Institut sieht US-Wirtschaft vor "Gewaltmarsch" - aber wahrscheinlich keine Rezession
Das Peterson Institute for International Economics hat kürzlich seinen Halbjahresbericht zu den globalen Wirtschaftsaussichten veröffentlicht. Eine US-Rezession innerhalb der nächsten zwei Jahre bewerten die Experten darin als eher unwahrscheinlich. Das bedeutet allerdings nicht, dass die kommende Zeit für die US-Wirtschaft zu einem Spaziergang wird.
• US-Daten laut Experten "widerstandsfähiger als erwartet"
• Rückläufige Inflation prognostiziert, bleibt aber wohl zu hoch für Entwarnung
• US-Rezession bis 2024 nicht das wahrscheinlichste Szenario
Zweimal im Jahr veröffentlicht das Peterson Institute for International Economics (PIIE), eine US-Denkfabrik, einen Bericht zu den weltweiten Wirtschaftsaussichten. Mit Blick auf die USA hätten sich Nachfrage und Produktion "widerstandsfähiger als erwartet" gezeigt, schreibt Karen Dynan, Mitglied des PIIE und Professorin an der Wirtschaftsfakultät der Harvard University, in einem Blogeintrag zu den Ergebnissen der aktuellen Studie. Wie "MarketWatch" mit Verweis auf ein Pressegespräch mit Dynan schreibt, habe sich vor allem der US-Arbeitsmarkt mit mehr als 400.000 neugeschaffenen Stellen in den letzten zwei Monaten robust gezeigt, aber auch die Konsumausgaben lägen weiterhin auf einem hohen Niveau. Letzteres sei jedoch nicht überraschend, da es noch Nachholbedarf aus Pandemiezeiten gebe und auch Ersparnisse aus dieser Zeit noch nicht aufgebraucht seien.
Zudem habe die Inflation wohl vorläufig ihren Höhepunkt erreicht. Darauf würden gute Fundamentaldaten wie sich entspannende Lieferketten, tiefere Ölpreise und nicht zu hohe allgemeine Inflationserwartungen hindeuten, zitiert die Nachrichtenseite Dynan. Für die US-Wirtschaft ist dies jedoch noch kein Grund zum Feiern. Denn auch wenn das PIIE bis Ende 2024 keine Rezession in den USA oder weltweit erwartet, prognostiziert es vor allem für die US-Wirtschaft in den kommenden zwei Jahren einen "Gewaltmarsch".
Hohe Inflation bereitet weiter Sorgen
Auch wenn es so scheine, als habe die Inflation ihren Höhepunkt erreicht und würde in den kommenden zwei Jahren zurückkommen, bleibe sie laut PIIE wohl noch längerfristig hoch. "Die Kerninflation der US-amerikanischen Konsumausgaben (PCE) wird sich von einem Tempo von 4,8 Prozent in den vier Quartalen des Jahres 2022 auf 3,9 Prozent in den vier Quartalen des Jahres 2023 und 3,2 Prozent in den vier Quartalen des Jahres 2024 abschwächen", heißt es in dem von Karen Dynan verfassten Blogartikel auf der Website des Instituts. Damit würde sich die Inflation allerdings weiterhin deutlich über der Zielmarke der US-Notenbank Fed von zwei Prozent halten. Dynan geht daher davon aus, dass die Federal Reserve - und auch andere Zentralbanken - die strenge Geldpolitik weiterführen und die Zügel sogar noch weiter anziehen werden. So werde die Fed beim Leitzins "wahrscheinlich noch ein paar weitere Anhebungen um 25 Basispunkte vornehmen", um die Inflation in Richtung des Zielwertes zu drücken. Nach der jüngsten Leitzinsentscheidung der US-Notenbank wird am Markt momentan jedoch nur noch mit einer weiteren Zinsanhebung um 0,25 Prozent in diesem Jahr und mit einer 2024 beginnenden Lockerung gerechnet.
Die Auswirkungen der jüngsten Bankturbulenzen dürften der US-Notenbank laut Dynan zwar bei der Erfüllung ihrer Aufgabe helfen, indem die Banken strengere Regeln für die Vergabe von Krediten umsetzen, um unter anderem einer möglichen Regulierung zuvorzukommen, das Ausmaß dieses Schrittes sei aber nur schwer vorherzusagen. Das PIIE nehme laut Dynan an, dass eine strengere Kreditvergabe "die Wirtschaftstätigkeit wahrscheinlich nur geringfügig zusätzlich belasten" werde und daher trotzdem weitere Leitzinsanhebungen nötig sein werden. Insgesamt sei der Stress im Bankensektor "ein Negativ, aber kein großes Negativ", so Dynan laut "MarketWatch". Das Potenzial für weitere Turbulenzen im Bankensystem erhöhe allerdings das negative Extremrisiko für die Wirtschaftstätigkeit, heißt es im Blogeintrag.
US-Rezession trotz Bankturbulenzen eher unwahrscheinlich
Insgesamt würden die angespannten finanziellen Bedingungen das Wirtschaftswachstum in vielen Ländern in diesem und dem nächsten Jahr einschränken. Für die USA sei jedoch "basierend auf den verfügbaren Informationen [...] ein unter dem Trend liegendes Wirtschaftswachstum mit einem gewissen Anstieg der Arbeitslosenquote wahrscheinlicher als eine Rezession", so Dynan im PIIE-Blog. Es bestünden aber durchaus noch Abwärtsrisiken "aufgrund der Möglichkeit einer weiteren Ansteckung unter den Banken, dem Potenzial für zusätzliche Inflationsschocks und der inhärenten Schwierigkeiten, eine sanfte Landung zu erreichen".
Zum jetzigen Zeitpunkt rechnen die Experten des Peterson Institute for International Economics damit, dass das US-BIP in 2023 rund 1,3 Prozent über dem Niveau von 2022 liegen und 2024 voraussichtlich um 1,0 Prozent steigen werde. Das Wirtschaftswachstum der USA dürfte also bis mindestens Ende 2024 sehr mager bleiben. "Wir stehen beim Wirtschaftswachstum vor einem Gewaltmarsch, bis die Inflation näher an das Ziel der Fed heranrückt", betonte auch das PIIE. Wann das aber voraussichtlich der Fall sein dürfte, ist momentan noch nicht abzusehen.
Redaktion finanzen.net
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