Guggenheim-Analyst: Darum beginnt in sechs Monaten die Rezession
Der Wirtschaftsexperte Brian Smedley prognostiziert in einem Interview eine Rezession bis Mitte 2020. Wie der Arbeitsmarkt, steigende politische Unsicherheit, der Handelskrieg und der verschärfte Finanzmarkt dazu beitragen.
• Erfahrener Analyst rechnet mit einer Rezession bis Mitte 2020
• Der Handelskrieg pusht in eine globale Rezession
• Es ist fraglich, ob die Fed die Rezession aufhalten kann
Rezession in den USA in den nächsten sechs Monaten
In einem Interview des Advisor Perspectives mit Brian Smedley, Chef der Makroökonomie und Investitionsforschung bei Guggenheim Partners, erläuterte der Experte warum er eine Rezession bis Mitte 2020 prognostiziert. Smedley ist ein zuverlässiger Analyst für makroökonomische und Investmentstrategien. Er ist unter anderem verantwortlich für ein neun Mann starkes Team, welches den globalen Markt im Auge behält. Zusätzlich beaufsichtigt Smedley Guggenheims vorherrschende Kreditforschung und ist ein gern gelesener Kommentator für variierende Themen. Früher arbeitete er für die Fed. Während des Gesprächs kommentierte Smedley, dass sich die Analysen seines Teams manchmal von denen der offiziellen Marktanalysen differenzieren.
Diese Leitindikatoren sprechen für eine baldige Rezession
Aufgrund zahlreicher Analysen kommt der Analyst zu dem Schluss, dass die USA auf dem besten Weg sind, Mitte 2020 in eine Rezession zu geraten. Für diese Prognose nutze das Team ein besonderes Tool, welches vor zwei Jahren intern entwickelt wurde, um genaue Zeitpunkte für den nächsten Wirtschaftsabschwung zu berechnen. Das Tool schließt beispielsweise verzögerte Datenberechnungen oder institutionelle Befangenheit aus. Daraus entstand zuerst das Rezessions-Wahrscheinlichkeit-Modell. Dieses Modell prognostiziert eine über 50 prozentige Wahrscheinlichkeit für eine Rezession bis Mitte 2020 in den USA, diese Wahrscheinlichkeit stieg über die letzten Monate kontinuierlich weiter an.
Außerdem entwickelte sich das sogenannte Rezessions-Dashboard. Dieses Dashboard analysiert empirisch, wie sich die Daten in den letzten Zügen einer Expansion verhalten. Eine sehr niedrige Arbeitslosenquote ist eines der Anzeichen für eine auslaufende Rezession. Weiterhin ist eine geminderte Dynamik bei der Verbesserung des Arbeitsmarkts, typisch für eine bevorstehende Rezession. In den USA kann sich der Prozess beobachten lassen. Die Fed verfolgt eine verschärfte Politik mit erhöhten Zinsen, da der Arbeitsmarkt angespannt ist. In der Historie spiegelt sich ein ähnliches Verhalten wieder. Zur genaueren Situationsanalyse rückt Smedley die Dreimonats-Zinskurve bis zur Zehnjahres-Zinskurve ins Zentrum der Forschung. Die Zinskurve flachte in dem begutachteten Zeitraum sichtbar ab und dreht sich einmal um. Investoren sollten dies laut Bradley nicht missachten.
Auch der ökonomische Leitindex, zusammengesetzt aus den wichtigsten Indikatoren, schwächte über das letzte Jahr ab. Weniger neue Jobs wurden angetreten und verhältnismäßig weniger Wochenstunden geleistet. Speziell diese Entwicklung ist eine Routine der Arbeitgeber in schweren Zeiten. Anstatt Angestellte zu entlassen, reduzieren die Verantwortlichen zunächst die wöchentliche Stundenanzahl der Mitarbeiter. In den nächsten sechs Monaten erwartet der Experte eine Welle der Entlassungen. Ein weiterer wichtiger Leitfaktor sind die realen Einzelhandelsumsätze, welche in den letzten Monaten positiv auffielen. Allerdings geht Semdley auch hier von einem Rückgang aus. Anhand der Daten lässt sich deshalb eine Rezession in spätestens sechs Monaten, ab jetzt, ziemlich sicher vorhersagen, fügt der Wirtschaftler hinzu.
Der anstehende Wahltag bringt politische Unsicherheit mit sich. Deshalb erwartet Smedley Folgen für Konsumentenausgaben, Businessinvestitionen und verschärfte Bedingungen auf dem Finanzmarkt. Die Wahl zwischen Republikanern und Demokraten wird Einfluss haben, da es fraglich bleibt, ob Trump mit seiner speziellen Politik wiedergewählt wird.
Welche Rolle spielt die Fed in der Rezession?
Welche Rolle spielt nun die Fed? Auf die Frage des Interviewers Robert Huebscher, ob die Fed eine Rezession durch das Senken der Zinsen aufhalten kann, antwortet Brian Smedley vorsichtig. Über das Jahr 2019 gehören sowohl sehr sichere als auch sehr riskante Geldanlagen zu den Topperfomern des letzten Jahres. Edelmetalle und langfristige Treasury- und Agency Schulden entwickelten sich sehr positiv, ebenso Aktien und Energierohstoffe, was größtenteils auch auf die Aktionen der Fed zurückzuführen ist. Nachdem die Fed das Wirtschaftswachstum gegen Widrigkeiten unterstützte, lässt sie auch jetzt nicht nach.
