Gold: Trading-Chancen insbesondere rund um Notenbanksitzungen
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Negative Zinsen, steigende Staatsschulden, explodierende Geldmengen - all das sollte Gold schon seit längerer Zeit in die Karten spielen. Nun zieht auch noch die Inflation stark an. Hilft das dem gelben Edelmetall endlich auf die Sprünge?
Schon seit geraumer Zeit sprechen viele fundamentale Gründe für Gold. Die Zinsen sind tief im Keller, die Geldmengen explodieren und die Staatsschulden haben sich im Rahmen der Corona-Krise nochmals stark erhöht. Nach Schätzungen der Weltbank ist die globale Schuldenquote allein im Jahr 2020 von 83,5 Prozent auf 98,8 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung nach oben geschnellt und ein Ende der Schuldenpolitik ist vielerorts nicht abzusehen. Streng nach der Theorie müssten diese Faktoren eigentlich zu einem signifikanten Anstieg des Goldpreises führen. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass inzwischen auch die Inflation deutlich angesprungen ist. In den USA sind die Verbraucherpreise im Juni mit 5,4 Prozent so stark gestiegen wie seit August 2008 nicht mehr. Gleichzeitig warnte der Internationale Währungsfonds (IWF) erst vor wenigen Tagen davor, dass sich die aktuelle Inflation als mehr als nur vorübergehend erweisen könnte. Zwar korreliert der Goldpreis nicht grundsätzlich mit den Inflationserwartungen, doch die Neigung vieler Anleger, in diese Assetklasse zu investieren, nimmt mit steigender Geldentwertung in jedem Fall zu.
Enttäuschende Goldpreisentwicklung trotz guter Voraussetzungen
Umso erstaunlicher ist es, dass der Goldpreis von alledem nicht profitieren kann. Statt zuzulegen, hat das gelbglänzende Edelmetall in den vergangenen zwölf Monaten 7,5 Prozent an Wert verloren. Wurden im vergangenen Sommer mit fast 2.100 USD die Feinunze noch historische Höchststände gefeiert, pendelt der Preis aktuell zwischen 1.760 und 1.830 USD. Ein Grund für die enttäuschende Entwicklung dürfte die aktuelle Stärke des US-Dollars sein, der seit Anfang Januar gegenüber verschiedenen anderen wichtigen Währungen, wie z.B. dem Euro (+2,9 Prozent) und dem Yen (+6,3 Prozent), deutlich zugelegt hat. Hier zeigt sich wieder einmal die negative Korrelation zwischen Dollar und Goldpreis.
Notenbanken als entscheidender Faktor
Entscheidender für die schwache Entwicklung der Notierungen dürften aber die Ankündigungen der Zentralbanken sein. Noch gibt sich die Geldpolitik zwar sehr expansiv, an vielen Stellen wird aber schon über die Reduktion von Anleihekäufen sowie anstehende Zinserhöhungen diskutiert. Einige Währungshüter, wie etwa die der Bank of Canada, haben bereits reagiert. Auch die US-amerikanische Federal Reserve (Fed) hat gleichsam eine "Vorwarnung" abgegeben, dass die Anleihekäufe demnächst reduziert werden dürften, wie es von verschiedenen Analysten heißt. Derzeit warten Fed-Chef Jerome Powell und seine Kollegen allerdings noch auf "substanzielle Fortschritte bei der Entwicklung des Arbeitsmarktes", bevor sie ihre Anleihekäufe, die seit Beginn der Corona-Pandemie bei monatlich rund 120 Mrd. US-Dollar verharren, reduzieren wollen. Entscheidend wird letztendlich sein, wann genau die Fed mit dem Tapering beginnt und wie schnell sie die Anleihekäufe dann tatsächlich reduziert. Denn erst, wenn diese beendet sind, wird es zu einer ersten Leitzinserhöhung kommen. Monetäre Entscheidungen anderer großer Notenbanken (EZB, BoE und BoJ) haben auf den Goldpreis in der Regel übrigens keine großen Auswirkungen.
Kurzfristige Trading-Chancen rund um Fed-Sitzungen
Aktive Anleger, die auf der Suche nach kurzfristigen Trading-Möglichkeiten sind, sollten deshalb insbesondere die Datenlage vor wichtigen Äußerungen amerikanischer Notenbanker, insbesondere rund um die Fed-Sitzungen am 22./23. September und 03./04. November im Auge behalten. Sollten die Währungshüter unter Powell nämlich an ihrem Vorhaben des Taperings festhalten, wozu sie von verschiedenen Seiten immer stärker genötigt werden, und möglicherweise darüber hinaus weitere Zinserhöhungen für das Jahr 2023 in Aussicht stellen, könnte dies die Attraktivität von Gold weiter verringern. Gleichzeitig gibt es allerdings auch eine ganze Reihe von Faktoren, die den aktuell von den Märkten unterstellten Zeitplan durcheinanderbringen könnten. Zu nennen sind hier sicherlich weitere Corona-Wellen sowie stärkere Differenzen mit China, die jeweils zu einem schwächer als erwartet ausfallenden Wirtschaftswachstum 2022 führen und den "Goldbugs" in die Karten spielen dürften.
Gold für Langfristdepot empfehlenswert
Auf kurzfristige Sicht bleibt Gold also weiterhin ein Spielball der Notenbanken. Dennoch sollte ein gewisser Edelmetallanteil in einem diversifizierten Langfristportfolio aufgrund der oft negativen Korrelation zu den Preisen anderer Assetklassen nicht fehlen. Zudem bietet es einen gewissen Inflationsschutz für den Fall, dass die Teuerungsraten - insbesondere auch in Deutschland, wo der Verbraucherpreisindex im Juli nach vorläufigen Zahlen um 3,8 Prozent angestiegen ist - auf hohem Niveau verharren bzw. noch weiter zulegen. Dabei scheint nach Meinung vieler Experten eine Gewichtung von ca. fünf Prozent des Depotvolumens sinnvoll, wobei sich die exakte Höhe unter anderem am aktuellen Goldpreis, dem jeweiligen wirtschaftlichen und politischen Umfeld sowie besonders den persönlichen Erwartungen und dem Anlagehorizont des Anlegers bemessen sollte.
Dirk Heß, Finanzexperte der Citigroup, schreibt zu aktuellen Markt- und Derivate-Themen. Als Co-Head EMEA Public Listed Products Sales & Distribution bei der Citi besitzt er langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. In seinem regelmäßigen Kommentar gibt Dirk Heß fundiertes Fachwissen weiter. Die Citigroup ist seit dem Jahr 1989 als Emittent von strukturierten Produkten permanent am deutschen Markt vertreten und feierte 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum.
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