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Der Mittelstand sucht nach alternativen Wachstumsfinanzierungen

06.08.14 11:34 Uhr

Der Mittelstand sucht nach alternativen Wachstumsfinanzierungen | finanzen.net

Deutschland wird in diesem Jahr eine Rückkehr zum Wachstum verzeichnen: Die Konjunkturprognose von Standard & Poor‘s erwartet für Deutschland einen Anstieg des BIP um 1,8 Prozent im Vergleich zu 1,1 Prozent des Wachstums für die Eurozone als Ganzes.

Parallel zu dieser positiven wirtschaftlichen Entwicklung haben mittelständische Unternehmen dank ihrer relativ starken Bonität einen stabilen Zugang zum Fremdkapital. Darüber hinaus sind auch die Kosten für die Bankfinanzierung mit einer Laufzeit von fünf oder mehr Jahren von 4,5 Prozent 2011 auf unter 2,8 Prozent zum Ende des ersten Quartals 2014 kontinuierlich zurückgegangen.

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Deutscher Mittelstand mit relativ guter Bonität

Grundsätzlich hat der deutsche Mittelstand derzeit eine relativ gute Kapitalausstattung, um Wachstum zu finanzieren, da die Unternehmen ihre Schulden reduziert und Bargeldbestände sowie Eigenkapitalquoten erhöht haben. Die Studie von Standard & Poor’s Ratings Services mit dem Titel "Why Germany’s Mid-Market Slowly Seek New Ways To Fund Growth" zeigt indes, dass mittelständische Unternehmen sich in Deutschland mittelfristig auch alternative Finanzierungsquellen zum klassischen Bankkredit erschliessen müssen, um Investitionen zu finanzieren und ihr Wachstum voranzubringen. Der deutsche Bankensektor, die Hauptkreditquelle des deutschen Mittelstands, bleibt nach wie vor liquide und wettbewerbsfähig. Die Eigenkapitalausstattung im deutschen Mittelstand hat sich seit 2008 kontinuierlich verbessert - dies ist auch Ausdruck einer verbesserten Geschäftsentwicklung mit stabileren Cash Flows. Der deutsche Mittelstand hat seinen durchschnittlichen Verschuldungsgrad im Zeitablauf auf das ca. 2-fache der Debt/EBITDA-Kennzahl verringert.

Größere mittelständische Unternehmen in Deutschland mit guter Bonität nutzen bereits die Vorteile der günstigen Zinsen im Bereich der öffentlichen Anleihen und der Privatplatzierung in Form von Schuldscheinen oder U.S. Privatplatzierung (USPP). Jedoch zeigt die Studie auch, dass kleinere mittelständische Unternehmen oder solche mit niedriger Bonität aus unserer Sicht größere Hürden überwinden müssen, um auf die Bankfinanzierungen zugreifen zu können. Der Grund hierfür liegt in dem voranschreitenden Prozess der Disintermediation im Bankenbereich. Privatplatzierungen, direkte Kreditvergabe und Mittelstandsanleihen an Investoren werden daher über die Zeit für eine breitere Masse von mittelständischen Unternehmen zu einer wichtigen Finanzierungsquelle.

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Transparenz treibt Entwicklung alternativer Finanzierungen voran

Bei der Kreditvergabe ist der Zugang zu vergleichbaren Informationen von grundlegender Bedeutung für eine Investitionsentscheidung. Daher unterstützt die aktuelle Studie von Standard & Poor’s Ratings Services die Ansicht, dass erhöhte Transparenz über die Kreditrisiken der Mittelstandsemittenten ein Schlüsselfaktor in der Entwicklung von alternativen Mitteln der Kreditvergabe sein wird. Entscheidend bei der Erschließung der internen und externen Kapitalallokationsentscheidungen wird somit die glaubwürdige Transparenz über die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens - unabhängig von seiner Größe - sein. Dies führt aus unserer Sicht zu einer genaueren und effizienteren Preisgestaltung, die wiederum das Vertrauen der Marktteilnehmer stärkt und Investitionen und Wachstum fördert.

Von Dr. Mark Währisch, Director und Kreditanalyst, Standard & Poor’s Ratings Services Frankfurt

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Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Rating Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern.



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