Schwellenländer Spezial

Chinas langer Marsch in den Konsum

18.08.11 06:00 Uhr

Die Hoffnung der westlichen Welt ruht auf Chinas Aufschwung. Ein Ende der Erfolgsgeschichte ist trotz aller Probleme nicht abzusehen.

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von Oliver Ristau

Knöcheltief steht das Wasser auf Pekings Straßen. Blaue Schlieren vom Öl der unzähligen Autos, die sich durch den dichten Verkehr quälen, schimmern da­rauf. Unbeeindruckt trippeln Frauen in schicken Kostümen vorbei – die Stöckelschuhe in der Hand.

Ein Geschäftsmann hat seine Aktentasche in Folie gewickelt, auf dem Kopf trägt er als Regenschutz eine Tüte. Und der alte Mann, der am U-Bahn-Ausgang sonst Süßigkeiten verkauft, hat spontan umgesattelt. Heute gibt es bei ihm Schirme.

Chinesen gehen flexibel mit unsicheren Zeiten wie diesen um. Nur steigende Preise mögen sie gar nicht, wie die hitzigen Diskussionen an den Grillständen zeigen. Schweinefleisch, eines der beliebtesten Nahrungsmittel, wird seit Monaten immer teurer. Aktuell sind 30 Prozent mehr als vor einem Jahr zu zahlen. Das bereitet Peking Kopfzerbrechen. Der Preisauftrieb trübt die Konsumlaune. Die Nahrungsmittelpreise heizen die Inflation an, die im Juni und Juli auf über sechs Prozent schoss. Dabei soll der steigende Konsum der Chinesen eigentlich zum zentralen Wachstumsfaktor des Landes werden. Das jedenfalls sieht der neue Fünfjahresplan vor: Das Zeitalter des Massenexports aus China soll durch „nachhaltiges Binnenwachstum“ abgelöst werden.

„Das ist ein langer Weg und wird Jahre dauern“, sagt Robert Kalin, Teamleiter für Schwellenländerfonds bei der DWS. Grant Yun Cheng, Chef der Emerging-Markets-Aktienfonds bei Union Investment, bestätigt: „Noch wird das Wirtschaftswachstum Chinas zu 60 Prozent von Anlage­investitionen bestimmt.“

Peking hatte auf den Ausbruch der weltweiten Finanzkrise 2008 mit einem Konjunkturprogramm im Volumen von rund 400 Milliarden Euro und zinsgünstigen Krediten reagiert. Viel Geld ging in den Wohnungsbau. „Alle wetten darauf, dass die Landbevölkerung in die Städte zieht. Bisher tut sie das nicht. Weil die Mieten viel schneller steigen als die Löhne, beträgt die Leerstandsquote im Schnitt 60 Prozent“, sagt Marc-Oliver Lux von den Vermögensmanagern Lux & Präuner.

Die Sorge um ein Platzen der Immobilienblase steigt, seit erste Kreditnehmer ihre Raten nicht bezahlen konnten. „Sicherlich wird es den einen oder anderen weiteren Zahlungsausfall geben“, beschwichtigt DWS-Manager Kalin, „aber die Nachfrage nach Wohnraum ist potenziell sehr groß. In Metropolen wie Peking und Shanghai stabilisieren sich die Preise.“ Hohe Leerstände könnten ein kurzfristiges Phänomen sein.


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Entsprechend überschaubar ist nach Ansicht von Experten auch das Problem fauler Kredite. „Not leidende Kredite sind während einer Abschwächungsphase nach starkem Wachstum in gewissem Maß normal“, weiß Fondsmanager Cheng. „Im schlimmsten Fall werden die Wertberichtigungen auf Kredite den Bankensektor den Nettogewinn vor Rückstellungen eines Jahres kosten. Damit wären dann auch die Risiken aus den Büchern verschwunden.“

Doch die Sorgen der Investoren, ob die Maßnahmen zur Eindämmung von Inflation und Immobilienblase nicht zu sehr auf das Wachstum drücken, sind keineswegs vom Tisch. So hatte die Regierung den Mindest­reservesatz für größere Banken von 15,5 auf 21,5 Prozent angehoben, ebenso die Leitzinsen in mehreren Schritten erhöht. Seitdem ist die Kreditvergabe ins Stocken geraten, insbesondere an den Mittelstand. Nun sprechen die Medien von einer Kreditklemme. „Natürlich ist die restriktive Geldpolitik eine Bremse für die Wirtschaft. Das war aber auch so gewollt“, erklärt DWS-Manager Kalin. Für HSBC-Analystin Mandy Chan ist die Geschichte keine große Sache: „Der Mittelstand ist nur zu einem sehr kleinen Prozentsatz an Chinas Wachstum beteiligt.“ Dennoch ist die Zeit der strikten Geldpolitik wohl noch nicht vorüber. Kalin hält „eine weitere Anhebung der Leitzinsen um 25 Basispunkte für möglich“.

Die gesamte Verschuldung des Zentralstaats und der Provinzen liegt bei 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, schätzt Cheng. Auch wenn manch ein EU-Land von solchen Werten nur träumen kann: So schnell werde China eine drohende Welt­rezession diesmal nicht mit Konjunkturprogrammen beantworten.

