Stahl-Aktien: Da brennt das Feuer wieder
Konzerne wie Salzgitter und Thyssenkrupp sind so stark wie lange nicht mehr. Der Aufwärtstrend der Branche dürfte noch anhalten - und offensiven Anlegern Chancen bieten.
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von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Heinrich Hiesinger weiß, wie man Donald Trump beeindruckt. Beim Treffen europäischer Konzernbosse mit dem US-Präsidenten auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos berichtet Hiesinger, dass im New Yorker Freedom Tower Aufzüge aus der Produktion von Thyssenkrupp laufen. Trump nickte zufrieden. Als Immobilieninvestor kennt er sich bei diesem Thema aus.
Unter Börsianern muss Hiesinger mehr Überzeugungsarbeit leisten. Die Aktie des Stahlkonzerns bewegt sich seit der Jahrtausendwende rauf und runter. Gebracht hat das letztlich wenig: Mit dem DAX hätten Anleger inklusive Dividende in diesem Zeitraum eine mehr als doppelt so hohe Rendite erzielt als mit Thyssenkrupp.
Viel Bewegung, wenig Rendite - das kennen Anleger auch bei anderen Unternehmen aus dem Stahlsektor. Das Problem ist tief in den Strukturen der Branche verankert. Die Nachfrage nach den Produkten und Dienstleistungen der Stahlindustrie schwankt stark mit den Zyklen der Weltwirtschaft. Kunden kommen vor allem aus der Bau- und Automobilindustrie, auch der Maschinenbau ist wichtiger Abnehmer - alles zyklische Branchen.
Verschärft wird die Lage durch den harten Konkurrenzkampf, vor allem Wettbewerber aus China machen den Europäern das Leben schwer. Weil die Kosten hoch sind, rutschen Unternehmen schnell in die roten Zahlen. Thyssenkrupp hat in fünf der vergangenen zehn Jahre unter dem Strich einen Verlust erwirtschaftet. Nicht viel besser ist es bei Salzgitter gelaufen, dem zweiten großen Stahlkonzern aus Deutschland.
Die Branche versucht, aus dem zermürbenden Zyklus auszubrechen. Einsparungen haben fast schon Routinecharakter. Thyssenkrupp drückte seit dem Jahr 2011 seine Kosten um fünf Milliarden Euro, Salzgitter allein in der jüngsten Restrukturierungsrunde um 260 Millionen. Solche Maßnahmen sind bei margenschwachen Konzernen wichtig, aber nur der erste Schritt. Jedes Unternehmen hat einen eigenen Weg.
Vier aus acht
Thyssenkrupp ist seit Jahren eine Baustelle. Getrieben durch schwache Geschäftszahlen, will Hiesinger einen "starken Industriekonzern" formen. Das amerikanische und das brasilianische Stahlgeschäft wurden verkauft, das europäische wird in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem indischen Konkurrenten Tata ausgegliedert. Das Profil von Thyssenkrupp hat sich deutlich verändert: Der Umsatzanteil stahlerzeugender Geschäfte ist auf rund fünf Prozent geschmolzen. Von acht Geschäftsbereichen sind bald nur noch vier übrig. Hiesingers Devise: "Da, wo wir eine bessere Zukunft für ein Geschäft außerhalb des Konzerns sehen, verfolgen wir diesen Weg konsequent."
Geht es nach dem Großaktionär Cevian, ist Thyssenkrupp noch nicht am Ziel. Der Aktienkurs könnte doppelt so hoch stehen, wenn das Unternehmen nicht so komplex wäre, orakelte Cevian- Partner Lars Forberg jüngst zur Hauptversammlung des DAX-Konzerns. Als nächster Verkaufskandidat bei Thyssenkrupp gilt unter Börsianern das Handels- und Dienstleistungsgeschäft Materials Services.
Weniger spektakulär, trotzdem signifikant sind die Veränderungen bei Salzgitter. Im Vergleich zu Thyssenkrupp sind die Niedersachsen deutlich stärker im klassischen Stahlgeschäft verwurzelt. Das wird grundsätzlich wohl auch so bleiben. Als DNA des Konzerns wird das Stahlgeschäft bei Salzgitter gern bezeichnet. Unter dem Dach der im MDAX notierten Holding sind fünf Geschäftsbereiche versammelt. Den größten Anteil zum operativen Konzerngewinn steuerte zuletzt die Sparte Flachstahl bei, die vor allem Kunden aus dem Bereich der Automobilindustrie beliefert.
