Bilanzvorlage

Meta-Aktie dennoch im Bullenmodus: Facebook-Mutter Meta Platforms verdient weniger

28.04.22 22:21 Uhr

Meta-Aktie dennoch im Bullenmodus: Facebook-Mutter Meta Platforms verdient weniger | finanzen.net

Der Techkonzern Meta hat seine Bücher für das erste Quartal geöffnet.

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Die Nutzerzahlen beim Facebook-Konzern Meta sind zu Jahresbeginn nach einem Durchhänger Ende 2021 wieder deutlich gewachsen. So griffen auf Facebook im ersten Quartal dieses Jahres täglich 1,96 Milliarden Nutzer zu - rund 30 Millionen mehr als drei Monate zuvor.

Im Vierteljahr davor war die tägliche Nutzerzahl erstmals gesunken, und zwar um eine Million auf 1,929 Milliarden. Trotz des geringen Rückgangs war das als Alarmsignal interpretiert worden. Meta räumte damals verstärkte Konkurrenz von der Kurzvideo-App Tiktok als einen zentralen Grund ein. Die Aktie verlor daraufhin an einem Tag ein Viertel ihres Werts und sank danach noch weiter.

Jetzt betonte Gründer und Chef Mark Zuckerberg mit Nachdruck den Erfolg der hauseigenen Tiktok-Kopie Reels. In Metas App Instagram etwa schauten sich Nutzer ein Fünftel der Zeit Reels-Videos an, sagte er in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Bei Facebook fülle Video die Hälfte der Nutzungszeit aus - und Reels verzeichneten auch dort Zuwächse. An einem Werbeformat dafür arbeitet Meta aber immer noch.

Tiktok wurde populär mit der Idee, kurze Videos für die Nutzer gemäß ihren Interessen von Software auswählen zu lassen. Die Algorithmen achten dabei unter anderem darauf, wie lange man bei einem Video vor dem Weiterblättern verbleibt.

Zuckerberg will nun solche künstliche Intelligenz nicht nur für die Personalisierung von Kurzvideos einsetzen. Sie solle den Nutzern alle möglichen Inhalte über verschiedene Plattformen von Meta hinweg empfehlen, sagte er. "Ich denke, die Leute werden in Zukunft verstärkt Entdeckungs-Maschinen auf Basis künstlicher Intelligenz nutzen, damit sie sie unterhalten, ihnen Dinge beibringen und sie mit Menschen mit ähnlichen Interessen verbinden." Das wäre eine Abkehr vom ursprünglichen Facebook-Prinzip, bei dem Nutzer selber aussuchen, welchen Personen, Firmen oder Organisationen sie folgen.

Ende vergangenen Jahres verkündete Zuckerberg groß den Fokus auf eine künftige digitale Welt - das Metaverse - und änderte deshalb auch den Konzernnamen von Facebook zu Meta. Dann kam der Tiktok-Schock. Jetzt betonte Zuckerberg, dass die bisherigen Dienste wie Facebook und Instagram genug Geld verdienen müssten, um die Entwicklung der neuen Plattform zu finanzieren. Kurzvideo soll der Schlüssel dafür sein.

Dafür kümmert sich bei Meta der Bereich Reality Labs, in dem auch das Geschäft mit Brillen zur Darstellung virtueller Realität untergebracht ist. Dank dieser Geräte machten die Reality Labs im vergangenen Quartal einen Umsatz von 695 Millionen Dollar. Durch die teure Metaverse-Entwicklung verbuchten sie zugleich einen operativen Verlust von 2,96 Milliarden Dollar.

Insgesamt läuft es für den Konzern nicht so rund wie früher. Der Umsatz wuchs im ersten Quartal im Jahresvergleich lediglich um sieben Prozent auf 27,9 Milliarden Dollar (26,4 Mrd Euro). Das ist ein sehr niedriger Anstieg für den Konzern - und Meta verfehlte damit die Erwartungen der Analysten. Unterm Strich sank der Gewinn um gut ein Fünftel auf 7,465 Milliarden Dollar.

Für das laufende Vierteljahr stellte Meta einen Umsatz zwischen 28 und 30 Milliarden Dollar in Aussicht. Bei einem Vorjahreswert von 29 Milliarden Dollar könnte es damit sogar erstmals einen Umsatzrückgang geben.

