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Ratings von Rückversicherern könnten unter Druck geraten, falls sie den Klimawandel unterschätzen

15.10.14 11:10 Uhr

Ratings von Rückversicherern könnten unter Druck geraten, falls sie den Klimawandel unterschätzen | finanzen.net

Die Meinungen darüber, inwieweit sich der Klimawandel auf das Auftreten extremer Wetterverhältnisse auswirkt, gehen auseinander.

Die Rückversicherungsindustrie vertritt generell die Meinung, dass der Klimawandel wahrscheinlich einen signifikanten Einfluss auf zukünftige extreme Wetterereignisse haben wird und beteiligt sich aktiv an wissenschaftlichen Studien und Diskussionen. Rückversicherer haben die Möglichkeit ihre Prämien in der Regel jährlich anzupassen und glauben daher nicht, dass der Klimawandel materielle, messbare Auswirkungen auf ihre derzeitige und künftige Risikoexponierung in Relation zu den Prämieneinnahmen haben wird. In einem aktuellen Bericht stellt Standard and Poor’s Ratings Services in einer Szenarioanalyse dar, dass Rückversicherer diesen Effekt möglicherweise unterschätzen, wenn man die eingetretenen Naturkatastrophen in der letzten Dekade als normalisierte Schadenverteilung wählt.

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Der neue "Normalzustand"

Das von S&P erarbeitete Szenario basiert auf der Annahme, dass die in den letzten zehn Jahren erlebten Naturkatastrophen wie beispielsweise Hurrikan Katrina in 2005 oder die Flutkatastrophe in Thailand 2011 eine typische Dekade repräsentieren. 10 Jahre ist ein relativ kurzer Betrachtungshorizont, doch wir sind der Ansicht, dass eine größere Gewichtung von früheren Dekaden die Effekte eines voranschreitenden Klimawandels auf Wetterrisiken unterschätzen könnte. Das auf Basis dieser Daten ermittelte Verlustrisiko liegt -wenn man von den Ergebnissen der Zehnjahresanalyse auf einen Zeitraum von 250 Jahren schließt - etwa 50 Prozent über den ermittelten derzeitig modellierten Werten der Rückversicherer.

Trotz des nur zehnjährigen Analysezeitraums macht die Szenarioanalyse und der 50 Prozent-Wert die Spannbreite deutlich, in welcher sich der Klimawandel zukünftig auf das Verlustrisiko durch Naturkatastrophen auswirken kann.

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Mögliche Konsequenzen für die Ratings der Rückversicherer

Unter diesem Szenario müssten insbesondere Faktoren wie die Kapitalausstattung und die Ertragsvolatilität wesentlich angepasst werden. Die durchschnittliche Kapitalausstattung würde von derzeit ‚AAA‘ auf ‚AA‘ Niveau fallen. Zudem würde die Kapitalhinterlegung für Naturkatastrophen von derzeit 36 Prozent auf 54 Prozent der Eigenmittel ansteigen. Außerdem würde sich die unterstellte Ertragsvolatilität deutlich erhöhen und Investoren aufgrund potentieller höherer Jahresverluste hinsichtlich der Investments in Rückversicherer zurückhaltender werden lassen.

Von Miroslav Petkov, Director and ERM Specialist, Standard & Poor’s Ratings Services London

Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de

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