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Deutsche Börse: Was der neue Chef alles anpackt

17.02.18 11:20 Uhr

Deutsche Börse: Was der neue Chef alles anpackt | finanzen.net

Theodor Weimer, der neue Chef des DAX-Konzerns, will einen Schlussstrich unter die misslichen letzten Jahre setzen. Voller Tatendrang macht er sich ans Werk - und räumt auf.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Theodor Weimer fackelt nicht lang. Der neue Vorstandschef macht - kaum mehr als einen Monat im Amt - von sich reden. Die Chefetage will er verschlanken und Kompetenzen neu aufteilen. Das alte Börsengebäude in Frankfurt soll eine Erlebniswelt werden. Die glücklose Asien-­Expansion ist teilweise abgesagt. Die Indizes will Weimer neu strukturieren und außerdem soll der Konzern mit Sitz in Eschborn wachsen, wachsen, wachsen. "Mir fallen Wachstumschancen zwischen 20 und 50 Millionen Euro aus vielen Bereichen geradezu entgegen", sagte der 58-Jährige während seiner ersten öffentlichen Rede beim Jahresempfang Ende Januar. Weimer inszenierte einen Neustart.



Dafür muss der Ex-Chef der Hypovereinsbank überzeugen, Mitarbeiter wie Aktionäre. Alle sind traumatisiert von den letzten beiden Jahren. Die Anfang 2016 veröffentlichte und im vergangenen Jahr gescheiterte Fusion mit der London Stock Exchange (LSE) wirkt nach. Damit einhergehende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Insiderhandel gegen die Deutsche Börse und Ex-Chef Carsten Kengeter werfen Schatten. Über Erfolg hat lang keiner mehr gesprochen.

Auch, weil das Unternehmen 2017 die Jahresziele verpassen könnte. Statt auf ein Umsatzwachstum von fünf bis zehn Prozent kommt der Börsenbetreiber wegen geringer Handelsvolumina im zurückliegenden Jahr wohl nur auf drei Prozent. Dennoch ist die Aktie seit Jahresstart um mehr als neun Prozent gestiegen.


Weimer überzeugt. Ein bisschen Glück gehört auch dazu: Der Handelsplatz Xetra startete so stark ins Jahr wie seit einer Dekade nicht mehr. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 34 Prozent auf 156,5 Milliarden Euro.

Der Erfolg zeigt aber zugleich die größte Schwachstelle im Konzern auf: Die Deutsche Börse ist abhängig von Marktaktivitäten. Zur Linderung hat sie schon lange das Geschäftsmodell diversifiziert: Die Verwahrgesellschaft Clearstream und Datendienstleistungen sind zwei tragende Säulen geworden. Aber: "Auch allein hat die Deutsche Börse ein langfristig tragfähiges Geschäftsmodell", meint etwa Jürgen Parr von der Landesbank Baden-Württemberg.


Wachsen kann der mit rund 5.000 Mitarbeitern kleinste DAX-Konzern vor allem über mehr Kunden und Aufträge. "Bei uns gehören Akquisitionen zum Geschäft", betont deshalb Weimer. Ein großer Deal ist aber nach der geplatzten Fusion mit der Londoner Konkurrenz und dem 2012 gescheiterten Anlauf zum Zusammenschluss mit der NYSE Euronext tabu.

Ganz anders als Kengeter

Weimer kann hier nur die Strategie seines Vorgängers Kengeter fortsetzen und kleinere Zukäufe einfädeln, ähnlich dem Erwerb der Devisenhandelsplattform 360T vor zwei Jahren. Und er kann auf kleinere Wachstumschancen setzen. Im Blick hat er dabei den Handel mit Devisen, Rohstoffen und Anleihen sowie den Nachhandelsservice. Potenzial sieht er zudem bei Daten für Investitionsentscheidungen, etwa Indexberechnungen. Für TecDAX, MDAX und SDAX hat die Börse zuletzt eine neue Struktur angekündigt (siehe unten).

Das löst keinen Wachstumsschub aus, das ist noch keine Vision. Doch darum geht es momentan nicht. Weimer präsentiert sich zunächst als Gegenbild zu seinem Vorgänger, als Aufräumer. Er wird vermutlich den von Kengeter 2015 geschaffenen erweiterten Vorstand ­abschaffen, um Entscheidungen zu beschleunigen. Außerdem soll er Roger Müller, Chefjustiziar seit 2003, gefeuert ­haben. Müller hatte sich zuletzt einige Schnitzer geleistet, unter anderem hatte er einen Aktiendeal abgesegnet, der Kengeter später zum Verhängnis wurde.

Der seit 15 Jahren in Wiesbaden lebende Weimer ist zudem mit der hessischen Landesregierung gut vernetzt. Kengeter war das nicht, was als ein Grund für das Scheitern der LSE-Fusion gilt. Am Finanzplatz Frankfurt galt Kengeter als Durchreisender nach London, wo der Hauptsitz der Megabörse sein sollte. Weimer will das Verhältnis kitten und lässt die alte Börse für 18,5 Millionen Euro zum "Publikumsmagneten" umbauen. Es sind kleine Schritte, aber für die kurze Amtszeit ist es eine stolze Bilanz.

Investor-Info

Neue Pläne
Aufwertung und Umbau

Die Deutsche Börse plant verschiedene Neuerungen: Bis 2020 soll das alte Börsengebäude aus der Kaiserzeit in Frankfurt umgebaut sein. Im Handelssaal, der vor allem als Kulisse für TV-Aufzeichnungen dient, ändert sich nichts. Dafür entsteht ein zweistöckiger ­Empfangsbereich, in dem Börsendebütanten feiern und das Läuten der Börsenglocke zelebrieren können. Wie der Handel auf dem Parkett früher funktioniert hat, soll eine Ausstellung zeigen. Zudem sollen die kleineren Indizes SDAX und MDAX sowie TecDAX aufgewertet werden.

Deutsche Börse
Margenstark

Am 20. Februar legt die Deutsche Börse Zahlen vor - Analysten rechnen mit einer Umsatzdelle. Der Börsenbetreiber steht jedoch mit einer Gewinnmarge von knapp 50 Prozent profitabel da und kann das Tief verkraften. Die Aktie ist bereits fair bewertet, aber Anlegern winkt eine stattliche Dividende.

LSE
Der Übernahmekandidat

Die London Stock Exchange (LSE) ist nach dem Aus der Fusionsverhandlungen mit der Deutschen Börse ein heißer Übernahmekandidat. Potenzielle Käufer sind etwa die CME Group oder die Intercontinental Exchange.
Risikofreudige Anleger spekulieren auf eine Übernahmeprämie zum aktuellen Preis.


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Bildquellen: Wolf Heider-Sawall/Deutsche Börse AG, Börse Frankfurt

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