SAP-Aktie unter Druck: Enttäuschende Profitabilität und Marge - Restrukturierung geplant
Europas größter Softwarehersteller SAP will angesichts des geplant starken Wachstums bei neueren Geschäftszweigen einen weiteren Umbau beim Personal in die Wege leiten.
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Der Konzern werde zum ersten Mal seit 2015 ein unternehmensweites Restrukturierungsprogramm umsetzen, hieß es am Dienstag. SAP werde Mitarbeiter umschulen, auf andere Positionen versetzen und in einigen Fällen auch mit Abfindungen in den Vorruhestand schicken, damit die Firma mit den Veränderungen in der Technologiebranche mithalten könne, sagte SAP-Chef Bill McDermott in Walldorf. Trotzdem soll die Mitarbeiterzahl insgesamt weiter steigen.
Zwar konnte SAP den hochprofitablen Umsatz mit Softwarelizenzen in den Monaten Oktober bis Ende Dezember überraschend kräftig steigern. Das starke Wachstum im weniger gewinnträchtigen Cloud-Geschäft mit Miet-Software aus dem Internet drückte jedoch weiter auf die Rentabilität.
Die bereinigte operative Marge blieb unter der Schätzung von Experten - SAP konnte daher auch im Gesamtjahr nicht so richtig deutlich erfüllen, was McDermott und sein Finanzchef Luka Mucic versprochen hatten: Dass 2018 das Jahr der Margenwende wird und es erstmals seit 2013 wieder aufwärts gehen würde. Das war nominell zwar auch in geringem Maße der Fall - bei gleichen Bedingungen wie im vergangenen Jahr wäre die Profitabilität aber stabil geblieben, wie Mucic sagte.
Allerdings sah das Führungsduo kein Problem darin. SAP will kein Wachstum opfern, lediglich um eine höhere Marge ausweisen zu können. Im gesamten Jahr 2018 legte der Umsatz um fünf Prozent auf 24,7 Milliarden Euro zu, das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern um 6 Prozent auf 7,2 Milliarden. Unter dem Strich stieg der Gewinn nur um ein Prozent auf knapp 4,1 Milliarden Euro, unter anderem weil SAP mehr Steuern zahlen musste.
McDermott geht den Weg des Wachstums in der Cloud unbeirrt weiter. Zuletzt wuchs der Konzern vor allem dank der Nachfrage hier stark - das soll sich nach der Planung fortsetzen. Der Auftragseingang habe im Gesamtjahr 2018 erstmals 10 Milliarden Euro übertroffen, sagte Mucic. "Durch diese ausgezeichnete Geschäftsentwicklung sind wir bestens für weiterhin starkes profitables Wachstum im Jahr 2019 und darüber hinaus aufgestellt."
Angetrieben wird SAP dabei auch von den beiden milliardenschweren Übernahmen der Firmen Callidus und Qualtrics im vergangenen Jahr. Zukäufe in dieser Größenordnung plant SAP nach den Worten von Chef McDermott in den nächsten ein bis zwei Jahren erst einmal nicht mehr, zunächst sollen Schulden abgebaut werden.
Mit den Übernahmen wildert SAP vor allem im Bereich mit Software für den Vertrieb von Unternehmen (CRM) - eine Domäne des US-Konkurrenten Salesforce. "Wir sind sehr entschlossen, den Markt mit CRM-Software aufzumischen", sagte McDermott im Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX.
Der Amerikaner sieht auch angesichts der aufziehenden Konjunktursorgen rund um einen möglicherweise ungeordneten Brexit oder eine Schwäche in China eher keine großen Schwierigkeiten für das Unternehmen. "Kein Unternehmen ist vollkommen immun gegen einen Weltwirtschaftsabschwung. Aber SAP ist widerstandsfähiger als andere." Außerdem setze er weiter große Stücke auf China als Markt.
Bis 2023 will der Konzern den Umsatz mit der Cloud verdreifachen, schon 2019 soll das Geschäft währungsbereinigt mit bis zu 39 Prozent stärker wachsen - mehr als Analysten es SAP zugetraut hatten. Der wertvollste deutsche Konzern will in diesem Jahr dann auch seine Profitabilität steigern, das operative Ergebnis soll mit 7,5 bis 11,5 Prozent währungsbereinigt schneller wachsen als der Gesamtumsatz. Für 2020 planen die Walldorfer auch dank der Zukäufe nun ebenfalls mehr Geschäft ein.
