Amazon-Skandal

Ausbeutung, Überwachung und Angst: So schlimm sind die Arbeitsumstände bei Amazon

22.09.21 23:54 Uhr

Ausbeutung, Überwachung und Angst: So schlimm sind die Arbeitsumstände bei Amazon | finanzen.net

Immer wieder steht das US-amerikanische Unternehmen Amazon in der Kritik. Kürzlich wurde der Online-Händler von Undercover-Reportern auf die Arbeitsbedingungen untersucht, welche auf schockierende Missstände gestoßen sind.

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• Mitarbeiter werden überwacht und Gehälter werden gekürzt
• Amazon entzieht sich durch Subunternehmen der Verantwortung
• Das Netz reagiert schockiert auf die Enthüllungen

Ohne Pause für weniger als den Mindestlohn arbeiten

Im Zuge der TV-Sendung "Team Wallraff - Reporter undercover" decken der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff und sein Team aus weiteren Reportern Missstände in der Arbeitswelt auf. Am 9. September wurde in der Folge der Online-Versandhändler Amazon auf die Arbeitsbedingungen untersucht - und die Ergebnisse sorgten für allerhand Unmut.

Der Undercover-Reporter Alexander Römer arbeitete, wie RTL berichtet, für ein paar Tage als Zusteller von Amazon-Lieferungen. Obwohl den Fahrern elf Euro pro Stunde geboten werden, entspricht das, was sie im Endeffekt erhalten, nicht einmal dem Mindestlohn von 9,60 Euro. Wird die vorgegebene Arbeit nicht in entsprechender Zeit erledigt, drohen Abzüge. Wird es doch geschafft, erhält man am nächsten Tag noch mehr Pakete zum Ausliefern oder muss Kollegen behilflich sein. Über eine App werden die Fahrer schließlich durch den Arbeitgeber getrackt und überwacht. Um die vorgegebene Arbeit zu schaffen, wird häufig länger gearbeitet als die vorgegebenen neun Stunden Arbeitszeit. Dafür wird auch häufig mit Hilfe von Tricks das Arbeitszeitgesetz umgangen.

Auch die LKW-Fahrer, die meist aus osteuropäischen Ländern kommen, werden in dem System ausgenutzt. Wie RTL berichtet, sind die Fahrer bei Speditionen in Litauen beschäftigt und werden von dort aus etwa 1.600 Kilometer nach Deutschland befördert, um hier für Amazon auszuliefern. Doch da die Fahrer in einer litauischen Firma angestellt sind, wird auch hier der übliche Lohn umgangen. Und auch im Falle der LKW-Fahrer drohen Lohnabzüge: Wird mehr Sprit verbraucht als errechnet und verspätet sich die Zustellung, muss mit weniger Gehalt gerechnet werden. Einige Fahrer geben sogar an, während des Fahrens in Flaschen zu urinieren, um Zeit zu sparen und so mit dem vollen Zeitplan fertig zu werden.

In den Lagern sieht es mit den Arbeitsbedingungen nicht viel besser aus. Bis zu 80.000 Pakete laufen, so RTL, über das Band und müssen von Mitarbeitern sortiert werden. In der Gegenwart von Reporter Alexander Römer kommt eine zierliche Mitarbeiterin beim Versuch, alleine ein schweres Paket zu heben, an ihre Belastungsgrenze: "Mir ist das scheißegal, sollen die mich kündigen. Ich kann nicht mehr, ich heule gleich" ruft sie, wie RTL berichtet. Pausen einlegen oder kurz die Toilette aufsuchen sei fast unmöglich. Und auch Ausfälle durch Krankheit sollen Konsequenzen haben. Mitarbeiter erzählen gegenüber Undercover-Reporter Daniel Weigand, dass Krankheitsfälle während der Probezeit gut und gerne auch zu Kündigungen führen können. Ein Mitarbeiter gab sogar an, dass er sich absichtlich erst in seinem Urlaub einer wichtigen Operation unterzog, um am Arbeitsplatz nicht zu fehlen.

Subunternehmen: So entzieht sich Amazon der Verantwortung

Doch wie kann es sein, dass Amazon mit diesen schlechten Arbeitsumständen durchkommt? Für viele der Missstände kann Amazon zunächst gar nicht zur Rechenschaft gezogen werden, da die meisten Angestellten über Subunternehmen angestellt werden. So war es auch bei den Undercover-Reportern der Fall. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Sven Jürgens erklärt gegenüber RTL: "Amazon möchte eine weiße Weste bewahren … und delegiert das dann unter … wenn das bei Subunternehmen schiefläuft, sagt Amazon: not my business … man kann den Preisdruck entsprechend an die Subs weiter geben … als der oberste in der Pyramide ist Amazon aus dem Arbeitsschutz raus … das ist ne Sauerei". Auch zu Kündigungen während Krankheitsfällen erklärt Jürgens: "Es ist wirklich ein ganz perverses System geschaffen worden, wo es nur darum geht, Angst zu schüren, Angst zu schüren, das [sich] man nicht übernommen wird, Angst zu schüren, dass man, wenn man seine Arbeitnehmerrechte in Anspruch nimmt, dafür sanktioniert wird".

Reaktionen auf die Vorwürfe

Das Internet zeigt sich schockiert über die Vorwürfe an den Online-Händler. Viele Zuschauer kommentierten die Sendung im Netz, zum Beispiel auf Facebook oder Twitter. "Da müsste sich endlich mal die Politik einschalten!! Das ist Sklaverei!!!", heißt es RTL zufolge bei Facebook. SPD-Politikerin Saskia Esken sagte in der, auf die Sendung folgende, Ausgabe "RTL Direkt": "Es ist sehr, sehr erschreckend, was da für Zustände herrschen […] Das ist entsetzlich und muss angegangen werden".

Doch auch Amazon lässt die Sendung nicht unkommentiert. Gegenüber Golem sagte ein Amazon-Sprecher, dass der Eindruck, der in der Sendung vermittelt wurde, nicht zur allgemeinen Haltung der tausenden Mitarbeiter Amazons passe. 90 Prozent der Mitarbeiter würden den Arbeitgeber mit Bestnoten bewerten und es würde ständig daran gearbeitet werden, das Unternehmen zu verbessern. "Die uns vorliegenden Behauptungen werden wir überprüfen. Wir gehen jedem einzelnen dieser Vorwürfe nach - und wir werden handeln, wo das richtig und nötig ist", so der Amazon-Sprecher gegenüber Golem.

E. Schmal / Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: Frank Gaertner / Shutterstock.com, Annette Shaff / Shutterstock.com

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26.11.2008Amazon.com ErsteinschätzungStanford Financial Group, Inc.

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