Immerhin: Aufgrund der weltwirtschaftlichen Schwäche sagen die meisten Beobachter eine Lockerung der Geldpolitik voraus. Zudem werde die hohe Inflation mit dem Rückgang der Öl- und Nahrungsmittelpreise ein vorübergehendes Phänomen bleiben. Die meisten Analysten halten denn auch die Sorgen vor einem Absturz der chinesischen Wirtschaft für übertrieben und erwarten eine „weiche Landung“. Statt mit zehn Prozent Wachstum und mehr wie in der Vergangenheit rechnen sie mit acht bis neun Prozent. „Das wäre ein Niveau, auf dem sich die Ökonomie solide weiterentwickeln kann“, sagt Union-Investment-Experte Cheng.

Höhere Raten, um immer mehr Beschäftigte in Lohn und Brot zu bringen, seien nicht mehr nötig. „Die Zahl der neuen Arbeitskräfte wächst nicht mehr so stark.“ Auch die chinesische Gesellschaft wird älter und steht vor einer großen demografischen Herausforderung. Die Stimulierung des Konsums sei deshalb „das Thema der nächsten Jahre“.

Das könnte dem Aktienmarkt wieder Auftrieb geben, weil Chinas Wirtschaft damit ein Stück unabhängiger vom Export in die wirtschaftlich angeschlagenen Industrieländer würde. Die Schwäche der chinesi­schen Aktienmärkte, die seit Jahresbeginn rund zehn Prozent eingebüßt haben, ist vor allem Folge der Sorge um die Banken, die die Indizes dominieren. Investoren setzen deshalb lieber auf Konsumtitel – auch weil dort „der staatliche Einfluss vergleichsweise gering ist“, sagt Christian Hofmann von der Münchner Vermögensverwaltung FIVV. „Umweltschutz, erneuerbare Energien und Gesundheit sind weitere wichtige Zukunftsthemen, in die es sich zu investieren lohnt“, so Hofmann.

Kalin sieht Potenzial bei Anbietern von Luxusartikeln sowie bei Nahrungsmittelherstellern, in der Telekommunikationsbranche und bei allem, was mit Verkehr zu tun hat. Yurun Food, die Nudelhauskette ­Ajisin, Elektrogeräteproduzent Haier oder China Mobile gelten als aussichtsreich. Anlegern, die die Möglichkeit dazu haben, empfiehlt er den Handel an den Inlandsbörsen Shanghai und Shen­zhen. „Die in Hongkong gelisteten Titel schwanken viel stärker mit der Entwicklung an den internationalen Börsen.“ Entsprechend heftig rauschte der Hang-Seng-Index in der vergangenen Woche abwärts. In Peking sorgte das für weniger Aufregung als die Meldung, dass die Schwei­nepreise endlich wieder fallen.

Investor-Info

First State Greater China Growth
Konsum und Banken im Fokus
Der Fonds der britischen First State gehört mit einem Wertzuwachs von mehr als 35 Prozent auf Sicht von drei Jahren zu den erfolgreichsten Produkten, die im chinesischen Sprachraum inklusive Hongkong investieren. 22 Prozent des Fondsvolumens sind in den aussichtsreichen Konsumsektor investiert. Bei einem Anteil von 30 Prozent Finanzen können An­leger zudem von einer Erholung chinesischer Bankaktien profitieren.

China Mobile
Mobilfunkmeister
China Mobile ist ein führender Telekommunikations­anbieter Asiens und dürfte im mobilfunkverrückten China in den kommenden Jahren von einer weiteren Stärkung des privaten Konsums profitieren. Dabei geht es neben der Sprachkommunikation um das wachsende Geschäft mit Datentransfers. Die sehr guten Zahlen fürs erste Quartal zeigen, dass entgegen mancher Erwartung eine Sättigung des Markts für Mobiltelefone noch nicht erreicht ist. Nach den Kursrücksetzern der vergangenen Wochen gehört das Unternehmen auf die Watchlist.

Haier Electronics
Weißer Riese
Haier Electronics zählt zu den führenden Anbietern von Elektrogeräten im Reich der Mitte. Die Firma versorgt ­neben den Großstädten auch das Land mit Waschmaschinen und Kühlschränken und sollte besonders von Konsumprogrammen der Regierung profitieren. In Deutschland ist die Aktie markteng, nur limitiert ordern.

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DatumRatingAnalyst
13.12.2012China Mobile (Hong Kong) equal-weightMorgan Stanley
12.11.2012China Mobile (Hong Kong) neutralNomura
28.08.2012China Mobile (Hong Kong) neutralNomura
09.08.2012China Mobile (Hong Kong) neutralNomura
06.07.2012China Mobile (Hong Kong) outperformCredit Suisse Group
DatumRatingAnalyst
06.07.2012China Mobile (Hong Kong) outperformCredit Suisse Group
12.03.2012China Mobile (Hong Kong) overweightHSBC
17.02.2012China Mobile (Hong Kong) buyRoyal Bank of Scotland
24.01.2012China Mobile (Hong Kong) buyNomura
04.01.2012China Mobile (Hong Kong) buyNomura
DatumRatingAnalyst
28.08.2008China Mobile DowngradeJP Morgan Chase & Co.
28.05.2008China Mobile verkaufenAsia Investor
07.07.2005Update China Mobile (Hong Kong) Ltd.: UnderperformBear Stearns

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