Weil die Transformation des Marktes für SAP schneller vorangeht, werden viele Jobs in herkömmlichen Bereichen überflüssig. War beim letzten größeren Personalumbau 2015 vor allem die Cloud ein Grund für den Personalumbau, geht es diesmal auch um Technologien für künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge.
Zuletzt hatte SAP rund 96 500 Beschäftigte. "Nächstes Jahr könnten es 105 000 in unserem Unternehmen sein", sagte McDermott. 2015 hatte der Konzern gut 3000 Stellen abgebaut und Mitarbeiter dazu bewegt, auf eine andere Position zu wechseln oder mit hohen Abfindungen das Unternehmen zu verlassen, insgesamt aber bei der Beschäftigung weiter zugelegt.
Das aktuelle Programm ziele auf eine noch höhere Zahl, sagte Mucic. "Wenn unsere Berechnungen stimmen, (...), dann sprechen wir hier vielleicht von 4400 Jobs, also 4,5 Prozent unserer Beschäftigten." Die Gespräche mit den Betriebsräten sollen im Februar beginnen. Die Kosten für das aktuelle Programm sollen zwischen 800 und 950 Millionen Euro liegen. Dem gegenüber stünden Einsparungen von 750 Millionen bis 850 Millionen Euro, die dann für Investitionen in Wachstumsbereiche zur Verfügung stehen sollen.
Das passiert mit der SAP-Aktie
Die Geschäftszahlen aus dem Vorjahr und den Ausblick nahm der Markt enttäuscht auf, die im DAX notierte SAP-Aktie lag zum Handelsende 2,8 Prozent im Minus bei 89,81 Euro.
Analysten bemängelten vor allem, dass die Profitabilität mit dem starken Umsatzwachstum nicht recht Schritt gehalten habe. "Investoren werden sich wohl darauf konzentrieren, dass die überraschend starken Lizenzumsätze nicht bis auf die Ebene der Gewinne durchsickern", sagte Analyst Mohammed Moawalla von Goldman Sachs. Das Cloud-Geschäft entwickele sich zwar unverändert dynamisch, die Bruttomargen in diesem Segment blieben aber hinter den Erwartungen zurück.
Investoren erlebten am Dienstag gewissermaßen ein Deja-vu: Bereits mit den Ergebnissen im dritten Quartal 2018 hatte SAP Mitte Oktober auf breiter Front überzeugt - mit Ausnahme der operativen Marge, die die Erwartungen nicht erfüllt hatte. Daraufhin war der Aktienkurs ebenfalls unter Druck geraten.
Die Analysten der Credit Suisse zeigten sich dennoch entspannt mit Blick auf das bislang weniger rentable Cloud-Segment. Dieses dürfte angesichts des Trends zu modernen Software-Anwendungen über Jahre hinweg ein Wachstumstreiber für SAP bleiben. "SAP wird dank ihrer Cloud-Initiativen von diesem Wechsel profitieren", lautete das Urteil der Experten.
Eine weitere Schwachstelle machte Harald Schnitzer von der DZ Bank in den Zielen von SAP für das laufende Jahr aus: "Der Ausblick für 2019 erscheint konservativ. Eine schwache Kursentwicklung wäre heute denkbar", hatte der Analyst bereits vor Börsenbeginn prognostiziert und sollte damit bislang Recht behalten. Wie seine Kollegen von Goldman Sachs und der Credit Suisse riet aber auch Schnitzer unverändert zum Kauf der SAP-Aktien.
Seit Oktober vergangenen Jahres waren Investoren bei SAP deutlich vorsichtiger geworden. Vom Rekordhoch der Papiere Ende September bei über 108 Euro war der Kurs bis zum Anfang dieses Jahres um mehr als 20 Prozent abgesackt. Seitdem stabilisierte er sich mit dem erholten Gesamtmarkt wieder etwas.
WALLDORF/FRANKFURT (dpa-AFX)
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Bildquellen: Gil C / Shutterstock.com, SAP AG / Wolfram Scheible
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