Deutsche Telekom & Co.

Telekombranche: Ganz schön auf Draht

11.07.15 15:00 Uhr

Telekombranche: Ganz schön auf Draht | finanzen.net

Die Branche ist im Umbruch, immer mehr Konzerne werden in Europa aufgekauft. Das birgt spannende Investmentchancen, zumal noch andere ­Faktoren hinzukommen.

von Jürgen Büttner, Euro am Sonntag

Die kalte Schulter gezeigt zu bekommen ist für einen Selfmade-Milliardär wie Patrick Drahi ungewohnt. Doch am 23. Juni war es passiert: Martin Bouygues, Chef von Bouygues Telecom, ließ Drahi kühl abblitzen und wies eine an sich generöse zehn Milliarden Euro schwere Kaufofferte des mehrheitlich im Besitz von Drahi befindlichen Ka­bel- und Telekommunikationsunternehmens Altice zurück.

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Aus dem Plan, den zu Altice gehörenden französischen Mobilfunkbetreiber Numericable-SFR mit der Telekom­sparte des französischen Industriekonglomerats Bouygues zu verschmelzen, wird somit nichts.

Zumindest vorerst. Denn aufgeschoben ist nicht zwingend aufgehoben. Dürfte sich doch ein Milliardär und Macher wie Drahi nicht so schnell von der ehrgeizigen Idee abbringen lassen, die neue Nummer 1 im französischen Telekommarkt zu schaffen.

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Auch Analysten glauben nicht, dass in dieser Sache das letzte Wort schon ­ gesprochen ist. Das gilt ebenso für die gleichzeitig mit der Offerte vorgebrachten kartellrechtlichen Bedenken. Schließlich gibt es wie in Deutschland in einer steigenden Anzahl europäischer Länder mittlerweile nur noch drei lokale Mobilfunkanbieter.

Drei Zukäufe binnen 18 Monaten

Das jüngste Fusionsvorhaben zeigt unabhängig vom Scheitern im ersten Anlauf aber eines ganz deutlich: Die Telekombranche in Europa befindet sich weiter in einem Konsolidierungsprozess. Allein Altice war in den vergangenen 18 Monaten mit drei Akquisitionen in Frankreich, Portugal und den USA aktiv.
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An der Börse kommt das gut an, weil Synergien freigesetzt werden und der Wettbewerbsdruck bei weniger Anbietern abnimmt. Bessere Geschäftsergebnisse und steigende Aktienkurse sind die Folge. Die zeigt sich beispielsweise an dem Branchenindex Euro Stoxx Telecom, der den übergeordneten Euro-Stoxx-50-Index in den beiden vergangenen Jahren deutlich abgehängt hat.

Trotz der Kursrückschläge der vergangenen Tage bewegen sich die europäischen Telekomindizes in einem intakten Aufwärtstrend. Charttechnisch stimmt somit derzeit grundsätzlich die Ausgangslage für weitere Kursgewinne noch.

Weniger Regulierungsdruck

Neben den Übernahmespekulationen gibt es weitere interessante Faktoren, die die Kurse der Telekoms stützen. Dazu zählt die Aussicht auf einen nachlassenden Regulierungsdruck. Mit dem sich nun für Juni 2017 abzeichnenden Ende der EU-Roaming-Entgelte müssen die Branchenvertreter zwar zunächst eine weitere Kröte schlucken, aber danach könnten die staatlichen Eingriffe weniger werden.

Geschäftliches Potenzial besteht zudem, wenn, wie prognostiziert, die Einnahmen durch eine stärkere Nutzung mobiler Daten steigen. Chancen bestehen hier nicht nur dank eines sich ändernden Nutzerverhaltens, sondern auch wegen der im Vergleich mit den USA in Europa noch deutlich niedrigeren Pro-Kopf-Ausgaben beim mobilen Telefonieren und Surfen im Internet. Weltweit gesehen soll das mobile Datenvolumen gemäß dem Ericsson Mobility Report von 2014 bis 2020 vor allem bedingt durch das stark zunehmende Videostreaming um 45 Prozent pro Jahr zulegen.

Das Ende des Verlierer-Images

Von dem letztgenannten Fakt profitiert die Deutsche Telekom bereits jetzt über ihre US-Tochter T-Mobile US. Außerdem mischen die Bonner über die zum Verkauf gestellte T-Mobile US beim Übernahmereigen mit. Auch die damit verbundene Fantasie hat der T-Aktie geholfen, ihr Verlierer-Image an der Börse etwas abzustreifen.