Im Detail werden sich die Gewichte bei Salzgitter in den kommenden Jahren verschieben: Im Rahmen der Strategie 2021 sollen die stahlnahen und stahlferneren Aktivitäten auf ein Verhältnis von jeweils 50 Prozent ausbalanciert werden. Zuletzt lag die Verteilung bei 60 zu 40 Prozent.
Neue Strategien
Als Stahlhändler mit eigenen Lagerbeständen ist Klöckner & Co besonders stark den Marktschwankungen ausgesetzt. Große Hoffnungen setzt das im SDAX notierte Unternehmen auf die Digitalisierung des Handels, einen stärkeren Fokus auf Dienstleistungen und höhermargige Geschäftsfelder. Im Rahmen dieser Strategie baut Klöckner unter anderem eine Marktplatzplattform auf, die allen Händlern und Käufern offen steht. Die Umsetzung steht zwar noch am Anfang. Der Umsatzanteil, der über digitale Kanäle erzielt wird, soll aber von zuletzt 16 Prozent bis zum Jahr 2022 auf 60 Prozent steigen.
Unter Analysten wird angesichts der neuen Projekte sogar vom "Amazon des Werkstoffhandels" gesprochen, auch wenn die Prozesse im Stahlhandel komplexer sind als bei einem auf den Privatkunden ausgerichteten Internetkaufhaus wie Amazon.
Profitieren könnte Klöckner & Co nebenbei auch von Umstrukturierungen beim Ruhrpott-Nachbarn Thyssenkrupp - als möglicher Käufer, falls der DAX-Konzern tatsächlich sein Handelsgeschäft abstoßen sollte. Trotz aller Strukturveränderungen dürften die Unternehmen dem zyklischen Charakter der Branche aber nicht entkommen.
Für Anleger ist es darum wichtig, den Zyklus im Auge zu behalten. Die Geschäftszahlen der Unternehmen waren zuletzt bemerkenswert gut: Thyssenkrupp hat das beste Ergebnis seit Beginn des Konzernumbaus erzielt, Salzgitter den höchsten Vorsteuergewinn seit dem großen Krisenjahr 2008, Klöckner & Co das beste Ergebnis seit sechs Jahren.
Weiter auf Wachstum
Die Investmentbank Goldman Sachs sieht die Aussichten des europäischen Stahlsektors weiterhin positiv und verweist auf die globale Wirtschaftslage, aber auch die Branchendynamik: Die Analysten sehen ein "starkes synchrones" Wachstum der Weltwirtschaft um rund vier Prozent, weiterhin hohe Stahlpreise in China und anhaltende Kapazitätsdisziplin bei den Anbietern.
Auch Weltmarktführer ArcelorMittal blickt zuversichtlich nach vorn. Der weltweite Verbrauch werde in diesem Jahr wohl um 1,5 bis 2,5 Prozent anziehen, erklärten die Luxemburger bei der Vorlage der Bilanz in dieser Woche. Aus Sicht der Börse hätte der Fahrstuhl die oberste Etage demnach voraussichtlich noch nicht erreicht.
Investor-Info
Thyssenkrupp
Umbau eingepreist
Thyssenkrupp ist eine der spannendsten Neustrukturierungen im DAX. Den größten Teil des Weges aber ist Konzernchef Hiesinger schon gegangen. Der Aktienkurs dürfte die Aussicht auf Verbesserungen darum bereits angemessen würdigen. Charttechnisch steht der Kurs vor einem mächtigen Widerstand bei knapp 27 Euro. Die Chancen sind gut, dass die Dividende im kommenden Jahr steigt, die Dividendenrendite der Aktie aber ist niedrig. Halteposition.
Salzgitter
Vorsichtige Prognose
Die in dieser Woche vorab veröffentlichten Geschäftszahlen des Stahlkonzerns sind an der Börse nicht so gut angekommen wie angenommen. Die Ergebnisse des vergangenen Jahres lagen mit einem Vorsteuergewinn von 238 Millionen Euro im Rahmen der Erwartung. Enttäuscht hat der vorsichtige Ausblick fürs neue Jahr mit einer Spanne von 200 bis 250 Millionen Euro. Die Aktie bleibt ein Investment für risikofreudige Anleger.
Klöckner & Co
Spannende Mischung
Die Aktie des Stahlhändlers bietet eine spannende Mischung: Steigende Stahlpreise sollten sich positiv auf die Geschäftszahlen auswirken. Die von Klöckner vorangetriebene
Digitalisierung mit einer Marktplatzplattform bietet zusätzliche Chancen. Am 28. Februar will Klöckner die Geschäftszahlen für das
vergangene Jahr präsentieren. Die Aktie ist für Anleger zwar der Favorit im Sektor, aber ebenfalls ein riskantes Investment.
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