Der Konzern verweist unter anderem auf die Abschwächung des Geschäfts durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das liege nicht nur am Stopp der Anzeigen-Plattform in Russland, sondern auch daran, dass die Sorge um wirtschaftliche Konsequenzen des Krieges die Aktivität der Werbekunden insgesamt bremse. Der Druck auf die Erlöse erschwere die Umsetzung des Plans, mit dem bisherigen Geschäft die Metaverse-Entwicklung zu finanzieren, betonte Mike Proulx von der Analysefirma Forrester Research.

Russische Behörden hatten vor Gericht eine Blockade von Facebook und Instagram wegen "extremistischer Aktivitäten" im Land durchgesetzt. Sie verwiesen darauf, dass Meta in der Ukraine Aufrufe zur Gewalt gegen russische Besatzungstruppen toleriert. Rein technisch können Russen die Sperre mit Hilfsmitteln wie VPN-Tunneln umgehen. Meta rechnet dennoch damit, dass wegen des Wegbruchs vieler Nutzer in Russland die Zahl monatlich aktiver Nutzer in Europa im laufenden Quartal sinken wird. Das werde möglicherweise auch zum Rückgang der weltweiten Nutzerzahl führen, sagte Finanzchef Dave Wehner.

Mindestens eine App des Meta-Konzerns - dazu gehört neben Instagram auch WhatsApp - verwendeten zuletzt täglich 2,87 Milliarden Nutzer. In den vorherigen drei Monaten waren es 2,82 Milliarden gewesen.

Der Konzern kündigte auch an, die Kosten in diesem Jahr zu senken. Bisher wurden die Ausgaben auf 90 bis 95 Milliarden Dollar angesetzt. Jetzt rechnet Meta mit einer Spanne von 87 bis 92 Milliarden Dollar.

EuGH-Urteil: Verbraucherschützer dürfen gegen Facebook klagen

Verbraucherverbände können bei Datenschutzverstößen von Internet-Riesen anstelle der betroffenen Nutzer vor Gericht ziehen. Nach einem am Donnerstag verkündeten Urteil des Europäischen Gerichtshofs sind die Verbände klageberechtig, auch wenn sie keinen konkreten Auftrag von Betroffenen haben.

Der EuGH musste sich mit der Frage beschäftigen, weil der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) sich in dieser Sache unsicher war, ob eine Klagebefugnis gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoße. Der Dachverband der Verbraucherzentralen hatte kritisiert, dass Facebook im "App-Zentrum", wo kostenlose Spiele von Drittanbietern präsentiert würden, gegen den Datenschutz verstoßen habe. Zumindest in der Version von 2012 hätten Nutzerinnen und Nutzer mit ihrem Klick auf "Sofort spielen" automatisch der Übermittlung verschiedener Daten an den Spielebetreiber zugestimmt. Sie berechtigten, die Anwendungen auch zu posten - "Statusmeldungen, Fotos und mehr".

"Die heutige Entscheidung beendet die leidige Debatte um die Datenschutzklagebefugnis von Verbraucherverbänden", sagte Jutta Gurkmann, Vorständin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), in einer Mitteilung am Donnerstag. Nun sei klar: "Neben den Aufsichtsbehörden können auch zivilgesellschaftliche Organisationen wie der vzbv sehr weitgehend Verstöße gegen die DSGVO ahnden." Das EuGH-Urteil schaffe Rechtssicherheit.

In dem konkreten Fall hatten bereits das Landgericht und Kammergericht Berlin Facebook jeweils zur Unterlassung verurteilt. Das Netzwerk informiere nicht ausreichend darüber, welche Daten weitergegeben würden und was damit passiere, urteilte 2017 das Berliner Kammergericht. Der Fall landete schließlich im Mai 2020 beim BGH. Dort sah der BGH-Richter Thomas Koch einen relativ eindeutigen Verstoß von Facebook gegen das Datenschutzrecht. Der Nutzer bleibe im Unklaren, was mit seinen Daten geschehe, sagte Koch im Mai 2020. Offen blieb aber die Frage, ob Verbände wie der vzbv überhaupt klageberechtigt sind.

