Warum der Regierung die Abschaffung des Bargelds gelegen kommen könnte!?
In der letzten Geldanlage-Report-Ausgabe habe ich Ihnen "Die 7 größten Risiken bei der Geldanlage" vorgestellt. Markus Winkler, auch bekannt als "Mr. Vietnam", hat mich auf eine weitere mögliche Gefahr hingewiesen, die bisher kaum in der Öffentlichkeit diskutiert wird.
Winkler ist Gründer und Verwaltungsratspräsident der Vermögensverwaltungsgesellschaft Zürich (VGZ) und dabei verantwortlich für die Anlagestrategie. Als Mitgründer der "Schutzgemeinschaft der Investoren Schweiz" sieht sich der Vietnam-Experte auch dem Anlegerschutz verpflichtet.
Am 1. Januar 2015 ist in Deutschland das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz für Banken, kurz SAG, in Kraft getreten, gefolgt vom Einlagensicherungsgesetz (EinSiG) am 3. Juli. Letzteres dient der Umsetzung der europäischen Einlagensicherungsrichtlinie in nationales Recht. Hört sich sehr theoretisch an.
Der entscheidende Fakt dabei: Zukünftig sollen bei Bankenpleiten als Erste Aktionäre und Gläubiger für die Fehler der Geldinstitute in die Pflicht genommen werden und nicht mehr der Steuerzahler. Um den Finanzsektor widerstandsfähiger zu machen müssen Banken Geld für schwere Zeiten zur Seite legen.
Das wurde von Vertretern der EU-Kommission, dem Europaparlament und dem Europarat bereits Ende 2013 beschlossen und vom damaligen EU-Finanzkommissar Michel Barnier als "fundamentalen Schritt zu Realisierung der Bankenunion gefeiert". Das EinSiG setzt die europäische Einlagensicherungsrichtlinie in deutsches Recht um.
Hört sich vernünftig an. In der Praxis kann das jedoch für uns als Sparer gravierende Folgen haben. Zunächst einmal müssen wir uns klar machen: Gläubiger einer Bank sind wir als Sparer, die wir der Bank unser Geld als Einlagen zur Verfügung stellen.
"Fällt" nun ein Institut "aus", so der Sprachgebrauch des Bundesfinanzministeriums im erläuternden Gesetzestext, "ist es möglich, dass die Liquidation einer potenziell systemgefährdenden Bank nach dem regulären Insolvenzverfahren z.B. die Finanzstabilität gefährden kann."
Genau dann kommen die so genannten Abwicklungsinstrumente zum Tragen, die im oben genannten Sanierungs- und Abwicklungsgesetz festgehalten sind. Ein solches Instrument ist der Bail-in (das Gegenteil des Bail-out mit dem Banken früher auf Staatskosten gerettet wurden), in dessen Rahmen die Gläubiger einer Bank, also letztlich wir als Kunden, an deren Verluste beteiligt werden.
Zwar gibt es einen Mindestschutz von 100.000 Euro je Einleger und Kreditinstitut, die über die europäisch harmonisierte Einlagensicherung garantiert sind. Alles was darüber hinaus an Einlagen vorhanden ist, kann jedoch verloren gehen.
Im Ernstfall könnte das dann so laufen, dass eine neue Bankenrettungsanstalt per Verwaltungsakt anordnet, die Guthaben der Kunden oberhalb von 100.000 Euro zur Vermeidung einer Insolvenz der Bank auf null zu stellen oder in Aktien umzuwandeln.
Das ist ein Novum und ein fundamentaler Eingriff in die Rechte von uns Sparern als Bank-Gläubiger. Private oder unternehmerische Kunden, die regelmäßig größere Beträge auf Bankkonten ansammeln (müssen), z.B. zur Liquiditätssicherung im Unternehmen, sind fortan einer latenten Teil-Enteignungsgefahr ausgesetzt.
Eine mögliche Folge: Zeichnet sich eine neue Finanzkrise, könnte diese für Banken wichtige Klientel ihr Kapital abziehen und in Standorte außerhalb der EU verlagern. Der Verlust von Großkunden auf breiter Front könnte dann gerade das verursachen, was das Gesetz eigentlich verhindern will, nämlich die Insolvenz dieser Banken.
Meiner Ansicht nach ist dieses Gesetz also nicht zu Ende gedacht.
Droht ein Bargeldverbot?
Speziell für Privatkunden wäre es in Krisensituationen angesichts der ohnehin extrem niedrigen Zinsen auch nahe liegend, künftig das Geld einfach abzuheben und zu Hause zu bunkern.
Der Bail-in-Mechanismus würde also nur dann funktionieren, wenn den Kunden diese Möglichkeit genommen wird. Genau hier kommt dann die Bargeldverbot-Thematik ins Spiel.
Diese hat ursprünglich einen anderen Hintergrund: Zuletzt haben sich einige Volkswirte dafür ausgesprochen, Scheine und Münzen abzuschaffen, u.a. der Wirtschaftsweise Peter Bofinger und der US-Ökonom Kenneth Rogoff.