Anders als früher meist üblich schlägt sich der Kurs seit geraumer Zeit besser als der DAX. Dazu trägt auch die Annahme einer im Branchenvergleich guten Marktstellung bei. Beispielsweise wird damit gerechnet, dass die Wettbewerber der Deutschen Telekom durch den geplanten Ausbau des Breitband­angebots in Deutschland eher geschwächt werden.

Allerdings wäre die Deutsche Telekom nicht sie selbst, wenn es im Konzernverbund nicht irgendwo Probleme geben würde. Derzeit betrifft das die griechische Tochter OTE. Deren Wert würde bei einem Euro-Austritt Griechenlands mit anschließender Währungsabwertung deutlich sinken. Kurzfristig könnte dieses Problem den Aktienkurs belasten.

Durch die jüngsten Kursgewinne vieler Telekomaktien sind deren Bewertungen zum Teil schon recht anspruchsvoll geworden. Dabei geht es nicht nur um die absolute Höhe der Bewertung. Wichtig zu wissen sind vielmehr zwei Punkte, auf die die Investmentbank Morgan Stanley hinweist.

Ambitionierte Bewertung

Zum einen haben sich Anleger im europäischen Telekomsektor - im Vergleich zu anderen Branchen - so hoch wie seit mehr als fünf Jahren nicht mehr positioniert. Zum anderen bewegt sich die relative Branchenbewertung im Vergleich mit dem Gesamtmarkt deutlich über dem Zehnjahresdurchschnitt. Nur während der Technologiemedien- und Telekomblase um die Jahrtausendwende war dieser Wert noch höher. Das bedeutet: Viele Anleger sind bereits in dem Bereich investiert, was das Potenzial etwas beschränkt. Zudem droht die Gefahr von Gewinnmitnahmen oder Umschichtungen in andere Branchen.

Geschürt wurde das Interesse auch von den hohen Dividendenrenditen, welche die Citigroup für 2015 für die europäischen Branchenvertreter auf 4,1 Prozent taxiert. Sollten die Renditen für Anleihen weiter steigen, würde dieses Argument zwar verblassen. Wer langfristig denkt, achtet dennoch auf eine attraktive Dividendenrendite. In einem allgemeinen Umfeld mit zumeist nur geringem Wachstum dürfte es sich außerdem bezahlt machen, auf Unternehmen mit Wachstumsfantasie zu setzen.

Diesem Kriterium entsprechen die belgische Telenet und die britische ­Cable & Wireless Communication. Die Analysten der Bank Nomura sagen beiden Unternehmen von 2014 bis 2017 jeweils ein Umsatzplus von fast 15 Prozent vo­raus. Hinzu kommen akzeptable Renditen und ein Schuss Konsolidierungsfantasie. Insofern sollten Anleger solche Werte nicht abblitzen lassen.

Investor-Info

Deutsche Telekom
Magenta macht Laune

Frei von Problemen ist der Konzern auch 2015 nicht. Doch die Stimmung rund um die T-Aktie hat sich verbessert. Zu verdanken ist das geschickten Beteiligungsverkäufen und eingefädelten Partnerschaften. Zudem überzeugen die Geschäftsergebnisse, die aus einem boomenden US-Geschäft und einer guten Netzqualität resultieren. 2015 soll der Gewinn um 30 Prozent steigen, auch für die nächsten Jahre sieht es gut aus.

Telenet
Spieler im Übernahmepoker

Durch den Kauf des belgischen Mobilfunkanbieters Base mischt der zum US-Kabelriesen Liberty Global gehörende Konzern beim Übernahmereigen mit. Gleichzeitig wird auf eine Komplettübernahme durch die Amerikaner spekuliert. Nach der Korrektur hat sich der Kurs gefangen. Hohe Wachstumsraten werden erwartet, die KGV-Bewertung ist aber höher als bei der Deutschen Telekom.

Cable&Wireless Communications
Ab in die Karibik

Der britische Mobilfunker sieht Wachstums­chancen in der Karibik und Südamerika. In der Karibik machte der Konzern durch den Kauf von Columbus Int. einen großen Schritt nach vorn. Auch hier ist Liberty Global im Spiel: John Malone, Besitzer des US-Kabelriesen, hält 13 Prozent der Anteile an Cable & Wireless. Die Aktie hat sich gut gehalten, ist aber inzwischen sehr ambitioniert bewertet. Daher nur eine neutrale Einstufung.

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Bildquellen: Deutsche Telekom, Pressmaster / Shutterstock.com

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30.03.2020Deutsche Telekom UnderweightBarclays Capital
18.03.2020Deutsche Telekom UnderweightBarclays Capital
04.03.2020Deutsche Telekom UnderweightBarclays Capital
20.02.2020Deutsche Telekom verkaufenBarclays Capital
19.02.2020Deutsche Telekom UnderperformJefferies & Company Inc.

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