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Bewegung in der Pharmabranche - was steckt hinter den Übernahmen und Fusionen?

01.10.14 09:54 Uhr

Bewegung in der Pharmabranche - was steckt hinter den Übernahmen und Fusionen? | finanzen.net

Im Laufe des letzten Jahres machten weltweit diverse Übernahmen und Fusionen in der Pharmabranche Schlagzeilen.

Aktivitäten wie der Kauf von Merck Inc‘s Sparte für rezeptfreie Medikamente durch die Bayer AG oder der Verkauf der Tiergesundheitssparte von Novartis an das US-Unternehmen Eli Lilly & Co. sorgten für Bewegung unter den Investoren.Angesichts der Milliardendeals dachten einige wohl bereits an eine Konsolidierungswelle ähnlich derjenigen in den 1990er Jahren, als die heutigen großen Pharmaunternehmen entstanden. Entsprechend stellt sich die Frage für Standard & Poor’s, inwiefern und wie sich die Fusionen und Übernahmen auf die Kreditwürdigkeit und die Ratings der Unternehmen auswirken.

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Operationelle Motive

Den Analysen von S&P zufolge unterscheiden sich die Motive für die Fusionen und Übernahmen grundlegend von denjenigen in den 1990er Jahren. Während damals das Bestreben der Unternehmen im Vordergrund stand, Marktanteile zu vergrößern und das Angebot zu diversifizieren, führen wir die aktuellen Übernahmeaktivitäten vor allem auf strategische und spezielle Motive zurück. Diese reichen von steuerlichen Gründen - gerade für US-basierte Firmen sind die niedrigen Unternehmenssteuern in Europa ein erheblicher Anreiz - bis zu stärkerer Konzentration auf Kernaktivitäten, insbesondere auf Spezialgebiete wie die Behandlung von Krebs, Immunschwächekrankheiten oder Allergien.

Expansion durch Asset Swaps

Gerade die stärkere Fokussierung der großen Pharma-Unternehmen auf Spezialtherapien könnte auch in Zukunft weitere Asset Swaps zufolge haben, wie wir sie zuletzt z.B. zwischen Novartis und GaxoSmithKline beobachten konnten. Medikamente in diesen Bereichen versprechen höhere Preise und Margen sowie zukünftig starke Wachstumsraten - angesichts der steigenden Patientenzahl aufgrund der global alternden Bevölkerung und der Verbreitung des westlichen Lebensstils ein langfristiger Trend. Da generische Medikamente nach Erlöschen des Patentschutzes deutlich geringere Margen für die großen Pharmaunternehmen abwerfen, werden nach Meinung von S&P gerade diese Bereiche künftig auch im Zuge von Asset Swaps abgegeben werden können.

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Weitere Markt-Transformation

Trotz hoher Preise bei den Übernahmen erwarten wir in Zukunft weitere Veränderungen der Pharma-Landschaft auch durch Übernahmen und Fusionen, jedoch in den wenigsten Fällen als Konsolidierungstreiber. Die Überwindung der sogenannten Patent-Klippe 2012 hatte weniger Ressourcen in Anspruch genommen als ursprünglich befürchtet; der Umsatz- und Ergebnisverlust durch abgelaufene Patente konnte durch neue Produkte mehr als kompensiert werden. Angesichts geringer Finanzierungskosten und der positiven Entwicklung der Bonitätskennzahlen erwarten wir, dass weitere arrondierende oder fokussierende Zukäufe - zumindest in Europa - nur in äußerst begrenztem Umfang zu einer Verschlechterung der Ratings führen sollten.

Von Olaf Tölke, Director Corporate Ratings Standard & Poor’s Ratings Services Frankfurt

Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Rating Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de

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