Dann würde es für Notenbanken möglich, den Geschäftsbanken und diese wiederum uns als Bankkunden Strafzinsen für Guthaben abzuverlangen, also den so genannten Negativzins einzuführen. So sollen Anreize für Investitionen und mehr Konsum gesetzt werden. Die Geldpolitik der Notenbanken würde dann wirksamer, so die Theorie.
Abgesehen davon, dass sich so etwas schon intuitiv falsch anfühlt und den Menschen kaum vermittelbar ist, hätte das Bargeldverbot für Privatpersonen aber auch im Zusammenhang mit dem SAG eine verheerende Folge:
"Nur wenn Bargeld abgeschafft wird, haben die Regierungen "gläserne" Bürger und nur dann könnte eine Sondersteuer von z.B. 10 Prozent auf alle Bankeinlagen zur Entschuldung der öffentlichen Hand durchgesetzt werden.
Damit können nicht nur die Zentralbanken die Negativzinspolitik umsetzen, sondern letztendlich auch die Bankkunden einer "Beteiligung" an der Sanierung ihrer Banken bzw. des Finanzsystems nicht mehr ausweichen", sagt Winkler.
Nun könnten sich ja viele weniger vermögende Anleger durch die Garantiesumme von 100.000 Euro, die nicht angetastet werden können, relativ sicher fühlen. Winkler wirft ein: "Die Frage ist allerdings, welche Kaufkraft die dann noch haben, wenn man die Bemühungen der Zentralbank betrachtet, die Kaufkraft ihrer Währungen auszuhöhlen?
Die Zentralbanken verweisen immer auf die um Null schwankenden Konsumteuerung. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Weil die Löhne und damit die Konsumkraft seit Jahren stagniert und aufgrund der bestehenden Produktionsüberkapazitäten sind die Konsumentenpreise stabil geblieben und dürften es auch in Zukunft bleiben.
Die von den Zentralbanken ins System gepumpte Liquidität hat aber zu einer galoppierenden Inflation der Vermögenspreise geführt. Was die Anleger als 'Wertsteigerung' bei Aktien und Immobilien sehen, ist nichts anderes als 'asset price inflation', gleicht der Preis doch unterschiedliche Entwicklungen zwischen Geldmenge einerseits und Gütermenge (hier Vermögenswerte) anderseits aus."
Wie Sie sich schützen können!?
Wenn Sie viel Bargeld haben, das sie vorläufig nicht investieren möchten, sollten Sie darüber nachdenken, das Geld auf mehrere Banken zu streuen, um einen möglichst hohen Prozentsatz ihres liquiden Vermögens unangreifbar zu machen.
Hierzu noch ein paar Ergänzungen zur deutschen Einlagensicherungslinie: Der Schutz von 100.000 Euro je Einleger und Kreditinstitut kann auf bis zu 500.000 Euro erhöht werden für Einlagen, die "für die Lebensführung des Einlegers von besonderer Bedeutung sind".
Wörtlich heißt es: "Hierunter werden besonders schutzwürdige Ereignisse verstanden, die dazu führen, dass der Einleger kurzfristig einen hohen Geldbetrag bei einer Bank führt. Erfasst sind neben Geldern, die aus dem Verkauf einer Privatimmobilie resultieren, auch Beträge beziehungsweise Gutschriften, die aufgrund von gesetzlich vorgesehenen sozialen Zwecken ausgezahlt werden."
Allerdings ist auch dieser Schutz zeitlich auf sechs Monate begrenzt. "Dem Einleger soll die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, wie der Betrag zu diversifizieren und anzulegen ist", heißt es wörtlich in der Gesetzeserläuterung.
Davon abgesehen ist es wichtig, dass Sie gut informiert sind, was auf politischer Ebene gespielt wird, so dass Sie sich gegebenenfalls dagegen wehren können. Hüten sollten Sie sich allerdings vor privaten Initiativen im Internet, die sich gegen ein Bargeldverbot richten.
Dahinter stehen häufig Organisationen, die entweder politisch radikale Einstellungen vertreten oder kommerzielle Interessen haben und es beispielsweise auf ihre Kontaktdaten abgesehen haben.
MEIN FAZIT:
Das neue Sanierungs- und Abwicklungsgesetz für Banken kann im Zusammenspiel mit dem neuen Einlagensicherungsgesetz im Ernstfall verheerende Folgen für vermögende Bürger haben. Bei einer Bankinsolvenz haften Sie als Kunde bzw. Gläubiger bei Einlagen >100.000 Euro mit.
Im Extremfall können Beträge über 100.000 Euro auf "null" gestellt werden. Seien Sie auf der Hut, informieren Sie sich und schützen Sie Ihr Kapital so gut es geht, beispielsweise durch eine Verteilung des Kapitals auf verschiedene Konten, denn der Grenzwert gilt je Bank und Konto.
Kommen wir nun zum Abgasskandal: Ist die Zeit schon reif, um deutsche Autoaktien zu kaufen?
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
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