DaxVestor-Kolumne Stefan Böhm

DAX: Geht die Rallye weiter?

16.11.09 08:28 Uhr

DAX: Geht die Rallye weiter? | finanzen.net

Der Kursrutsch vom Oktober scheint überwunden. Fast so schnell, wie der DAX bis an die 5.300 Punkte nach unten rauschte, geht es nun wieder nach oben.

Gelten die Gründe, die vor vier Wochen zum Ausverkauf führten, auf einmal nicht mehr oder waren die Anleger einfach nur zu pessimistisch?

Zahlenflut muss verdaut werden

Vielleicht hat der eine oder andere Anleger auch den Überblick verloren, was angesichts der Zahlenflut keine Überraschung wäre. Aus dem DAX legten heute RWE, Salzgitter und K+S ihre Quartalszahlen vor – durchaus mit gemischten Ergebnissen. Während der Versorger RWE zwar Einbußen in den ersten neun Monaten verzeichnete, bestätigte RWE-Chef Großmann die Prognose für das Gesamtjahr. Der Düngemittelkonzern K+S verzeichnete nicht ganz überraschend eine schwache Nachfrage aus dem Agrarsektor und landete im dritten Quartal in den roten Zahlen. Nachdem im Vorjahresquartal noch ein dickes Plus von 358,1 Mio. EUR stand, steht nun ein Minus von 2,1 Mio. EUR unter dem Stric h. Das operative Ergebnis lag mit 9,8 Mio. EUR zwar in der Gewinnzone, blieb jedoch hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Für 2010 rechnet K+S zwar wieder mit einer Verbesserung der Kali-Geschäfte, blieb eine genaue Prognose jedoch schuldig. Das Salzgeschäft lief dagegen gut. Die Verringerung der Abhängigkeit vom Düngemittelgeschäft scheint damit auf einem guten Wege zu sein. Die Aktie und unser Bonuszertifikat im Musterdepot bleiben daher interessant. Der Stahlkonzern Salzgitter schließlich landete wegen der Flaute im Automobilbereich und im Maschinenbau tief in den roten Zahlen. Der Verlust im dritten Quartal fiel mit -66 Mio. EUR wesentlich höher als erwartet aus. Auch bei Salzgitter ist die Verunsicherung groß. Außer der Erwartung eines ausgeglichenen Schlussquartals und eines Verlusts im Gesamtjahr 2009 gab es keine konkreten Prognosen des Unternehmens für die nächste Zeit.

Liquiditätsrallye hält an

Insgesamt bleibt festzuhalten: Die zuletzt veröffentlichten Unternehmenszahlen sind zwar teilweise ganz ordentlich, aber keinesfalls berauschend. Die Tatsache, dass sich viele Aktien inzwischen wieder auf Erholungskurs befinden, muss daher anderen Faktoren geschuldet sein, z. B. den immer noch großen Liquiditätspolstern vieler Anleger, die mangels Alternativen auch weiterhin in den Aktienmarkt fließen dürften. Nicht ganz unschuldig an dieser Situation sind auch die wichtigsten Notenbanken, von denen auf absehbare Zeit wohl keine Zinserhöhungen zu erwarten sind. Die Unternehmen, die es sich leisten können, nutzen die Gunst der Stunde zu Zukäufen. Der PC-Hersteller Hewlett-Packard offerierte in dieser Woche ein Übernahmeangebot für den Netzwerkspezialisten 3Com und feuerte damit eine Breitseite gegen den Platzhirsch Cisco Systems ab. Der US-Nahrungsmittelkonzern Kraft Foods versucht sich derweil an der feindlichen Übernahme des britischen Konkurrenten Cadbury und auch eine Vielzahl von Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe treten als Käufer auf den Plan.

Leuchtturm China

Ein weiterer Grund für die erneute positive Stimmung an den Börsen sind auch die jüngsten starken Konjunkturdaten aus China. Die Industrieproduktion wächst inzwischen wieder so stark wie vor dem Ausbruch der Krise. In den zwölf Monaten bis Oktober steht ein Plus von 16,1 Prozent zu Buche. Auch die Binnennachfrage kommt überraschend stark in Schwung. Der Einzelhandel wuchs um 16,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, zugleich verliert der Abschwung bei den Exporten an Dynamik. Nach diesen guten Zahlen dürften die Volkswirte ihre Prognosen für das BIP-Wachstum erneut auf den Prüfstand stellen. Bislang gehen die Experten im Schnitt von einem Plus von acht Prozent für 2009 aus. Nun scheinen auch noch höhere Wachstumsraten möglich – ebenso auch 2010, da viele Maßnahmen aus den Konjunkturprogrammen erst dann greifen werden. Der Aufschwung ist so stark, dass die Regierung sogar wieder auf die Bremse tritt. Zwar ist nicht mit einer Zinserhöhung in nächster Zeit zu rechnen, doch die Banken wurden aufgefordert, die Kreditvergabe zurückzufahren – für deutsche Verhältnisse ein unvorstellbarer Vorgang. China ist zur Konjunkturlokomotive der Welt geworden.

DAX in neuem Seitwärtsintervall?

Mit der schnellen Rückkehr über 5.600 Punkte sind die Negativ-Szenarien vorerst abgewehrt. Aus charttechnischer Sicht befindet sich der DAX nun in einem Seitwärtsintervall zwischen 5.300 und 5.850 Punkten. Erst bei einem Ausbruch nach oben bzw. unten wäre eine Neuorientierung in die eine oder andere Richtung fällig.

Fazit:

Während im Oktober die negativen News gesehen und die positiven News ausgeblendet wurden, hat sich die Wahrnehmung nun umgedreht. Die Liquiditätsrallye könnte daher erneut gezündet werden.

Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.