Fusion von Fiat Chrysler und Renault geplatzt - Schuldfrage wird diskutiert
Die angestrebte Fusion von Fiat Chrysler (FCA) und Renault ist vom Tisch. Die Anleger reagierten unentschlossen.
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Überraschend zog FCA sein Angebot in der Nacht zum Donnerstag "mit sofortiger Wirkung" zurück, nachdem zuvor Renault auf Wunsch des französischen Staates gezögert hatte, das Gesprächsangebot überhaupt anzunehmen. Renault äußerte sich zunächst nicht zu der FCA-Entscheidung.
Es sei klar geworden, dass derzeit die politischen Voraussetzungen, damit ein solcher Zusammenschluss erfolgreich sei, in Frankreich nicht gegeben seien, teilte der italienische-amerikanische Autobauer am frühen Donnerstagmorgen in einer Stellungnahme in London mit. FCA sei weiterhin davon überzeugt, dass der Fusionsvorschlag überzeugend gewesen sei und für alle Parteien Vorteile gebracht hätte, hieß es
FCA-Vorstandsvorsitzender John Elkann sprach in einem Brief an die Angestellten von einer schweren Entscheidung, die Gespräche abzubrechen: "Es braucht Mut, einen solchen Dialog zu beginnen, wie wir es gemacht haben. Wenn aber klar wird, dass die Gespräche einen Punkt erreichen, den zu überschreiten unvernünftig wäre, muss man genauso mutig sein, diese abzubrechen."
Renault zeigte sich enttäuscht vom Abspringen von Fiat Chrysler. Die Offerte sei zeitgemäß und hätte ein "europäisches Kraftzentrum" in der Automobilbranche geschaffen, teilte Renault in Boulogne-Billancourt bei Paris mit. Für Renault schien zudem ein Zusammenschluss mit FCA noch nicht vom Tisch. Man glaube an die Attraktivität der Allianz, hieß es in der Mitteilung.
Renault hatte zuvor mitgeteilt, eine Entscheidung über förmliche Fusionsgespräche erneut zu verschieben. Der Verwaltungsrat hatte über die Fusionsofferte beraten, konnte aber keine Entscheidung mehr treffen, da Regierungsvertreter die Verschiebung beantragten, so Renault.
Die französische Seite sieht die Schuld bei dem italienisch-amerikanischen Autobauer. Es habe keinen guten Grund gegeben, das Angebot so überstürzt zurückzuziehen, hieß es in der Nacht zu Donnerstag aus Regierungskreisen. Bereits seit Beginn der Gespräche habe FCA massiven zeitlichen Druck ausgeübt und versucht, die Verhandlungen nach dem Ansatz "take it or leave it" ("nimm es oder lass es bleiben") zu führen. Die französische Seite habe klargemacht, dass sie sich nicht derart unter Druck setzen lasse, so die Kreise.
Der Renault-Verwaltungsrat habe fünf zusätzliche Tage für Beratungen gewollt, erklärte das französische Wirtschaftsministerium von Bruno Le Maire in einer Stellungnahme am Donnerstag. Die ausdrückliche Unterstützung Nissans habe noch ausgestanden. Der Staat habe vier Bedingungen für eine endgültige Einigung zwischen Renault und FCA genannt. Von diesen seien aber nur drei erfüllt gewesen, erklärte das Ministerium. Frankreich hält rund 15 Prozent an der Renault-Gruppe.
FCA hatte in der vergangenen Woche sein Ansinnen öffentlich gemacht, sich mit Renault zusammenzuschließen. Die Unternehmen hätten gemeinsam zum weltweit drittgrößten Autohersteller aufsteigen und die Marktführer Volkswagen und Toyota herausfordern können. Fiat Chrysler hatte vorgeschlagen, dass beide Unternehmensgruppen - also FCA und Renault - je die Hälfte an der neuen Gesellschaft halten. Zusammen würden sie auf 8,7 Millionen Fahrzeuge im Jahr kommen.
Renault reagiert bereits unmittelbar nach Veröffentlichung der Offerte des italienisch-amerikanischen Konzerns mit Interesse. Auch der französische Staat, der 15 Prozent an Renault hält, reagierte positiv. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warnte am Mittwoch jedoch vor zu viel Eile bei den Gesprächen. "Nehmen wir uns die Zeit, die Dinge richtig zu machen", sagte Le Maire dem Fernsehsender BFMTV.
Der geplatzte Zusammenschluss mit FCA ist derzeit nicht die einzige schlechte Nachricht für Renault. Le Maire erklärte, in der Affäre um Ex-Spitzenmanager Carlos Ghosn werde Anzeige erstattet. Wenn der Staat Aktionär eines Unternehmens sei, müsse er sicherstellen, dass dessen Führung gut funktioniere. Die Justiz müsse dann in der Sache entscheiden, so der Minister zu BFMTV. Bis wann die Anzeige eingereicht werden soll, sagte Le Maire zunächst nicht.
Renault hatte bei einer Tochtergesellschaft in den Niederlanden zweifelhafte Ausgaben von zusammen rund elf Millionen Euro entdeckt. Wie der Renault-Verwaltungsrat am Dienstagabend mitteilte, geht es dabei unter anderem um Kosten für Flugreisen des früheren Konzernchefs Ghosn. Auch in den Niederlanden sollten rechtliche Schritte gegen Ghosn abgewogen werden.
