VW-Aktie gibt nach: VW stoppt Pläne für neues Werk in der Türkei
Corona-Einbruch überwiegt politische Zweifel: Die wackligen Pläne für ein neues VW-Werk in der Türkei sind endgültig vom Tisch.
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Lange hatte sich der größte Autokonzern der Welt Zeit gelassen mit seiner mehrfach aufgeschobenen "finalen" Entscheidung. Jetzt gab allerdings nicht Kritik an der Regierung Erdogan den Ausschlag, sondern die Absatzflaute in der Viruskrise.
"Der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten ist aus heutiger Sicht nicht notwendig", teilte Volkswagen am Mittwoch lapidar zur Begründung mit. Die globale Autonachfrage sei derzeit zu schwach, als dass sich die Milliardeninvestition in Manisa bei Izmir offenbar noch lohnen würde.
Eigentlich war das Projekt so gut wie beschlossen - nach einem langen Standortwettbewerb, bei dem anfangs auch Bulgarien und Rumänien mitspielten. VW wollte von der Westtürkei aus die Märkte Osteuropas und des Nahen Ostens beliefern, die zunächst noch "sehr positive gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen" aufgewiesen hätten. Nun ist das Bild ganz anders: Der Nachfragerückgang der Branche in der Pandemie ist immens, es gibt Überkapazitäten, rote Zahlen drohen.
Doch das VW-Vorhaben stand - zumindest teilweise - bereits unter keinem guten Stern. Nachdem im vorigen Jahr zunehmend Kritik wegen der Menschenrechtslage in der Türkei und der Militäroffensive von Präsident Recep Tayyip Erdogan in Nordsyrien laut geworden war, verschoben die Wolfsburger das letztgültige "Go" für den Werksbau mehrfach. Zuletzt lag er auf Eis - Umsetzungschancen unklar. EU-Parlamentarier hatten die Kommission in Brüssel aufgefordert zu prüfen, ob das Projekt mit EU-Vorschriften vereinbar sei.
Dabei hatte die türkische Autolobby Druck auf den Investor ausgeübt. Und VW gründete schon eine eigene Tochtergesellschaft im Land. Die Firma wurde ins Handelsregister eingetragen und mit einem Kapital von umgerechnet 164 Millionen US-Dollar ausgestattet. Weltweit betreibt der Konzern mehr als 120 Werke, die türkische Regierung hatte einen möglichen Neubau bei Izmir als wichtiges Prestigeprojekt gesehen.
Ankara kommentierte das Aus für das Projekt zunächst nicht. Die Wirtschaftszeitung "Dünya" schrieb lediglich, nach ihren Informationen seien die Verantwortlichen in der Türkei informiert worden. Die oppositionelle Zeitung "Sözcü" titelte: "Die Rieseninvestition ist entwischt." Die Türkei hätte das Projekt gut gebrauchen können, denn schon vor der Corona-Krise war die Wirtschaft angeschlagen.
Ursprünglich sollten mindestens 4000 Arbeitsplätze in der Region entstehen. Mittlerweile schlagen die wirtschaftlichen Corona-Folgen so sehr ins Kontor, dass Volkswagen den Rückzieher offenbar nicht mehr verhindern konnte. "Sämtliche geplanten Fahrzeugprojekte werden innerhalb des bestehenden Verbundes an Produktionsstätten gefertigt", so die offizielle Darstellung. Soll heißen: Der VW Passat und das Schwestermodell Skoda Superb aus Tschechien, die vor allem für Manisa vorgesehen waren, müssen anderswo unterkommen.
Im Gespräch war schon vor dem Aus für die türkische Fabrik das Werk Bratislava. In der slowakischen Hauptstadt baut der Konzern bereits mehrere SUVs wie den VW Touareg, die großen Q-Modelle von AUDI und den Porsche Cayenne, aber auch Kleinwagen wie den VW Up, Seat Mii und Skoda Citigo. Nach Informationen des Fachblatts "Automobilwoche" könnte zusätzlich eine halbe Milliarde Euro an Investitionen in die Ansiedlung des Passat und Superb fließen.
Die Zukunft des Passat, der zuletzt in den angestammten westlichen Märkten schlechter lief, ist vor allem für die Belegschaft in Emden von großer Bedeutung. Volkswagen will die Fertigung der Limousine hier auslaufen lassen. Die Fabrik in Ostfriesland wird komplett auf die Produktion von Elektroautos umgerüstet. VW hatte erklärt, sollte es am Ende doch nicht auf Manisa hinauslaufen, werde man ein schon bestehendes Werk erweitern - aber keine neue Standortsuche starten.
Die VW-Aktie gab via XETRA letztlich 1,20 Prozent nach auf 133,32 Euro.
/bch/DP/jha
WOLFSBURG/MANISA (dpa-AFX)
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