine Krisenbank", beteuert Portfoliomanager Frank Engels von der Fondsgesellschaft Union Investment. Es bestehe keine Gefahr, dass die Bank ihre finanziellen Verpflichtungen nicht erfüllen könne.



Engels reiht sich damit bei DAX-Chefs ein, die zuvor schon ihre Unterstützung kundgetan haben: "Die deutsche Industrie braucht eine Deutsche Bank, die uns in die Welt hinaus begleitet", sagte BASF-Aufsichtsratschef Jürgen Hambrecht. Daimler-Chef Dieter Zetsche und RWE-Chef Peter Terium stärkten dem gebeutelten Geldhaus ebenfalls den Rücken. Am vergangenen Freitag wurde gar über eine gemeinschaftlich organisierte Kapitalhilfe mehrerer DAX-Unternehmen spekuliert.

Das Gespenst von Lehman

Vorvergangene Woche hatten alte Ängste über eine Kapitalerhöhung und neue Gerüchte über die Zahlungsfähigkeit der Bank Anleger aufgerüttelt. Der Schatten der Lehman-Pleite schien sich über die Frankfurter Bürotürme zu legen. Weiterhin droht der Bank aus den USA eine Strafzahlung von bis zu 14 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) wegen dubioser Immobiliengeschäfte aus der Zeit vor der Finanzkrise.

Eine derartige Zahlung würde die für solche Fälle gebildeten Rückstellungen von gut fünf Milliarden Euro bei Weitem übersteigen und zu einem milliardenschweren Verlust führen, der das Eigenkapital der Bank weiter aufzehrt. Dieses Szenario hat die ohnehin kursierenden Mutmaßungen über eine Kapitalerhöhung zuletzt weiter befeuert. Die Kapitalausstattung der Bank gilt noch immer als ausbaufähig. Die harte Kernkapitalquote liegt mit 10,8 Prozent zwar über den Anforderungen der Regulierer, hinkt aber denen der Wettbewerber hinterher.


Ende vorvergangener Woche gesellte sich noch eine akute, brandgefährliche Spekulation hinzu: der Verdacht, die Bank könne ihren aktuellen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Einige Hedgefonds vermuteten Liquiditätsengpässe und stellten teilweise den Handel mit der Bank ein.

Liquiditäts­engpässe hatten 2008 zur Pleite der US-­Investmentbank Lehman und zu einer Verschärfung der globalen Finanzkrise geführt. Jetzt wurde der ganze Markt in Alarmstimmung versetzt, die Aktie des größten deutschen Geldhauses sackte am Freitag vorvergangener Woche auf ein historisches Tief von 9,90 Euro.

Treueschwüre der Konkurrenz

Die Situation entspannte sich erst, als Deutsche-Bank-Chef John Cryan glaubhaft versichern konnte, dass die Bank derzeit über Liquiditätsreserven von 215 Milliarden Euro verfüge, ein Lehman-Szenario also nicht drohe. Wichtige Konkurrenten wie Goldman Sachs und JP Morgan sprangen Cryan bei und bezeichneten die Liquiditätslage der Frankfurter als stabil - und sollen weitere Hilfen etwa für eine Kapitalerhöhung angeboten haben. Kurstreibend wirkten zudem Meldungen über eine mögliche Einigung mit der US-Justiz. Die Strafe könnte demnach geringer aus­fallen als befürchtet. Die Treueschwüre zeigten Wirkung und vertrieben das Lehman-Gespenst: In den vergangenen Tagen erholte sich der Deutsche-Bank-Kurs um rund 20 Prozent.


In Washington hat am vergangenen Freitag die Jahrestagung von IWF und Weltbank begonnen, zu der Cryan inzwischen ebenfalls angereist ist. Dort könnte es auch zu weiteren Verhandlungen mit den US-Behörden kommen. Eine rasche Einigung könnte laut DZ-Bank-Analyst Christian Koch tatsächlich die Lage weiter beruhigen: "Die Unsicherheit vor allem über die Kapitalausstattung würde sich deutlich reduzieren", so Koch. Martin Hellmich wiederum, Professor für Finanzrisiken an der Frankfurt School, sieht die Deutsche Bank dank ihrer Reserven weit entfernt von einer "existenzbedrohenden" Lage.

Dennoch bewegt sich das Geldhaus in einem angespannten Marktumfeld mit Niedrigzinsen, was auf die Erträge drückt und weitere Anpassungen nötig macht. Der von Cryan eingeschlagene Sparkurs greift nur langsam, auch wenn er den geplanten Abbau von 9.000 Stellen in der Privatkundensparte jetzt nochmals beschleunigt hat. Die Erträge bleiben unter Druck, auch weil Cryan ­risikobehaftete Geschäftsbereiche etwa im Investmentbanking herunterfährt, die bislang als Ertragsbringer galten.

Am Abbau von Risikoaktiva kommt Cryan aber nicht vorbei, wenn er die Kapitalbasis des Geldhauses verbessern will. Eine Kapitalerhöhung scheint auf dem jetzigen Kursniveau hingegen schwierig. Die Kapitaldecke aus einbehaltenen Gewinnen zu stärken, ist angesichts der mageren Erträge nur lang­fristig möglich. Für Cryan ist es ein Wettlauf gegen die Zeit: Weitere Rechtsstreitigkeiten, etwa wegen Geldwäschevorwürfen in Russland, müssen beigelegt werden, Risiken ab- und Kapital aufgebaut sowie die Ertragsschwäche ausgeglichen werden. Die Bank muss nicht zuletzt auch Kunden wie Investoren überzeugen, dass die Neuorganisation des Hauses trägt.

Für Unruhe sorgte vergangene Woche zudem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der das "Spekulantentum" der Bank öffentlich kritisierte. Rückhalt aus Berlin sieht anders aus.

Vermögensverwaltung an die Börse

Inzwischen denkt Cryan offenbar sogar daran, für einen erfolgreichen Umbau das Tafelsilber des Geldhauses ins Schaufenster zu stellen. Die "Financial Times" berichtete am Freitag, dass die Bank einen Börsengang ihrer Vermögensverwaltungssparte prüfe. Ein Minderheitsanteil der Deutsche Asset Management könnte demnach an den Aktienmarkt gebracht werden, um mit den Erlösen die schwache Kapitalbasis zu stärken. Noch im September hatte Cryan einen Verkauf ausgeschlossen.

Investor-Info

Deutsche Bank
Gefahr von Rückschlägen

Die Spekulationen über die Deutsche Bank reißen nicht ab: Am Freitag sorgten Berichte über Kapitalhilfen von US-Banken und DAX-­Konzernen für Aufsehen. Werden in den kommenden Tagen Verhandlungserfolge mit der US-Justiz erzielt, könnte dies den Kurs beflügeln. Angesichts der Risiken in der Bilanz und der zahllosen juristischen Probleme wird die Deutsche-Bank-Aktie jedoch ein hochvolatiles Investment bleiben. Die Gefahr von Rückschlägen ist allgegenwärtig, wie die Marktreaktionen der vorvergangenen Woche gezeigt haben. Hochspekulative Investoren ­mögen Einstiegschancen sehen, von einem Kauf ist derzeit aber abzuraten.

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Bildquellen: 360b / Shutterstock.com, Mario Tama/Getty Images

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