Eine Überprüfung der gemeinsamen Tochtergesellschaft mit dem japanischen Partner Nissan bestätigte erste Hinweise, wonach es dort ebenfalls Mängel gab im Hinblick auf die finanzielle Transparenz und Verfahren zur Ausgabenkontrolle. Die Prüfung habe "problematische" Ausgaben in einem Zeitraum innerhalb der vergangenen zehn Jahre ergeben, erklärte Nissan am Mittwoch in einer Stellungnahme. Es gehe unter anderem um Kosten für private Reisen sowie um Geschenke und Spenden deren Zweck unklar oder unangemessen gewesen sei, hieß es. Die Überprüfung dauere an, so Nissan.
Nach der Verhaftung Ghosns in Japan war das von ihm geschaffene und kontrollierte französisch-japanische Auto-Bündnis zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi in eine schwere Krise geraten. Ghosn war ein Verstoß gegen Börsenauflagen in Japan vorgeworfen worden.
Renault enttäuscht über Scheitern der Fusionspläne mit Fiat Chrysler
Renault hat sich nach dem Scheitern der möglichen Fusion mit Fiat Chrysler enttäuscht gezeigt. Die Offerte sei zeitgemäß und hätte ein "europäisches Kraftzentrum" in der Automobilbranche geschaffen, teilte Renault am Donnerstag in einer Stellungnahme in Boulogne-Billancourt bei Paris mit. Für Renault schien zudem ein Zusammenschluss mit FCA noch nicht vom Tisch. Es werde an die Attraktivität der Allianz geglaubt, hieß es in der Mitteilung. Weitere Angaben zu den Hintergründen machte Renault zunächst nicht.
So reagieren die Aktien von FCA und Renault
Das mutmaßliche Aus für die erhoffte Ehe von Fiat Chrysler und Renault ist vor allem den Renault-Anlegern am Donnerstag bitter aufgestoßen. Während die Franzosen herbe Kursverluste einstecken mussten, verhalfen versöhnliche Töne der Regierung in Paris den Papieren von Fiat Chrysler zu einem moderaten Aufschlag.
Der italienisch-amerikanische Konzern hatte am Morgen das Angebot für den französischen Hersteller überraschend zurückgezogen. Zuvor hatte der Renault-Verwaltungsrat seine Entscheidung über die Aufnahme förmlicher Fusionsgespräche mit FCA auf Antrag der französischen Regierung ohne weitere Angaben von Gründen verschoben. Paris sieht die Schuld für das Scheitern der Verhandlungen offenbar auf der anderen Seite. Aus Paris verlautete, der italienisch-amerikanische Konzern habe massiven zeitlichen Druck ausgeübt. Frankreich teilte unterdessen aber mit, dass die Tür für eine Fusion mit den Italienern noch offen sei.
Den Renault-Aktien half dies aber nicht, in Paris ging es um mehr als 6 Prozent auf 52,60 Euro abwärts. Damit bewegen sich die Papiere der Franzosen wieder nahe des tiefsten Niveaus seit Herbst 2014, nachdem die Hoffnung auf den Deal mit Fiat Chrysler sie zuletzt noch über die Marke von 58 Euro getrieben hatte.
Anders dagegen die Fiat-Chrysler-Papiere: Sie hatten zum Auftakt in Mailand um fast vier Prozent nachgegeben, konnten die Verluste im Handelsverlauf aber aufholen und schlossen leicht im Plus.
Analysten waren bereits davon ausgegangen, dass es den Aktien der Franzosen deutlicher an den Kragen gehen dürfte als jenen der Italiener - denn die Renault-Aktie hatte nach Bekanntwerden der Fusionspläne stärker angezogen. Analyst David Lesne von der schweizerischen Bank UBS rechnet dennoch damit, dass das Rückfallpotenzial für Renault an der Börse begrenzt sein dürfte, denn der Markt habe offenbar keine nennenswerten Synergien eingepreist.
Trotz des Rückziehers von Fiat Chrysler rechne er mittelfristig mit einer Rückkehr der beiden Autobauer an den Verhandlungstisch, schrieb Analyst Jose Asumendi von JPMorgan. Er sei unverändert von der "industriellen Logik" einer Fusion der beiden Unternehmen überzeugt.
Andere Marktbeobachter spekulierten über die Beweggründe für Fiat Chryslers Rückzug. Der Deal habe nach der Lösung aller Probleme für den Hersteller in Europa geklungen, schrieb Max Warburton von Bernstein Research, und seit Bekanntwerden der Fusionspläne vor knapp zwei Wochen habe es sowohl aus Turin als auch aus Paris zustimmende Äußerungen gegeben. Aber irgendetwas sei offenbar schief gegangen - sei es, dass die französische Regierung ihre Meinung geändert habe, oder dass sich der Renault-Partner Nissan Motor plötzlich quer gestellt habe. Womöglich sei sogar beides der Grund.
BOULOGNE-BILLANCOURT/LONDON/NEW YORK/ZÜRICH (dpa-AFX)
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