Alternde Bevölkerung begünstigt Wachstumschancen für Pharmafirmen
Deutschland wird nach wie vor als die stärkste und dynamischste Volkswirtschaft der Eurozone gesehen.
Aber unter den entwickelten Volkswirtschaften altert die Bevölkerung von Deutschland am schnellsten: Fast 17 Millionen Menschen sind bereits heute älter als 65 Jahre. Dies entspricht einem Anteil von mehr als 21 Prozent an der Gesamtbevölkerung, im Vergleich zu 14 Prozent in den USA und 18 Prozent in anderen Ländern der Eurozone. Rein von der Kostenseite betrachtet, wäre dies für den Wirtschaftsstandort Deutschland als negativ zu werten. Es gibt aber einen Industriezweig, der davon profitiert, nämlich die Gesundheitsbranche.
Mit dem Alter steigt der Bedarf an Gesundheitsleistungen
Nach Analyse von Standard & Poor’s Ratings Services kann der Konsum von Gesundheitsleistungen für Personen über 75 Jahren durchaus 4-mal so hoch sein wie bei 50-Jährigen. Ökonomisch gesehen schlägt sich dies in höheren Umsätzen und eventuell auch in höheren Gewinnen für die Firmen mit Gesundheitsausrichtung nieder. Diese allgemeine Feststellung wird durch die Analyse von Krankheitsfeldern wie zum Beispiel Krebs oder Diabetes gestützt, die in letzter Zeit stark an Bedeutung zugenommen haben. Während noch im Jahre 2003 etwa 530 von 100.000 Menschen in Deutschland an Krebs erkrankt waren, stieg diese Zahl auf etwa 600 im Jahre 2012. Auch die Wahrscheinlichkeit an Diabetes zu erkranken, steigt deutlich: Im Jahre 2012 erkrankten etwa 12 Prozent der deutschen Bevölkerung an Diabetes.
Positiver Ausblick für die Gesundheitsbranche
Standard & Poor‘s leitet eine verhalten positive Einschätzung der zukünftigen Ratingentwicklung der Pharma-Firmen und anderen Unternehmen im deutschen Gesundheitsbereich ab: Ein Anstieg des globalen Umsatzes mit Medikamenten für die Krankheiten Krebs und Diabetes wird von heute 80 Milliarden US-Dollar auf rund 120 Milliarden US-Dollar bis 2018 erwartet. Außerdem werden die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland bis 2015 auf 413 Milliarden Euro ansteigen.
Gute Chancen für stabile Ratings
Angesichts dieser jüngeren Trends sind wir zuversichtlich, dass Firmen wie Merck (A/Stabil) und Bayer (A-/Stabil) mit Blick auf zukünftiges Wachstumspotential gut positioniert sind. Obwohl beide (noch) eher mittelgroße Pharmafirmen sind, ist nach unserer Auffassung die Ausrichtung beider Firmen auf die Bereiche Krebs und Multiple Sklerose aus Ratingssicht sehr positiv zu werten. "Blockbuster"-Medikamente wie Erbitux und Rebif (Merck) sowie Xarelto und Betaferon (Bayer) sind hierfür als Beispiel zu nennen. Damit haben deutsche Firmen im Gesundheitssektor gute Chancen, auch zukünftig die Grundvoraussetzungen für zumindest stabile Ratings zu erfüllen.
Von Olaf Tölke, Director Corporate Ratings, Standard & Poor’s Ratings Services Frankfurt
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