Facebook vertrat in dem Verfahren die Ansicht, die DSGVO berechtige allein die Datenschutzbeauftragten, Verstöße zu ahnden. Damit habe der EU-Gesetzgeber für Unternehmen Rechtssicherheit schaffen wollen, sagte der Anwalt von Facebook vor dem BGH. Nationale Besonderheiten liefen dem zuwider.

Der Europäische Verbraucherverband (Beuc) zeigte sich am Donnerstag ebenfalls zufrieden mit der Entscheidung des EuGH. "Die Datenschutz-Grundverordnung ist ein wichtiges Gesetz, das die personenbezogenen Daten der Menschen in der EU schützt", sagte die stellvertretende Generaldirektorin Ursula Pachl in einer Mitteilung. Es sei wichtig, dass sie besser durchgesetzt werde, und Entscheidungen wie das aktuelle EuGH-Urteil trügen dazu bei.

Facebook-Mutter Meta mit Kursfeuerwerk erwartet

Große Erleichterung herrscht am Donnerstag unter den leidgeplagten Aktionären der Facebook-Mutter Meta nach der Vorlage von Quartalszahlen. Weil die Nutzerzahlen zu Jahresbeginn nach einem Durchhänger Ende 2021 wieder deutlich zulegten, schnellte das Papier des Social-Media-Unternehmens im NASDAQ-Handel 17,59 Prozent hoch auf 205,73 US-Dollar. Am Mittwoch noch war es mit 169 US-Dollar auf sein tiefstes Niveau seit zwei Jahren gefallen.

Mit dem Kurssprung der Meta-Aktie geht auch eine vorbörslich kräftige Erholung in der gesamten Technologiebranche einher. Der von Tech-Werten geprägte US-Index NASDAQ 100 wird vom Broker IG aktuell 2,5 Prozent höher taxiert, nachdem er tags zuvor so tief tendierte wie zuletzt Ende März vor einem Jahr. Sorgen, dass deutlichere und raschere geldpolitische Straffungen der US-Notenbank (Fed) das Wachstum der Branche gefährden könnten, hatte dabei eine wesentliche Rolle gespielt. Auch in Asien und Europa erholten sich Technologiewerte am Donnerstag spürbar.

Laut Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets könnten die positiven Nachrichten von Meta an der NASDAQ zu einer Bodenbildung beitragen. Erleichterung gab es in der Tech-Branche außerdem wegen starker Zahlen von QUALCOMM. Seine starke Position im Smartphone-Markt hatte dem auf den Telekomsektor ausgerichteten Chipkonzern im vergangenen Quartal ein rasantes Wachstum beschert.

Laut Molnar konnte Meta seine Anleger dank der gestiegenen Nutzerzahlen wieder von sich überzeugen, auch wenn es weiter Probleme auf der Umsatzseite gebe. "Nicht nur, dass die Erlöse im ersten Quartal mit einem Plus von sieben Prozent unter den Erwartungen lagen, für die laufenden drei Monate warnt der Konzern sogar vor einem Umsatzrückgang", betonte der Experte. Ähnlich gemischte Signale habe es nun auch ganz frisch vom Zahlungsdienstleister PayPal gegeben.

Laut Analyst Mark Mahaney von Evercore ISI ist Meta eine klassische Qualitätsaktie, die mittlerweile etwas aus der Bahn geraten ist. Er verwies dafür auf den Kursrutsch um fast 50 Prozent allein seit Beginn des Jahres. Seit dem Rekordhoch im September bei etwas über 384 Dollar sackte das Papier sogar um 56 Prozent ab. "Die Bewertung ist mittlerweile geradezu lächerlich", schrieb Mahaney. Schließlich handele es sich um die weltweit führende Social-Media-Plattform.

Passend dazu gab die DZ Bank an diesem Morgen ihr bisheriges Verkaufsurteil für Meta auf. Analyst Ingo Wermann reagierte auf den starken Kursverlust der vergangenen knapp vier Monate und stufte die Papiere auf "Halten" hoch. Die schwache Umsatz- und Ergebnisentwicklung werde vom Nutzerwachstum auf "Facebook" überlagert, argumentierte auch er. Den Kurssprung bezeichnete er als "Erleichterungsrally". Die hohen Risiken durch den Konzernumbau in Richtung "Metaversum" spiegelten die im Branchenvergleich recht geringe Bewertung der Meta-Aktie inzwischen adäquat wider, glaubt er.

Redaktion finanzen.net / dpa-AFX

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