Die Bank steuert geradewegs auf einen Wirtschaftskrieg der beiden größten Volkswirtschaften der Welt zu und bekämpft zusätzlich weitere spätzyklische Phänomene. Hinzu kommt eine zunehmende politische Unsicherheit, da die US-Wahlen 2020 wieder anstehen. Innerhalb des Fed-Komitees herrscht ein Zwiespalt, einige wenige Mitglieder drängen zu einer Zinskürzung, während der größere andere Teil von einer stabilen und positiven wirtschaftlichen Lage überzeugt ist. Damit gerät die Fed in eine typische Falle. Die Geldpolitik funktioniert mit langsamen und verzögerten Prozessen, wie Milton Friedman einst äußerte. Sind die Zahlen bereits deutlich verschlechtert, lässt sich im Nachhinein eine Rezession durch die Fed nicht mehr aufhalten, stattdessen müsste die US-amerikanische Notenbank jetzt reagieren.
Im Gegensatz zu vielen anderen Zentralbanken wie der EZB oder in Japan, zögert die Fed bisher, negative Zinsen zu verwenden. Das lief ähnlich bei der letzten Finanzkrise. Bevor ein negativer Zins für die Fed in Frage kommt, würde die Bank zuerst alle Fed-Fonds auf Null bringen und danach den Leitzins für längere Zeit auf einem niedrigen Niveau halten, erläutert der ehemalige Fed-Mitarbeiter Brian Smedley.
Trumps Tarif- und Zollpolitik pusht eine globale Rezession
Trumps Zollpolitik ist kein Geheimnis. "Wie stark wirkt sich die Erhöhung der Handelszölle auf die Rezessionsprognose aus?", fragte der Reporter des advisor perspectives im Zuge des Interviews. Die Antwort des Interviewten: Die Zölle seien ein maßgeblicher Faktor für den Ausblick. Die US-amerikanische Zollpolitik führt geradewegs in einen Handelskrieg, welcher das globale Wirtschaftswachstum negativ beeinflusst und den Weg zur Rezession beschleunigt. Die Tarife resultierten in einem starken US-Dollar, niedrigen Aktienkursen, aber auch einer Verschärfung des Finanzmarktes, was auf Kosten des Wachstums geht. Die bedingte erhöhte Inflation hat zur Folge, dass die Kaufkraft der Konsumenten zurückgeht, Unternehmensprofite verringern sich. Zudem erhöht sich die politische und ökonomische Unsicherheit. Unsicherheit ist einer der größten Abturner für potenzielle Investoren, die Investitionen bleiben somit vermehrt aus. Fragwürdig bleibt, ob die Zölle das Handelsdefizit zwischen den Handelspartnern reduzieren können. Klar ist laut dem Guggenheim-Analyst hingegen, dass selbst bei einer Reduktion des Handelsdefizits, die negativen Folgen für das weltweite Wachstum und die Logistik weitaus größer sind. Der angerichtete Schaden zeigt sich besonders deutlich in der Produktion, betroffen sind deshalb vor allem Deutschland und China. Weltweit gäbe es laut dem Experten keinen schlechteren Zeitpunkt für einen Handelskrieg, neue Zahlen weisen auf einen weiteren negativen Umschwung im Dienstleistungssektor hin.
Wer auf die Treasury-Kurve zählt, hat schon laut Smedley schon verloren
Die Zinskurve wird von Experten der Branche allerdings als verzerrt deklariert, da die Fed maßgeblich Teil an dem Verlauf der Kurve hat. Dafür wird der Treasury-Markt als Ursache mit einbezogen. Die Treasury Abteilung gab einen großen Schuldenbetrag aus, um das Defizit zu finanzieren und verlängerte zusätzlich die Frist für die ausstehenden Schulden.
Die Quantitativen Lockerungs-Käufe reichten allerdings nicht aus, um die verlängerte Fälligkeitsfristen auszugleichen. Dementsprechend verlief die Treasury-Kurve signifikant steiler als gewohnt. Dabei dient die Treasury-Kurve als wichtiger Indikator für eine bevorstehende Rezession. Die Swap-Kurve, in enger Beziehung zur Treasury-Kurve und interessant für den spekulativen Investitionsmarkt, kehrte bereits am 03. Januar 2019 um, während sich die Treasury Kurve erst im März umdrehte. Dieses Beispiel zeigt, dass sich die Rezession nicht so genau durch die Treasury-Kurve vorhersagen lässt, da sie zeitverzögert prognostiziert und eine Rezession anhand dieser Daten früher kommen kann, als gedacht.
Wie schwer wird die Rezession laut des Analysten ausfallen?
Bei der Nachfrage wie schwer der wirtschaftliche Abschwung ausfallen wird, gibt der Experte Entwarnung. Auf Grundlage einer quantitativen Faktorenanalyse des makroökonomischen Umfelds, geht Smedley von einer durchschnittlichen Schwere der Wirtschafts-Rezession im historischen Vergleich aus. Die Wirtschafts-Rezession könnte sogar etwas leichter ausfallen. Das BIP und die Arbeitslosenrate sind tragende Grundlagen seiner Ergebnisse. Allerdings verschärfen sich die politischen Möglichkeiten, weltweit haben die großen Banken wenig Spielraum, um die Zinsen zu senken.
Für Märkte prognostiziert Smedley allerdings eine schwerere Markt-Rezession. Anhand des Bärenmarkt-Schweregrad-Modells, sieht die Theorie einen Rückgang der Aktien von 40 bis 50 Prozent vor. Das wäre ähnlich stark wie die Bärenmärkte in 2000 und 2008.
Redaktion finanzen.net
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