Euro am Sonntag-Aktien-Check

Wirecard: Ein bisschen Größenwahnsinn

15.10.18 01:00 Uhr

Wirecard: Ein bisschen Größenwahnsinn | finanzen.net
Markus Braun, Wirecard-Chef

Der Chef des Münchner Bezahldienstleisters Wirecard will in den kommenden sieben Jahren den operativen Gewinn versechsfachen. Was davon zu halten ist.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Google bringt Schwung in den Markt für Bezahlsysteme. Dank einer Kooperation mit dem US-Bezahldienstleister Paypal können in Deutschland künftig alle Besitzer von Android-Handys im Supermarkt mobil und kontaktlos bezahlen. Bislang war das nur Nutzern ausgewählter Kreditkarten möglich. Nun können mehr als 20 Millionen Kunden auf Google Pay zugreifen.



Die Aktie von Wirecard hat das auf Talfahrt geschickt. Zum dritten Mal seit Anfang September bricht der Kurs deutlich ein, seit dem DAX-Aufstieg ist er inzwischen um rund zehn Prozent gefallen. Mal treiben Gerüchte über eine Verkaufsempfehlung Anleger aus dem Papier, mal sind es schlicht Gewinnmitnahmen. Letztere sind nachvollziehbar, schließlich verzeichnete der Titel in den vergangenen zwölf Monaten ein Plus von rund 100 Prozent. Da steigt einfach die Wahrscheinlichkeit größerer Rückschläge.

Dabei hatte Chef Markus Braun Investoren noch Anfang vergangener Woche mit guten Nachrichten versorgt. Anlässlich eines Investorentags in London stellte Braun seine "Vision 2025" vor. Doch der Ausblick löste zwiespältige Reaktionen aus. "Unseres Erachtens sind die Ziele etwas zu ambitioniert", kommentieren etwa die Analysten von Independent Research die Prognosen des Dienstleistungsunternehmens, das Firmen bei der Abwicklung von mobilen und internetbasierten Zahlungen unterstützt und dafür Gebühren kassiert. Die Analysten der britischen Bank Barclays sprechen gar von "äußerst ambitionierten Monsterzielen".

Brauns Visionen

Wirecard will in den nächsten sieben Jahren das Volumen der abgewickelten Zahlungen auf mindestens 710 Milliarden Euro anheben. Zum Vergleich: 2017 waren es 91 Milliarden Euro. Das soll einen Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro bringen, 2017 lag die Kennzahl bei 1,5 Milliarden Euro. Letztlich soll dann ein operativer Gewinn von 3,3 Milliarden Euro hängen bleiben, 2017 verdienten die Bayern 413 Millionen Euro Ebitda. "Alle Zahlen, die wir hier angeben, sind Untergrenzen. Das möchte ich betonen", sagte der Wirecard-Chef in einem Interview.

Dass ausgerechnet der US-Internetnetriese Alphabet über seine Tochter Google nun eine Strategie gefunden hat, Wirecard auf dem Heimatmarkt anzugreifen, verpasst dem DAX-Neuling einen herben Dämpfer. Denn das Wachstum der Münchner soll aus dem Trend zum mobilen Bezahlen kommen. Braun setzt darauf, dass Kunden dazu zunehmend die hauseigene App "Boon" verwenden, und will künftig darüber auch Versicherungen und Kredite verkaufen.

Haushohe Wachstumsziele

Um die Ziele zu erfüllen, muss der Konzern jährlich im mittleren 20-Prozent-Bereich wachsen. Diese Marke hat das Aschheimer Unternehmen in den letzten vier Jahren bereits mehrfach übertroffen. Auch im ersten Halbjahr stieg der Umsatz auf 898 Millionen Euro: ein Plus von 46 Prozent. Braun und sein Team können die Ziele schaffen - auch wenn sie ein bisschen größenwahnsinnig wirken.

Riskant: Das unsichere Marktumfeld erhöht die Rückschlaggefahr. Die Aktie ist nur sehr spekulativen Anlegern zu empfehlen.





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Bildquellen: Wirecard, Andreas Pohlmann/Wirecard AG

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